Auch 2009 fand am ersten Septemberwochenende in Altlandsberg der alljährliche Vogelscheuchenmarkt statt.
Das ist immer wieder einen Besuch wert, weil dann in der ganzen Stadt was los ist. Und man kann in Ecken schauen, in die man sonst nicht kommt - und erfreulicherweise ist man dabei fast immer angenehm überrascht. ...


Wenn man aus Mehrow kommt, steht man als erstes auf dem ehemaligen Schlosshof, wo mindestens auf einer Bühne ein Programm geboten wird und wo ringsum Stände verschiedener Vereine zum Schauen und Informieren einladen. Und natürlich gibt es auch hier schon reichlich Gelegenheit sich zu beköstigen. Vor der Stadtkirche geht es mit Kultur und Beköstigung weiter. In diesem Jahr wurde dort mittelalterliche Musik geboten und wie immer zu Gunsten der Renovierung der Stadtkirche das köstliche Altlandsberger Bier.


In der sehenswerten, altehrwürdigen Stadtkirche haben wir uns schon öfter gründlich umgesehen. Da fiel diesmal nur ein Blick rein, um zu sehen, wie weit die Sanierung der Wände im Altarraum fortgeschritten ist.

Zur großen Freude und Überraschung stand etwas versteckt an der Seite des Turmes eine Tür offen und dahinter lud eine lange Treppe dazu ein, hinauf zu steigen.

Im ersten Turmgeschoss stieß man auf eine interessante Wanderausstellung über den Jakobsweg vor unserer Haustür. Auf ansehnlichen und sehr informativen Tafeln wurden die beiden von Frankfurt an der Oder nach Berlin führenden Zweige des Jakobsweges vorgestellt, die von einem Forscherteam der Viadrina wiederentdeckt wurden.



Ein paar Stufen höher konnte man in den Dachboden der Stadtkirche klettern. Üblicherweise ist bei solchen Kirchen der Raum über dem Gewölbe nicht für Jedermann oder nur auf wackligen, staubigen Brettern zu begehen. Hier zeigte sich nun eine sehr rühmliche, seltene Ausnahme. Bei der Sanierung des Kirchendaches, die gerade erst abgeschlossen wurde, hat man den neuen Dachstuhl mit einem stählernen Stütz-Gerüst versehen und in diesem Gerüst einen stabilen, breiten Laufsteg mit Geländern untergebracht. So kann man sich ohne schwindlig zu werden und sich dreckig zu machen, die eindrucksvolle Deckenkonstruktion anschauen.

Ein Stockwerk höher trifft man auf die Glocken und noch eins höher auf das Uhrwerk, das einschließlich Getriebe zum Schutz vor Grabbelfingern in Plexiglas gehüllt wurde.


Bei der Kirchturmuhr ist bemerkenswert, dass diese nur an drei Seiten des Turmes ein Ziffernblatt besitzt. Das hat keinesfalls in Sparsamkeit seinen Grund, sondern vielmehr in der Arroganz des Schlossherrn. Der wollte sich keinesfalls von den Bürgern der Stadt die Uhrzeit vorschreiben lassen und bestand deshalb darauf, dass auf der dem Schloss zugewandten Seite kein Ziffernblatt angebracht wird.


Zurück auf der Glockenetage laden die Fenster zu einem Rundblick über die Stadt und ihre Umgebung ein. Auf der Westseite führt der Blick nach unten auf das bunte Treiben vor der Kirchentür und nach rechts schwenkend auf die ehemalige Schlosskirche, welche lange Zeit die französisch-reformierte Gemeinde beheimatete, und den Schloss- und Gutshof mit dem zum Kulturhaus hergerichteten früheren Gutshaus.


Was mögen seinerzeit die Leute gesehen haben, die sich hier mit Kritzeleien in den Fensterleibungen verewigt haben. Jahreszahlen wie "1640" lassen den Schluss zu, dass die Urheber dieser Kritzeleien weniger auf fröhliches Markttreiben vor der Kirche geschaut haben, sondern eher nach feindlichen Truppen Ausschau hielten.

