Am Freitag, den 4. Mai 2012 gab es wieder einen triftigen Grund, nach Altlandsberg zu fahren. Der Förderverein der Bibliothek, die ihren Sitz im Gutshaus auf dem früheren Schlossgelände hat, hatte zu einem Vortrag über die Stadtgeschichte eingeladen.
Als Vortragender kommt bei solchen Themen eigentlich nur Professor Hartmut Niedrich in Frage, der Vorsitzende des Heimatvereins, der als wandelndes Geschichtsbuch weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt ist. Er hatte dem Förderverein angeboten, in dessen Räumen über die fast 350 Jahre alten Statuten der Stadt Altenlandsberg und deren (Nicht-) Einhaltung zu referieren. Das Angebot ist zum Glück gern angenommen worden, aber weiter ging es dann offenbar nur mit Mund-zu-Mund-Propaganda.
Etwa zwanzig Altlandsberger und Nachbarn hatten sich eingefunden - bei etwas mehr Werbung wären das sicher mehr Zuhörer gewesen. Angeblich war man wegen der begrenzten Räumlichkeiten so zurückhaltend mit der Werbetrommel.
Der Vortrag des Herrn Professor war aber so interessant, dass es weitere Zuhörer gern in Kauf genommen hätten, wegen Über­füllung zu stehen oder auf 'nem Klapphocker Platz zu nehmen.
Liebe Damen und Herren vom Förderverein: "Tut Gutes und sprecht darüber" - am besten schon vor der Veranstaltung!
Also, Herr Professor Niedrich hat sehr mitreißend referiert. Und das war auch zu erwarten!
Er hat ein paar besonders markante und blumig formulierte Passagen aus der Stadtordnung von 1668 wörtlich vorgetragen, aber ansonsten frei darüber referiert, was da seinerzeit wie geregelt war und nicht ohne Schmunzeln zur Kenntnis gegeben, welche Strafen für welche Vergehen vorgesehen waren.
Eine sehr gängige Strafe war es, ein Fass Bier für den Rat oder die Geschädigten auszugeben. Und das Wichtigste war: Das Fass musste gemeinsam ausgetrunken werden. Das heißt, die Strafe bot gleich eine ganz hervorragende Gelegenheit, sich zu entschuldigen, Freund­schaft zu schließen und Gras über eine dumme Geschichte wachsen zu lassen. Da solche "Puncte, der Stadt Landsberg vorzustellen" bei der späteren "Confirmirung" durch König Friedrich Wilhelm wiederholt werden, ist diese Art Strafverfahren offenbar nicht ganz fruchtlos geblieben. Und: Nach dem Falschparken mit der Politesse ein Glas Bier zu trinken ist sicher angenehmer als die Kombination von Strafzettel und Banküberweisung!
Die höchsten Strafen gab es damals übrigens dafür, "anderen ins Handwerk zu pfuschen", das heißt für Schwarzarbeit!
Das sollte die Handwerker schützen, deren Fleiß und Geschick nicht unwesentlich zum Wohlstand der Stadt beigetragen hat.
Otto von Schwerin, der ein paar Jahre zuvor Altlandsberg erworben hatte, hat die 1668 erlassenen Stadtordnung so gründlich und wohl überlegt ausgearbeitet, dass sie über viele Jahrzehnte unverändert gültig lieb und wie schon ausgeführt etwa 50 Jahre später vom inzwischen zweiten preußischen König erneut bestätigt wurde. Solchen Bestand hat heute kaum noch ein sinnvolles Gesetz.