Am Sonntag, den 12. Dezember 2004 übernimmt offiziell die Ostdeutsche Eisenbahn GmbH (ODEG), ein Gemeinschaftsunternehmen der Hamburger Hochbahn und der Prignitzer Eisenbahn, den Betrieb der Regionalbahn von Berlin-Lichtenberg nach Werneuchen bzw. Tiefensee. Das Unternehmen hat die Ausschreibung dieser Regionalbahnlinie gewonnen und löst nun für mindestens 10 Jahre die Deutsche Bahn AG auf dieser Strecke ab.

Die ansich schon recht modernen roten Wagen der Deutschan Bahn AG (DB) werden nun durch knallgelbe Dieseltriebwagen der ODEG abgelöst.

Zu sehen sind die Wagen schon, denn die ODEG hat bereits, wenn auch inoffiziell, Anfang Dezember den Fahrbetrieb auf dieser Strecke aufgenommen.

Nachdem in den letzten Wochen schon je ein Triebwagen auf den Namen "Frankfurt (Oder)" und am 11.11. (natürlich um 11.11 Uhr) unter tatkräftiger Unterstützung des dortigen Karnevalsvereins auf "Werneuchen" getauft wurde, waren wir jetzt endlich an der Reihe.
Die Prioritäten versteht kein Mensch ...

Am 28. November stand endlich die Taufe eines Triebwagens auf den Namen "Ahrensfelde" an.

Unser Bürgermeister Winfried Gehrke mußte sich dazu "in Schale werfen" und durfte dafür den Wagen mit etwas Sekt besprenkeln (kein Champagner, weil VBB-Tarif). Der schwungvolle Wurf der Flasche wie bei einer Schiffstaufe war aus unerklärlichen Gründen untersagt.

Für 11.40 Uhr war die Ankunft des Triebwagens und der Beginn der Taufe angesagt, aber die ODEG war so super "punktlich", daß zu diesem Zeit bereits alles gelaufen war und der termingemäß angerückte Ortschronist aus Mehrow nur noch die Honoratioren flüchten sah. Er kann deshalb nicht berichten, ob bei der Taufe alles glatt gegangen ist, der Sekt ordentlich geperlt und der Bürgermeister gestrahlt hat.

Vom Büffet (sollte es eines gegeben haben), hat er nicht mal mehr Reste gesehen...

Aber der "Raumschmuck" war noch ziemlich komplett und ließ erahnen, daß man gerade eine Riesen-Party verpaßt hat. Aber der abflauende Besucherstrom hatte natürlich den Vorteil, daß man sich alles in Ruhe anschauen konnte und bei Bedarf sofort einen der vielen wirklich netten ODEG-Mitarbeiter fand, an den man seine Fragen richten konnte.


Die gelbe Farbe des Triebwagens ist natürlich noch ungewohnt, aber an das (bei weitem nicht so freundliche) Rot der bisherigen Wagen hat man sich ja auch gewohnt.

Innen fällt einem sofort auf, daß alles sehr großzügig eingerichtet ist: Wer einen Sitzplatz hat, kann getrost die Beine ausstrecken und kommt bestimmt nicht auf die Idee, vom letzten Lufthansa-Flug zu träumen. Es bleibt nur zu hoffen, daß die Sitzplätze auch im Berufsverkehr ausreichen - erfahrungsgemäß ist schlecht Sitzen immer noch besser, als gut Stehen.

Die eigenwillige, aber wirklich modern anmutende Fensterkonstruktion fällt einem erst auf, wenn man im Wagen ist. Der hat beidseitig je zwei breite Türen, die (fast) niveaugleich mit dem Bahnsteig sind. Der Mittelteil des Wagens liegt auf gleichem Niveau, so daß man ohne Klettern und auch mirt Rad oder Rollstuhl völlig ohne Probleme in den Zug kommt. Sportliche Type, welche die Stufen beim Einstieg vermissen, können vorn oder hinten im Zug die etwas höher gelegenen Abteile hinter den Fahrerkanzeln erklimmen.


Die Behinderten-gerechte Toilette ist so dimensioniert, daß bei Betriebsausflügen die ganze Belegschaft gleichzeitig aufs Klo kann. Kaum jemand wird wohl die Brille herunterklappen, den ohne sitzt man auf purem Gold - von solchem Luxus haben die Bewohner der an der Strecke liegenden Gutshäuser und Schlösser damals nur geträumt.
Einen Fahrkartenautomaten gibt es auch im Zug und für den Fahrer einen Joy-Stick statt der früher üblichen Hebel und Kohleschaufeln.

Die Anzeige der Stationen übernimmt ein Computer. Na, viel muß der sich ja auf dieser Strecke nicht merken: Ahrensfelde, A.-Friedhof, Blumberg, Seefeld, Werneuchen (stündlich) und alle zwei Stunden weiter über Werftpfuhl nach Tiefensee. Noch weiter geht's bekanntlich nur mit der Draisine.

Der Fahrer sieht dem Dienst auf der Strecke gelassen entgegen.

Ein Busfahrer auf Barnims Straßen (oder was amtlich so bezeichnet wird) hat bestimmt mehr Streß als er auf seiner überwiegend geraden Strecke ohne Gegenverkehr (hoffen wir mal ...).

Im Sommer wie im Winter soll's im Zug wohl temperiert sein. Die Scheiben sind getönt und das Klo ist "goldig". Die Landschaft beidseits der Strecke ist zwar nicht aufregend, aber schön, und man findet nur schwer nettere Menschen, als hier in unserer Gegend.
Der gute Mann kann sich also das ganze Jahr über wie auf einer Urlaubsfahrt fühlen.

Hoffen wir mal, daß die Fahrgäste genauso viel Freude an dem neuen Triebwagen haben und diesen so zahlreich nutzen, daß vielleicht bald mal eine Verdichtung des Taktes oder sogar eine Wiederaufnahme des Betriebes zwischen Tiefensee und Bad Freienwalde in Betracht gezogen wird.