Denn zu dieser Zeit tobte in unseren Landen der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) und wie wir wissen, wurde Altlandsberg damals ziemlich mitgenommen. Da scheint es logisch, dass der Kirchturm mit Leuten besetzt wurden, die Alarm zu schlagen hatten, wenn ein Feind nahte. Und manchem dieser Wächter wird wie "Adam Steffen", der das "A.D. 1640" hinterlassen hat, langweilig geworden sein. Mit gleicher Schrift ist zwei Ziegel darunter "Allein got die ehre" eingeritzt. Andere haben hier und an den gegenüber liegenden Fenstern den Kalkstein bevorzugt, der über Jahrhunderte mit Initialen und Jahreszahlen verziert wurde. Auch hier finden wir Hinterlassenschaften aus der Zeit des Dreißigjähren Krieges wie "M:B 1631" (unten links) oder "1624" (unten rechts am rechten Rand).


Aber so interessant die unerwartet gemachten Entdeckungen auch sind - sie sollen uns doch nicht vom ursprünglichen Grund unseres Besuches in Altlandsberg abhalten.
Es ist Vogelscheuchenmarkt und das ist immer mit der Aktion "Offene Höfe" verbunden.


Und so standen auch in diesem Jahr wieder die Tore vieler Höfe dieser alten Ackerbürgerstadt offen. Man vermutet gar nicht, welche wunderschönen Höfe sich hinter manchem Haus verstecken und wie schön und einfallsreich alte landwirtschaftliche Bauten auf den Höfen zu Wohn- und Gewerbezwecken hergerichtet werden können.






In der Stadt waren auch hinreichend viele Indizien dafür zu finden, dass das Stadtfest wieder zu Recht den Namen "Vogelscheuchenfest" trägt. Auf dem Hof der Sparkasse hatten sich an der Treppe zum Garten liebevoll gestaltete Strohpuppen in der Hecke niedergelassen und über ihren Köpfen schwebte eine so genannte "Flugscheuche".

Und vor den Toren vieler anderer Höfe standen und saßen auf dem Gehsteig Vogelscheuchen der verschiedensten Art.

Die schienen sich allesamt über das schöne Wetter und den großen Andrang an interessierten Besuchern in der Stadt zu freuen.



Manchen Höfen war von außen gar nicht anzusehen, was sich dort an kulturellen Schätzen verbirgt. So zum Beispiel diesem Hof, auf dem sich ein halbes Museum versteckte und wo vor der Schmiede allerlei Trödel kunstvoll aufgereiht war.


Auf einer improvisierten Bühne unterhielten Laienkünstler in alten Kostümen das Publikum mit Gedichten und Geschichten. Und wenn jemand dabei Hunger oder Durst bekam, dann konnte ihm auch geholfen werden. Für diesen Hof sollte man sich beim nächsten Mal etwas mehr Zeit nehmen. Das haben aber auch viele andere Höfe verdient, weshalb man sich am besten den ganzen Tag Zeit für die Stadt nehmen sollte und nicht nur ein, zwei Stunden am Nachmittag.



Neben den offenen Höfen finden sich in der Stadt aber noch jede Menge anderer Sehenswürdigkeiten wie z.B. der Berliner Turm, den man besteigen kann, und das angrenzende Museum (Bild links) oder die verschiedenen Schulgebäude (Bild Mitte).

Wer mit offenen Augen durch die Stadt läuft, wird außerdem auf jede Menge liebevoll wieder hergerichteter oder neu hinzu gekommener Details stoßen. Wie zum Beispiel diese Pumpe mit dem interessanten Auslauf in der Nähe der Schulgebäude oder die daneben stehenden, bis jetzt noch nicht geklauten gusseisernen Blumenkübel.


Und auch ein Blick auf den Boden lohnt sich denn in manchen Toreinfahrten findet sich noch echtes Holzpflaster, wie es hier zwischendurch zu sehen ist:



Wenn Sie Lust bekommen haben, dann besuchen Sie doch mal den Vogelscheuchenmarkt - 2008 war es genau so schön und warum sollte es in den nächsten Jahren anders sein? Und wenn Sie aus sachkundigem Mund mehr über die Stadt erfahren wollen, dann schließen Sie sich doch einfach dem Altlandsberger Nachtwächter bei einer seiner abendlichen Stadtführungen an.