Anläßlich der Fusion der Gemeinden Ahrensfelde und Mehrow hat Herr Dr. Thomas Jakobs, stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Mehrow und Abgeordneter der CDU im Eberswalder Kreistag, auf der Festveranstaltung am 25. Oktober 2003 in der Mehrower Dorfkirche folgende Rede gehalten:

Sehr geehrte Herren Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Amtsdirektor,
sehr geehrter Herr Pfarrer,
sehr geehrte Damen und Herren Gemeindevertreter von Ahrensfelde und Mehrow,
sehr geehrte Damen und Herren!

Wir haben uns heute hier versammelt, um Abschied zu nehmen. Wir nehmen Abschied von Mehrow als selbständiger Gemeinde im Land Brandenburg.

Wir sind jedoch auch hierher gekommen, um einen Neuanfang zu besiegeln: Mehrow und Ahrensfelde werden ab dem morgigen Tag zusammen gehören und Teil der neuen Großgemeinde Ahrensfelde/Blumberg sein.

Aber eines bleibt dabei unumstößlich: Mehrow bleibt Mehrow!

Wir haben uns hier nämlich nicht versammelt, um einem lieben Toten die letzte Ehre zu erweisen. Mehrow ist lebendig und vital, es wächst und gedeiht, es ist gesund und hat eine große Zukunft vor sich.

Wir sind auch nicht hierher gekommen, um uns ein letztes Mal von Mehrow zu verabschieden und endgültig das Kapitel, das 676 Jahre und wahrscheinlich noch einige mehr umfasst, zuzuschlagen. Wir tragen Mehrow heute nicht zu Grabe und wir errichten auch keinen Stein mit der Inschrift „Ruhe sanft!“. Vielmehr schlagen wir morgen ein neues Kapitel in der Chronik von Mehrow auf. Keiner vermag jetzt schon zu sagen, welche Überraschungen es bieten wird. Aber eines ist gewiss: Mehrow wird nicht in Frieden entschlafen, es wird ein lebendiger Teil der neuen Gemeinde sein.

Wir suchen in dieser Wehrkirche nicht Zuflucht und Halt, auf der Flucht vor bösen Feinden. Gemeinsam mit Ahrensfelde, Blumberg, Eiche und Lindenberg klagen wir gegen die Zwangsauflösung des Amtes – wir setzen uns mit juristischen Mitteln in diesem Rechtsstaat zur Wehr.

Wir haben uns heute jedoch an dem wahrscheinlich ältesten Ort unseres Dorfes versammelt, um in Würde und mit erhobenem Haupt eine freiwillig geschlossene Vereinbarung, die von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung Mehrows ausdrücklich so gewollt worden war, symbolisch in Kraft zu setzen.

Mit dem heutigen Tag endet die Selbständigkeit der Gemeinde Mehrow. Aber das 676 Jahre alte Dorf wird nicht vom Erdboden verschwinden, es wird auch weiterhin Heimat für die gut 500 Einwohner sein, sowohl für die, die hier seit Generationen leben, als auch für die, die sich hier vor vielen Jahren oder erst vor kurzem niedergelassen haben. Mehrow bleibt auch als Ortsteil von Ahrensfelde Mehrow. Unverwechselbar, einzigartig – ein Dorf mit Charakter und Charme!

Für die meisten Bürgerinnen und Bürger wird sich nicht viel ändern. Die Amtsverwaltung, die schon bisher für uns alle Anlaufstelle war, heißt künftig Gemeindeverwaltung. Die Wege bleiben dieselben, die Mitarbeiter und Ansprechpartner wechseln auch nicht.

Und dennoch geht wieder einmal eine Ära zu Ende. Es ist in der wechselvollen Geschichte von Mehrow nicht das erste Mal, dass unser Dorf seine Selbständigkeit verliert. Und auch hier lehrt die Geschichte: Vieles, was die Menschen in ihrer Zeit regeln, vergeht. Nichts ist für die Ewigkeit bestimmt.

Die Gestaltungsspielräume für die Gemeindevertretung waren auch in den zurückliegenden Jahren nicht sehr groß, weil wir nur über sehr begrenzte freie Finanzmittel verfügt haben. Mehrow hat allein schon bedingt durch sein ausgedehntes Wegenetz relativ hohe Fixkosten, aber nur sehr geringe eigene Steuereinnahmen. Die Schlüsselzuweisungen vom Land waren in all den Jahren nicht üppig – und an die Amtsverwaltung und an den Landkreis wurde davon ja auch pflichtgemäß ein dicker Batzen überwiesen.

Erst durch die Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden haben wir uns in jüngster Vergangenheit wieder Gestaltungsspielräume geschaffen, um einige Investitionen tätigen zu können. Zur Zeit wird die neue Trauerhalle auf dem Friedhof fertiggestellt und auch der Bau eines Fußweges entlang der Dorfstrasse kommt gut voran. Wir werden ohne Schulden der Gemeinde Ahrensfelde beitreten und aus den noch nicht realisierten Verkäufen einiger Grundstücke sogar Geld miteinbringen. Zudem belohnt das Land Brandenburg unsere Fusion mit einer ordentlichen Prämie.

