Ein großes, von Strohpuppen eingerahmtes Plakat an der Straße hat es schon seit Tagen verkündet: Am 3. September ist wieder Dorffest in Mehrow.
Im diesjährigen Sommer (wenn man das überhaupt so nennen kann) ist solch ein Dorffest ein riskantes Unternehmen: regenfreie und vielleicht sogar noch sonnige Wochenenden gab es zuletzt nicht sonderlich viele.
Da ist es schon gut zu wissen, dass zum geplanten Termin das große Festzelt für die Varieté-Veranstaltungen neben der Feuerwache steht und man bei Bedarf schnell die Feierlichkeiten in das Zelt verlegen kann.
Das Problem bestand dann aber wider Erwarten darin, mit Sonnenbrillen und -hüten die Sonne fern zu halten, statt sich vor Regen zu schützen.
Die Pavillons (wie hier der von Familie Plume's historischer Spielecke) waren sicher selbst ganz überrascht, dass sie nicht als Regenschutz, sondern zum Schutz vor der Sonne dienen sollten - ebenso wie der Sonnenschirm, der in diesem Jahr noch keinen Einsatz hatte und dessen Löcher im Schuh deshalb bislang unbemerkt blieben.
Weniger die wetterbedingten Probleme, als vielmehr konstruktive Tücken machten den Aufbau des Trampolins wieder zu einem spannenden, ergebnisoffenen Unternehmen für alle Beteiligten ...
Nicht ganz so kompliziert war der Aufbau des Quiz- und Spielstandes, aber dafür hatten es die später hier erwarteten Rate-Kandidaten weit schwieriger als die Hüpfer auf dem Trampolin. Da waren ganz ordentliche Nüsse zu knacken!
Für diejenigen, die beim Dorffest lieber ihre Muskeln spielen lassen wollten, statt sich den Kopf über Tierfährten etc. zu zerbrechen, sollte es auch ein Angebot geben: Ein Butterfass am Stand des Bauernhofes der Familie Rahlf. Bei solch einem Ding bestimmt der Muskeleinsatz beim Drehen, ob später die Butter vom Brot tropft, oder ob diese sich richtig dick aufs Brot schmieren und ordentlich mit Belag versehen lässt.
Und damit man bei den Butter bildenden Maßnahmen auch noch was lernt, waren neben altem landwirtschaftichen Gerät ein paar liebevoll gestaltete Schautafeln aufgestellt, die einen kleinen Einblick in das Leben und Arbeiten auf dem Bauernhof gaben. Noch bevor alles aufgebaut war, fanden sich Interessierte, die erstaunt waren, dass hier an der Stadtgrenze noch richtig Landwirtschaft betrieben wird.
Bei diesem Dorffest sollte es erstmals auch einen Trödelmarkt für die Kinder geben. Gegen eine Standgebühr von 10 Cent (Nichts ist umsonst - diese harte Erfahrung sollten auch die Kleinen machen) konnte dort jeder einen Stand aufbauen und darauf sein Spielzeug verhökern, wenn es nicht mehr ganz altersgemäß erscheint.
Der Erlös, den ein ausgedienter Dino bringt, kann schon mal den Grundstock für irgend ein tolles Computerspiel bilden ...
Ab dem späten Vormittag haben viele fleißige Hände angepackt und ganz ohne Hektik vor und im Festzelt eine Fleckchen zum Wohlfühlen geschaffen.
Und das gemeinsame Anpacken (statt darüber zu reden, was andere tun sollten) war für viele das schönste Erlebnis des Tages.
„Onkel Torsten“, der eigentlich nur für ein Haarstudio aus Eiche Reklame machen sollte, hat sich sehr nützlich gemacht und die Kinderaufbewahrung übernommen.
Pünktlich um 13 Uhr wurde mit einer Polonaise über den Platz das Dorffest eröffnet, das eigentlich schon längst begonnen hatte. Denn irgendwie war der Übergang vom Aufbauen zum Feiern ziemlich fließend - manche werkelten noch an ihren Ständen, während die Kinder schon längst ihre Handels­tätigkeit begonnen hatten.
Die Kleinen haben sich schnell gegriffen, was da so an Spielzeug herum lag und die etwas größeren Kinder haben sich gleich auf das Trampolin gestürzt. Manche der Erwachsenen, die so taten, als müssten sie die Kinder beaufsichtigen, haben bestimmt nur (vergeblich) auf eine Gelegenheit gewartet, selbst mal auf das Ding zu klettern.
Wer nicht nur herumtollen wollte, fand jede Menge sinnvolle Beschäftigung auf dem Platz: Zum Beispiel beim Basteln von Handpuppen, wozu die „Mehrower Kinderrunde“ unter Leitung von Frau Bormeister und Frau Spiering eingeladen hatte. Frau Dr. Unger stand mit ihrer Nähmaschine in Bereitschaft, um passende Kleidchen zu schneidern.
