Auch wenn man schon oft in Altlandsberg war, gibt es stets einen guten Grund, sich dort etwas genauer umzuschauen.
Dort entsteht laufend Neues oder es wird viel Altes und Verfallenes wieder hergerichtet, wodurch die zu großen Teilen von einer Feldsteinmauer umgebene mittelalterliche Stadt immer mehr an Attraktivität gewinnt.
Und auch die Geschichte birgt noch Unbekanntes.
Was liegt da näher, als sich vom Heimatverein durch die Stadt führen zu lassen? Der bietet von Frühjahr bis Herbst für einen eher symbolischen Obolus Führungen an, die stets am Marktplatz beginnen und in verschiedene Winkel der Stadt führen.
So auch am Ostermontag 2016. Brigitte Hildenbrand, die Vereinsvorsitzende, und Albert Hübner, ein „Ureinwohner“ und wandelndes Gedächtnis der Stadt, standen bereit, um interessierte Einwohner und Gäste durch die Stadt zu führen.
Bei herrlichem Wetter fand sich ein nettes Grüppchen ein, das in das Viertel rings um Kirche und Schloss geführt wurde.
Auf dem Weg dorthin kommt man unweigerlich an der Plastik „Altstadtgeschichten“ vorbei, die auf eigenwillige, aber sehr ansprechende Weise die Geschichte der Stadt näher bringt.
So sind in den Block, aus dem fünf Köpfe in den Himmel schauen, Daten zur Stadtgeschichte eingraviert, aber auch einige Sprüche, die zum Schmunzeln anregen.
Das ist der ideale Standort, um einen kurzen Abriss zur Geschichte der Stadt zu geben, in der sogar der spätere preußische König Friedrich I. einige Jugendjahre verbrachte.
Und auch zur Kirchgasse selbst gibt es Einiges zu erzählen, zum Beispiel dass es im letzten Haus auf der linken Seite im Keller ein gern genutztes öffentliches Wannenbad gab.
Nach ein paar Schritten steht man auf dem Kirchplatz, der von der imposanten (an diesem Tag leider verschlossenen) Stadtkirche mit dem riesigen Dach beherrscht wird.
Die noch kahlen Bäume geben noch den Blick frei auf die nahe gelegene ehemalige Schlosskirche, die vor einem Jahr nach aufwändiger Restaurierung wieder eröffnet wurde.
Auf dem Weg dorthin erfährt man, dass die Schlosskirche das letzte Überbleibsel des in der Mitte des 18. Jahrhunderts abgebrannten Schlosses ist. Dieses Schloss gehörte Otto von Schwerin, der ab 1658 als Oberpräsident des Geheimen Rates praktisch zweiter Mann im Staate war und dem die Erziehung der kurfürstlichen Prinzen übertragen wurde.
In diesem Jahr würde Otto von Schwerin, dessen Denkmal vor der Schlosskirche steht, 400 Jahre alt werden.
In der Schlosskirche konnten die Besucher bestaunen, wie kunstvoll und (trotz vieler Denkmalschutzauflagen) praktisch die Kirche zu einem vielfältig nutzbaren Veranstaltungsraum hergerichtet wurde, in dem sogar Trauungen stattfinden.
Viele der vor fünf Jahren von Altlandsbergern auf einem großen Tuch festgehaltenen Wünsche sind wahr geworden!
Ähnlich sieht es mit dem Brau- und Brennhaus des sich anschließenden Schlossgutes aus. Vor wenigen Jahren hat kaum einer geglaubt, dass da noch was zu retten ist.
Jetzt erstrahlt das Gebäude in neuen alten Glanz. Man hat außen und innen so viel als möglich an alter Substanz belassen und trotzdem ein modern ausgestattetes Gebäude mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten geschaffen. Das es nach rasantem Umbau dann doch zu Stockungen kam, lag vor allem daran, dass lange Zeit kein Pächter gefunden wurde, der sich den Betrieb eines solchen Komplexes zutraut.
Nun gibt es einen Betreiber und am 3. April soll das Gebäude offiziell eingeweiht werden!
Die Herrichtung der Außen-Anlagen hat gleich die Archäologen auf den Plan gerufen, die prompt altes Pflaster freigelegt haben.
Am Rand des Parks fanden sich außerdem Mauerreste, die noch untersucht werden.
