Am 11.11. fängt nicht nur die Faschingszeit an, sondern wird weltweit auch eines Mannes gedacht, der vor vielen hundert Jahren dadurch aufgefallen ist, daß er seine Karriere "an den Nagel gehängt" hat, um für andere da zu sein.

Es handelt sich um einen jungen Mann aus Ungarn, der es mit 18 Jahren beim Römischen Militär schon ziemlich weit gebracht hatte und dem "alle Wegen offen" standen.

Da wird er plötzlich mit der Not anderer Leute konfrontiert: Wie die Legende erzählt, traf er auf einen frierenden Mann am Wegesrand und hat kurzerhand seinen "Mantel" mit ihm geteilt.

Nun war das (wenn man den wollte) früher sicher einfacher als heute, denn was damals Mantel genannt wurde, war eher eine große Decke, die bei geschickter Halbierung auch für zwei Leute einen brauchbaren Umhang ergab.

Heute einen Mantel sinnvoll zu teilen, ist schon schwieriger:

Teilt man von oben nach unten, hat jeder einen Ärmel und der Eine die Knöpfe, während der Andere die Knopflöcher hat.

Teilt man indes den Mantel quer, kriegt einer ein Stück, das die Schulter wärmt und den Bauch frieren läßt, der Andere bekommt aber ein Stück, das er mit beiden Händen festhalten muß, wenn er überhaupt ein Stück des Körpers wärmen soll.

Also mal ehrlich, einen Mantel zu teilen, macht heute nicht viel Sinn, aber vielleicht ist das auch nur als Symbol gedacht ...

Zugegeben, Millionäre sind in unserer Gegend nicht so häufig und die Meisten müssen schon zusehen, wie sie mit ihren Einkünften zurechtkommen. Aber zum Glück gibt es trotzdem noch welche, die nicht jene Mitmenschen übersehen, denen es noch viel schlechter geht als ihnen selbst - einige davon findet man ja auch in unserem hoch-zivilisierten Land am Straßenrand sitzen, aber viel mehr davon leben außerhalb unseres Blickfeldes in fernen Ländern und werden allzugern vergessen.

Der Namenstag des "Mantel-Teilers" ist also eine gute Gelegenheit, Ausschau zu halten, wo man helfen kann - Geld und anderer materielle Unterstützung ist sicher überall willkommen, aber längst nicht die einzige Möglichkeit, Hilfe zu leisten.

Eigentlich muß man ja den Kopf schütteln: Wäre Martin damals beim Militär die Karriere-Leiter weiter hoch geklettert, hätte er er schon in jungen Jahren furchtbar viel Geld verdienen und dieses unter den armen Leuten verteilen können.
Statt dessen schmeißt er alles hin und wird zum Bettelmönch: Da findet sich nun schon mal einer, der hilfsbereit seine "Kohle" unter den Leuten verteilt und der dreht plötzlich durch, kündigt seinen Job und spielt 'nen Aussteiger ...

Und selbst als man ihm die Karriere förmlich hinterher trägt und ihn zum Bischof machen will, ziert der sich, als hätte er einen inneren Ekel vor Macht, Reichtum und Ruhm.

Diese Eigensinnigkeit hat sogar bis auf den heutigen Tag Auswirkungen: Die Legende besagt, daß Martin sich in einem Gänsestall versteckt hat, als er in Tours Bischof werden sollte - aber die Gänse haben ihn durch ihr Geschnatter verraten. Martin wurde darufhin widerwillig Bischof und uns hat das den Brauch der Martinsgans beschert.

Wer Ehm Welks "Die Heiden von Kummerow" gelesen oder die hervorragende Verfilmung im Kino oder Fersehen gesehen hat, wird sich an die Szenen erinnern, wo die Kinder "an Martini" die teils künstlich aufgepäppelten Gänse zum Pfarrer schleppen und je nach Gewicht des Federviehs einen wohlwollenen oder strafenden Blick ernten (was übrigens nicht vom Heiligen Martin erfunden wurde) ...

Also, es gibt viele Gründe, jenes Mannes zu gedenken, der sich vor über 1600 Jahren so auffällig benommen hat und als "St. Martin" in die Geschichte eingegangen ist.

Die Mehrower Kinder wollen am Samstag, den 9. November 2002 dadurch an St. Martin erinnern, daß sie in der Dorfkirche seine Geschichte nachspielen und wie viele tausend Kinder auf der Welt anschließend mit Laternen durch den Ort ziehen - ganz sicher freuen sie sich riesig, wenn es bei beiden Aktionen möglichst viele Zuschauer gibt. Also, runter von der Ofenbank und raus in die Kirche und an den Straßenrand!

Für alle, die noch etwas mehr über St. Martin wissen möchten, sei abschließend noch ausgeführt, was zwei der wichtigsten Online-Lexika über ihn berichten:

Martin
Bischof von Tours, Heiliger, geboren 316/317 Sabaria, Ungarn, gestorben 8. 11. 397 Candes, Frankreich; nach der Legende teilte er als Soldat seinen Mantel mit einem Bettler zu Amiens; wurde mit 18 Jahren getauft, verließ die römische Armee und wurde Einsiedler; 361 gründete er das erste Kloster Galliens in Ligugé. 371 wurde Martin zum Bischof von Tours gewählt; er verband das asketische Mönchsideal mit dem Apostolat. Sein Grab in Tours war fränkisches Nationalheiligtum. Fest: 11. 11.


© 1998 Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH
Aus: Bertelsmann Discovery '99, © 1998 Bertelsmann Electronic Publishing/Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh, München, in der Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH

Martin von Tours, heiliger (um 316 bis 397), Bischof von Tours und Schutzpatron Frankreichs, wo der Heilige das erste gallische Kloster gründete. Martin war der Sohn eines römischen Soldaten aus Savaria in der Provinz Pannonien (heute Ungarn). Im Alter von 18 Jahren ließ er sich taufen. Nach seiner Entlassung aus dem römischen Heer begab er sich als Schüler des heiligen Hilarius von Poitiers in die südfranzösische Stadt, wo er gemeinsam mit dem Bischof gegen den Arianismus kämpfte. Kurzzeitig hielt er sich in Italien auf, kehrte dann jedoch zu seinem Lehrmeister zurück und richtete wenig später in Ligugé die erste Abtei Galliens ein. 371 wurde Martin gegen seinen Willen zum Bischof von Tours geweiht. Die Legende berichtet, er habe sich in einem Stall versteckt, um der Wahl zu entgehen, doch hätten ihn die Gänse durch ihr Schnattern verraten. Der volkstümliche Brauch der Martinsgans, die man vielerorts zum Martinsfest verzehrt, rührt wohl von dieser Geschichte her.

Als Bischof gründete Martin das Kloster von Marmoutier, welches sich zu einem bedeutenden religiösen Zentrum entwickelte. In der Gegend um Tours und im Übrigen Gallien setzte Martin seine Missionsbemühungen fort. Viele Wundererzählungen ranken sich um die Gestalt des Heiligen. So soll er im winterlichen Amiens seinen Mantel mit einem Bettler geteilt haben, woraufhin ihm Jesus Christus erschien, der den Engeln von dem guten Werk berichtete. An Martins Namenstag, dem 11. November, ziehen die Kinder mit Laternen singend durch die Straßen.

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