Das Schwierigste an der Puppenbastelei war die Entscheidung, welches Kleid die Puppe tragen soll.
Das Schneidern selbst war Dank Frau Dr. Unger nicht das Problem, aber die Auswahl des Stoffes aus einem großen Berg von Samt und Seide, wie er sonst eigentlich nur in Nähstuben von Fürstenhöfen zu finden ist.
Wer aber die Tortur der Stoffauswahl überstanden und dann noch geeigneten Schmuck für seine Puppe gefunden und gut platziert hat, der konnte abends beim Puppenspiel in der Kirche eine tolle Handpuppe vorweisen und eine schöne Erinnerung an diesen Tag mitnehmen.
Am Wissensstand wurde es ganz schwierig. Hier waren zum Beispiel anhand der „Fußabdrücke“ die Tiere zu be­stimmen, die diese hinterlassen. Die morgendlichen Spuren auf dem Auto stammen zwar meistens von Nachbars Katze, aber die hat auch noch ein paar Konkurrenten. Und die muss man erst mal benennen können!
Wer beim Quiz nicht ganz so glücklich abgeschnitten hat, konnte aber bei verschiedenen Geschicklichkeitsspielen wieder Punkte wettmachen und so doch noch in eine Wundertüte als Preis bekommen. Vielen Dank den Mädels, die sich das alles ausgedacht und den Stand betreut haben! Es hat den Kindern ganz offensichtlich Spaß gemacht.
Eine ganz besondere Attraktion des Festes war der Stand des „Naturlandhofes Rahlf“. Dort war jede Menge landwirtschaftliches Gerät ausgestellt, speziell für die Butter- und Käse-Gewinnung. Das konnte man sich erklären lassen und auch selber ausprobieren.
Für jemand, der nicht vom Land stammt, war es eindrucksvoll zu erleben, wie durch kräftige Kurbelei am Butterfass aus Sahne Butter hergestellt werden kann. Dass die dafür benötigte Sahne üblicherweise beim Melkeimer oben abgeschöpft wird und nicht aus dem Tetrapack kommt, musste man allerdings ohne Beweis hinnehmen.
Die „Jungen Trödler“ haben mehr oder weniger gute Geschäfte gemacht - richtig reich ist aber wohl keiner geworden. Auf jeden Fall haben sie aber ihren Spaß beim Verhökern gehabt. Bei der Gelegenheit konnten sie auch sehen und ausprobieren, was ihre Altersgenossen im Kinderzimmer zu stehen haben oder hatten. Und aus dem Umstand, dass manches einst heiß ersehnte Spielzeug nun zum Verkauf steht, ließ sich schlussfolgern, dass man nicht alles unbedingt haben muss.
Egal, an welchem Stand man sich rumgetrieben hat, irgendwann war der Zeitpunkt gekommen, an dem die erhitzte Schädeldecke zur Zunge sagte: „Eis bestellen“. Und dafür, dass diese Bestellung nicht ins Leere geht, sondern ein köstliches Soft- oder Kugel-Eis in der Hand zur Folge hat, sorgte mal wieder Sandra mit ihrem Eismobil.
Egal, wo man hinschaute: überall wurde Eis geschleckt. Dass am Stand keine lange Schlange zu sehen war, lag nur daran, dass die freundliche Bedienung so flink war.
Im Festzelt, das zum Glück nicht als Regenschutz benötigt wurde, gab es viel Platz, um sich zwischendurch mal hinzusetzen, sich mit einem Bierchen abzukühlen, etwas Herzhaftes aus der Pfanne zu essen oder Kaffee und Kuchen zu genießen.
Für Unterhaltung sorgten die „Brandenburger Adler“, die allseits sehr gelobt wurden.
Die „Drei Damen vom Kuchenstand“ hatten wieder ein reichhaltiges und sehr köstliches Sortiment selbst gebackener Kuchen zu bieten, die reißenden Absatz fanden.
Für die älteren Mehrower war das Fest wieder eine gute Gelegenheit, vor die Haustür zu treten und Kontakte zu pflegen. Hilde Gossert war zum Beispiel am Landhof-Stand zu finden und auch Arno Lüdke, der gerade seinen 80sten Geburtstag gefeiert hat, hat sich auf seinen Flitzer gesetzt und eine Tour zum Festplatz unternommen.
Etwas später am Tag gab es dann am Stand des Landhofes frisches Brot mit der vor Ort hergestellten Butter und ganz leckerem Ziegenkäse aus eigener Produktion. Und wer nicht so auf Ziegenkäse steht, konnte sich die Stulle stattdessen mit Zwiebeln und Schnittlauch belegen. Da sich offenbar manche immer wieder hinten anstellten, riss die Schlange am stand nie ab.
