Gut fünfzig Geschichts-Interessierte aus Mehrow und Umgebung hatten sich am Freitag, den 5. November 2010 abends in der Mehrower Feuerwache zur
6. Mehrower Geschichtsstunde
eingefunden. Darunter befanden sich zu unserer Freude auch Verwandte unseres früheren Rittergutsbesitzers, um den es an diesem Abend gehen sollte: Frau Prakash aus Berlin, Frau Müller aus Alfeld und Herr Liebisch, der mit seiner Frau Margareta extra aus Schweden gekommen war.

Robert-Stock-Fans aus Blumberg, die man immer wieder mal bei uns begrüßen kann, sind sogar mit einem Trecker nach Mehrow aufgebrochen und haben diesen vor der Tür geparkt, um den anderen Gästen den Weg zu weisen.
An diesem Abend sollte es ja um einen großen Erfinder und erfolgreichen Unternehmer gehen, der sich sowohl in der Telegraphenbranche, als auch im Landmaschinenbau Lorbeeren verdient hat: Robert Stock - Rittergutsbesitzer in Mehrow von 1900 bis zu seinem Tode 1912.

Kuno Karls, Chronist in Robert Stocks Heimatstadt Hagenow, kennt sich mit der Familie Stock besser aus als jeder andere und teilt sein Wissen gern mit Interessierten. So hat er sich auch sofort bereit erklärt, nach Mehrow zu kommen, als er vom hiesigen Chronisten gebeten wurde, auch hier mal den Film zu zeigen, den er über Robert Stock gedreht hat.


Im Vorfeld des 150. Geburtstags von Robert Stock vor zwei Jahren (2008) hatte sich Kuno Karls mit seiner Kamera auf die Suche nach Wohn- und Wirkungsstätten jenes Mannes gemacht, der nach einer Schlosserlehre und ein paar Wanderjahren im Jahre 1882 zur Arbeitssuche nach Berlin kam (zu Fuß, da ihm das Geld für die Fahrkarte fehlte) und knapp 20 Jahre später mehrfacher Millionär war. In den Film eingeflossen sind viele Bilder aus früheren Zeiten, aber auch Aufnahmen von Veranstaltungen zu Ehren Robert Stocks, z.B. vom Robert-Stock-Abend anlässlich unserer 675-Jahr-Feier im Mai 2002.


Sehr ausführlich kommt dabei Herr Professor Leuthold aus Bremen zu Wort, der sich seit Anfang der 1960er Jahre sehr intensiv mit der Industriegeschichte im Allgemeinen und mit Robert Stock im Besonderen befasst und es hervorragend versteht, dessen besonderen Verdienste deutlich zu machen. Herr Professor Leuthold, der leider dieses Mal unserer Einladung nicht folgen konnte, hat uns bei der Veranstaltung 2002 den Industriellen Robert Stock sehr eindrucksvoll vor Augen geführt und Kuno Karls hat das für uns, für die Hagenower Gymnasiasten, für die Stock'schen Nachkommen und alle anderen, die an dieser bemerkenswerten Person interessiert sind, im Film festgehalten.

Diesen Film hat Kuno Karls also hier vorgeführt und dafür reichlich Beifall geerntet - auch und vor allem, weil der Film so viel Abwechslung von historischem und aktuellem Geschehen enthält. Und zugleich ist er noch eine wunderbare Reklame für Robert Stocks schöne Heimatstadt Hagenow, in der Kuno Karls völlig zu recht Ehrenbürger ist.


Als kleines Dankeschön hat ihm Manuela Spiering im Namen der Ortsvorsteherin und des Varieté-Vereins, der wie immer die Organisation des Abends übernommen hatte, einen großen Korb mit Mehrower Spezialitäten überreicht.
(Ja, man staune: Inzwischen werden hier so viele leckere Sachen produziert, dass man damit Präsentkörbe füllen kann. - Näheres dazu ist bei Familie Rahlf zu erfahren.)

Aber mit dem Abspann des Films war noch lange nicht der Abend vorbei. Da gab es noch so viel zu erzählen und zu zeigen, dass viele noch lange sitzen blieben und manche noch in Fachsimpeleien verfielen. Wer dabei seine Fragen in feinstem Plattdeutsch formulieren konnte, der hatte bei Kuno Karls dann auch gleich einen riesigen "Stein im Brett".


Unter den Raritäten, die Kuno Karls herumzeigte, war auch ein moderner Präzisionsbohrer (links), der mit der von Robert Stock erfundenen Innenkühlung ausgestattet ist und von der R. Stock AG in Berlin-Marienfelde produziert wird, sowie ein Bohrer aus jener Hagenower Werkstatt, in der Robert Stock seine Lehre absolviert hat (rechts).

Dass sich Kuno Karls mit seinen Nachforschungen nicht nur auf die Familie Stock beschränkt, zeigen die nunmehr schon 12 Bände seiner Heimatgeschichten.


Unter dem Titel "Fiek'n hätt schräb'n ut Hagenow" (Sophie hat aus Hagenow geschrieben) gibt er seit nunmehr über 20 Jahren im Eigenverlag eine Bücherserie heraus, in welcher er die von ihm akribisch zusammen getragenen Geschichten und Erzählungen, historischen Aufnahmen und Interviews mit alten Hagenowern und Menschen aus dem Umland in einer lockeren, gut lesbaren Art präsentiert. Und da einige der Beiträge auf Plattdeutsch geschrieben sind, kann man diese Hefte auch gut zum Sprachstudium vor der nächsten Ostseereise benutzen. (Aber leider scheint kaum jemand an den nächsten Sommerurlaub zu denken, denn nur wenige haben an diesem Abend in den tollen Büchlein geblättert ...)

Herr Karls und der mit ihm aus Hagenow angereiste Herr Meyer mussten leider noch am gleichen Abend zurück nach Hagenow. Die anderen aus der Ferne angereisten Gäste hatten sich bei "Tante Anna", das heißt im Mehrower Hof einquartiert.

Den Namen "Tante Anna" hat Frau Müller aus Alfeld dem Gasthof verpasst, da hier bis zum Verkauf des Gutes ihre Tante, Anna Bothe - die jüngste Tochter von Robert Stock, gewohnt und "regiert" hat. Frau Bothe würde sich freuen, wenn sie sehen könnte, wie das nach dem Krieg als Flüchtlingsbehausung, später als "Kulturhaus" und zuletzt als üble Kneipe genutzte "Schloss" zu neuem Glanz gekommen ist: schickes Ambiente, prima Zimmer und jetzt auch noch ein Saal für Feierlichkeiten.

Obwohl längst Feierabend war, saß hier der harte Kern der Freunde und Verwandten nach der Veranstaltung noch eine ganze Weile zusammen. Viele alte Geschichten und neue Erkenntnisse machten ebenso die Runde, wie eine Unmenge an Bildern.

Es wird wohl mal wieder Zeit für ein erweitertes Familientreffen, auf dem alles ganz in Ruhe ausgetauscht werden kann. Und eigentlich wäre es schon längst an der Zeit, mal alles über die Familie Stock für die Nachwelt aufzuschreiben - der in knapp zwei Jahren (Juli 2012) anstehende 100. Todestag von Robert Stock wäre ein passender Anlass.
Aber wer hat nicht nur Lust, sondern auch die Zeit dazu ...

Hinweise auf weiteres Material über den genialen Erfinder und seine Familie finden Sie unter "Robert Stock".