Eine große Fläche zwischen Schlosskirche und Brau- und Brennhaus ist in den letzten Wochen von Wildwuchs befreit, plan geschoben und mir Rasensamen präpariert worden - hier wird wohl bald eine große Wiese zum Rasten einladen.
Dort wird man hoffentlich bald auf der Gaststätten-Terrasse frisch gebrautes Altlandsberger Bier genießen können. Noch fehlt der Braukessel, für dessen Montage man extra noch ein großes Loch im Giebel gelassen hat.
Wenn man die heruntergekommenen Stallungen und Wirtschaftsgebäude rings um den ehemaligen Gutshof sieht, kann man sich kaum vorstellen, dass daraus mal ein modernes Hotel in alten Mauern werden soll.
Aber das Brau- und Brennhaus ist der Beweis dafür, dass man auch aus halben Ruinen noch was machen kann.
Das nächste und wohl auf­wändigste Projekt in diesem Viertel der Stadt ist auch schon in Angriff genommen: Die Wiederherstellung des ehemaligen Schlossparks!
Ein lobenswerter Deal der Umwelt- und Denkmalschutz­behörden ermöglicht es, den barocken Park um den Kreuzteich zu rekonstruieren.
Unser Stadtrundgang führt uns durch das Löwentor hinaus in die sogenannte Amtsfreiheit nördlich des Schlossgutes. Hier stehen hundert Jahre alte Häuser um einen kleinen Tümpel.
Die bunte Oma mit dem Kinderwagen verweist darauf, dass sich in einem dieser Häuser viele Jahre ein Hort befand und neuerdings dort eine Kita ist.
Weiter geht es zum Weg entlang der Stadtmauer.
Die ersten Schritte führen durch eine „Amtswinkel“ ge­nannte Gasse mit hübschen neuen Häusern und einem hässlichen Fabrikgebäude, das nun bald verschwindet.
Auf dem asphaltierten und deshalb auch von Radfahrern gern genutzten Stadtmauerweg kann man den Blick von der Mauer-umwehrten mittelalterlichen Stadt zu den Wiesen und Feldern in Richtung Strausberg schweifen lassen.
Hier finden die Störche so machen leckeren Wurm und Frosch, weshalb sie ganz treu jedes Jahr wiederkommen.
Noch ist das Storchennest auf dem Strausberger Turm leer, aber es wird nicht lange dauern, bis es wieder belegt ist.
Das erwartete Storchenpaar wird sich hoffentlich wie im Vorjahr nicht an der Kamera stören, die das Geschehen im Nest live in das angrenzende „Armenhaus“ überträgt.
Sozusagen eine Peepshow für Arme ...
Da, wo der nachgebildete Nachtwächter an der Ecke steht, kann man sich über die Störche auf dem Turm belesen und auf einer Tafel wird dort festgehalten von wann bis wann dort genistet wurde und was das an Jungstörchen gebracht hat.
Einmal um den Turm herum stößt man auf eine Tür, die direkt in die „Amtsstube“ des hiesigen Nachtwächters führt.
Hier beginnen und enden neuerdings die Rundgänge des Nachtwächters, die monatlich an einen Freitagabend im Kerzenschein durch die Stadt führen.
In dieser kleinen, mit Nachtwächterutensilien und -bildern ausgestatteten Stube, die nur mit Not zehn Leute fasst, gab es sogar schon opulente Feiern z.B. anläßlich einer Silberhochzeit, wie Frau Hildenbrand zu berichten weiß.
Da ist dem Bräutigam wirklich eine Überraschung gelungen.
Die Stadtführung, die nun schon gut zwei Stunden gedauert hat, führt noch die paar Schritte zurück zum Marktplatz und gewährt dabei Einblick in den einen oder anderen liebevoll hergerichteten Hof hinter der Häuserfront.
Aber um die zu sehen, kommen wir lieber am ersten September-Wochenende zum Vogelscheuchen­fest wieder. Dann stehen nicht nur viele der Höfe für jedermann offen, dann bekommt man auch fast überall was Leckeres zu Essen und dazu einen guten Schluck und Live-Musik.
Wir bedanken uns an dieser Stelle ganz herzlich bei Frau Hildenbrand für ihre lehrreiche und unterhaltsame Führung und Herrn Hübner für die vielen Details und kleinen Geschichten, die er beisteuern konnte. Beide trifft man übrigens an jedem Sonnabend vormittags im Haus des Heimatvereins am Berliner Stadtturm (bei der Eisdiele!).