Das Brot konnte man sich übrigens an diesem Tag bei Familie Noack auf dem Hof selbst backen!
Als der Uhrzeiger sich dann auf 17 Uhr zu bewegte, war das vorher unglaubliche Kuchenangebot ziemlich zusammen geschrumpft - ein Beweis dafür, dass der Kuchen nicht nur lecker sondern auch bezahlbar war. Wer Mehrower Backwaren mag, muss nun wieder bis zum Plätzchenmarkt am zweiten Advent warten!
An diesem herrlichen Sommertag (einer der wenigen und sicher der letzte in diesem Jahr) war auch auf dem Spielplatz großer Andrang. Die Kinder haben schnell alle Spielgeräte erobert - darunter eine gerade erst installierte Gummimatte, auf der man seinen Gleichgewichtssinn testen und trainieren kann. Und der Rasen zwischen den Geräten gab einen prima Picknickplatz ab - ganze Heerscharen lagerten hier.
Bei diesem schönen Wetter war es schwer, jemanden vom Spielplatz weg zum Puppen­spiel in die Kirche zu locken.
Aber wer zum Abschluss des Festes dieser Einladung gefolgt ist, wurde nicht enttäuscht. Es war köstlich!
Während die Puppenspielerin mit ihrem Gepäck noch wartete, bis die als Lockruf in Gang gesetzten Glocken verstummt waren, hatten die Kinder schon mal im „Parkett“ Platz genommen. Und da erfreulich viele Eltern mitgekommen waren und noch ein paar Kleine auf den Schößen hatten, war auch der „Rang“ ganz gut besetzt.
Dann ging es endlich los:
Ganz gespannt lauschten die Kinder der „Märchentante“, die da plötzlich mit großem Gepäck auf der „Bühne“ stand und erzählte, dass sie den Bus verpasst hat und nun eine Stunde warten muss. (Gut, dass es Samstag war, denn am Sonntag fährt hier in Mehrow gar kein Bus!)
Als diese dann einen ihrer schweren Koffer mit Getöse auf „die Bretter, die die Welt bedeuten“ plumpsen ließ, fuhr ein großer Schreck durch die kleinen Zuschauer.
Manche zogen sich schnell in sichere Entfernung zu den Eltern zurück, andere haben sich die Verstärkung mit nach vorne geholt und unter sicherem Schutz das Kommende verfolgt.
Als sich der schwere Koffer öffnete, wurde auch klar, warum der so schwer war: Darin hauste ein Hase mit komplettem Hausrat!
Der Hase war noch etwas schläfrig und musste erst durch gemeinsamen Gesang von Kindern und Eltern geweckt werden, bevor man gemeinsam an den Aufbau der Puppen-Bühne gehen konnte. Die Einzelteile dafür fanden sich im zweiten Koffer, die Bauanleitung wurde gemeinsam mit den Kindern erstellt, wobei es recht munter zuging.
Und da ein Hase allein noch kein Märchen macht, holte die Puppenspielerin auch noch zwei rot-borstige Igel aus dem Koffer.
Nun war klar, was kommen würde: der historische Wettlauf zwischen Hase und Igel!
Da der Trick mit den zwei Igeln an den Enden einer Ackerfurche nur funktioniert, wenn beide ganz gleich aussehen, musste die Igel-Frau unbedingt ihr Kopftuch ablegen. Danach war nur noch für ausgesprochene Igel-Kenner ein Unterschied zwischen Igel-Mann und Igel-Frau erkennbar.
Da auch eine Puppenspielerin nur eine begrenzte Anzahl Hände hat, wurden dringend Helfer benötigt. Erst wollte keiner einen der Igel-Jobs übernehmen, dann waren es plötzlich so viele, dass das Märchen noch um ein paar Figuren erweitert werden musste.
Nun wurden neben Igel-Vater und Igel-Mutter auch noch Igel-Kinder an beiden Enden der Rennbahn postiert. (Spätestens jetzt hätte es dem Hasen dämmern müssen ...)
Das weitere Spiel nahm nun einen Verlauf, der ganz leicht von der Vorlage der Gebrüder Grimm abwich. Bei den vielen Mitwirkenden war gar nicht mehr auszumachen, wer denn da an welchem Ende der Rennbahn steht.
Das war aber letztlich auch völlig egal. Es hat allen einen riesigen Spaß gemacht und es war spannend zu erleben, wie sich die „Märchentante“ gegen eine überaus muntere Co-Moderatorin aus der Schar der Kinder durchzusetzen versuchte ... Die Beiden sollten als Duo auftreten!
Mit dem Abgesang des Puppenspiels ging ein sehr schöner, für Jung und Alt erlebnis­reicher Tag zu Ende. Allen Organisatoren und fleißigen Helfern, aber auch den gut gelaunten Besuchern sei ein herzlicher Dank für dieses nette kleine Dorffest gesagt!