Ob Mehrow aber künftig noch auf dem gelben Ortsschild stehen wird? Ob es auch formal-rechtlich in der neuen Gemeinde Ahrensfelde-Blumberg einen Ortsteil Mehrow geben wird? Ob wir in Zukunft einen Ortsteilbürgermeister für Mehrow haben werden? Wir wissen es heute nicht.

Mehrow hat nach langen und teilweisen auch kontroversen Diskussionen für heute Nacht den Schritt zur Fusion mit Ahrensfelde gewählt und mit der aufnehmenden Gemeinde auch einen entsprechenden Vertrag geschlossen. Dieser wurde vom Kreistag Barnim gebilligt und auch vom Ministerium des Innern des Landes Brandenburg genehmigt. Als Rechtsfolge aus diesem Vertrag, der den freiwilligen Zusammenschluss regelt, erhält im kommenden Jahr die Gemeinde Ahrensfelde einen stattlichen Betrag. Mit der sogenannten Fusionsprämie hat das Land gelockt, damit in der Freiwilligkeitsphase möglichst viele der gewünschten Fusionen vertraglich vereinbart werden.

Mehrow und Ahrensfelde haben sich mit ihrem Vertragsabschluss ganz im Sinne der Brandenburger Landesregierung und der sie tragenden Parteien verhalten. Alle gingen damals davon aus, dass nach Ablauf der Freiwilligkeitsphase auch die übrigen Orte des Amtes Ahrensfelde/Blumberg per Gesetzesbeschluss mit Ahrensfelde fusioniert werden.

Nun hat der Gesetzgeber aber in seiner unergründlichen Weisheit beschlossen, eine neue Gemeinde in den Grenzen des bisherigen Amtes zu schaffen und lediglich das Wort Amt gegen das Wort Gemeinde auszutauschen. Das ist bis zur Wahlausschreibung für die morgige Kommunalwahl keinem groß aufgefallen. Und es hat wohl auch niemand damit gerechnet, dass dies für Mehrow negative Folgen haben könnte.

Obwohl wir im August bei der Kommunalaufsicht auf diesen mehr als merkwürdigen Umstand aufmerksam gemacht haben und uns damals eine baldige Antwort in Aussicht gestellt wurde, warten wir bis heute vergebens. Der Landkreis wollte eine Entscheidung des Innenministeriums herbeiführen, doch dieses, so war in der Märkischen Oderzeitung zu lesen, drängt auf eine Entscheidung des Landkreises. Doch dort weiß man davon nichts. Alle ducken sich weg, hat man den Eindruck.

So bleibt an dieser Stelle nicht nur ein fader Beigeschmack: Nein, wir fühlen uns verschaukelt und im Stich gelassen. Hätte man uns ernst nehmen wollen, dann hätte man uns geantwortet oder wenigstens das Gespräch mit uns gesucht.

Doch wir haben nach den Fusionsverhandlungen mit Ahrensfelde die Hoffnung, dass wir einen vernünftigen und tragfähigen Weg finden werden. Ich bin zuversichtlich, dass die neue Gemeindevertretung hier nicht kneifen wird und Mehrow die Stellung geben wird, die ihm auch zukommt: Ein gleichberechtigter Ortsteil in der neuen Gemeinde zu sein. Mit Interesse habe ich gelesen, dass die vier Bürgermeisterkandidaten, die sich morgen zur Wahl stellen, das auch so sehen. Wir werden den neuen Bürgermeister daran erinnern.

Am heutigen Tag endet jedoch nicht nur Amtszeit der Gemeindevertretung, die sich fünf Jahre gemüht hat, die Geschicke Mehrows zu gestalten. Heute endet auch die Amtszeit unseres ehrenamtlichen Bürgermeisters Arno Lüdke, der sieben Jahre diese schwierige, zeitaufwendige und anspruchsvolle Tätigkeit mit viel Hingabe, Zuverlässigkeit und Engagement ausgefüllt hat. Weil ich ihn einmal für etwa vier Monate vertreten durfte, weiß ich, was er alles geschultert und gemeistert hat. Es ist mir ein persönliches Anliegen, aber es ist auch das Anliegen von uns Gemeindevertretern Dir, lieber Arno für Deinen unermüdlichen Einsatz zu danken. Du warst Vermittler und Schlichter, Motor und Antreiber, Ideengeber und Steuermann. Wir sind froh, dass Du unser Bürgermeister warst und bis heute Mitternacht sein wirst.

Wir wünschen Dir, dass es Dir noch lange wohl ergehen möge, Du fit bleibst, Dich weiterhin für Mehrow engagieren kannst und uns noch lange mit Rat und Tat zur Seite stehst.

Als kleines Zeichen des Dankes und der Anerkennung möchten wir Dir ein Bild von Deiner Gemeinde, von Mehrow überreichen – und wenn es heute klappt, bekommst Du in wenigen Tagen auch noch ein Gruppenbild von uns, die wir die letzten fünf Jahre mit Dir zusammen gearbeitet haben.

Mein Dank gilt aber auch Deiner Frau. Liebe Frau Lüdke, Sie blieben stets im Hintergrund aber es mir nicht entgangen, wie sehr Sie Ihren Mann gestützt und ermuntert haben. Auch Ihnen wünschen wir für die Zukunft alles erdenklich Gute, Kraft und Zuversicht und dass Sie beide noch lange miteinander glücklich sein können.

Verfasser: Dr. Thomas Jakobs, Mehrow