Wenn einer glaubt, dass hier im Dorf nur an Leiterwagen, Pferdekutschen und Traktoren herumgebastelt wird, dann irrt der gewaltig.
Wer in der Mehrower Autowerkstatt was „aufs Warten“ zu reparieren hat, der kann sich (wenn der Chef gut gelaunt ist) derweil im Nebenraum einen Flitzer anschauen, der nicht nur bei Rennprofis das Herz höher schlagen lässt.
Michael Schmidt hat einen BMW E 30 aus dem Baujahr 1989, der im Original schon ein Liebhaberstück ist, vor dem Verschrotten gerettet und mit viel Aufwand zusammen mit seinem Rennpartner Denis Buchaniec in jahrelanger Schrauberei zu einem Rennwagen erster Klasse gemacht.
Statt der ursprünglichen 193 PS hat der Wagen jetzt 1300 PS und bringt 1300 Nm auf die Hinterachse. Das gibt ihm die Kraft, beim Viertelmeile-Rennen die 402 m in 8,7 s zurück­zulegen, was ihn zum schnellsten BMW Deutschlands macht.
Beim letzten Rennen in Zerbst war er noch ein ganzes Stück schneller, aber der neue Rekord ist noch nicht bestätigt.
Das Innere des Fahrzeugs hat nicht mehr viel Ähnlichkeit mit dem eines üblichen BMW.
Zwei Stahlkonstruktionen schützen die Zelle und den etwas spartanischen Fahrersitz. Selbst wenn bei einem Unfall vorn und hinten alles wegfliegt, dürfte dem Fahrer nicht viel passieren. Feuerlöscheinrichtungen im Innenraum und unter der Haube sollen verhindern, dass das feurige Fahrzeug in Flammen aufgeht.
Da man wegen fehlender Straßenzulassung eh nicht mit dem Fahrzeug in den Urlaub fahren kann, ist im Heck auch kein Platz für Koffer und Taschen vorgesehen, sondern nur für den Treibstoff. 102 Oktan-Sprit von der Tankstelle macht's übrigens, aber mit speziellem Rennsprit ist noch etwas mehr rauszuholen. Und was beim Grillen der Grillanzünder ist, das ist hier das Lachgas, das beim Startvorgang eingespritzt werden kann, um den Motor schnell in Schwung zu bringen.
Um ein Biest wie dieses nach einem Viertelmeilen-Rennen in Zerbst oder anderswo nach vollbrachter Tat zum Stehen zu bringen, ist es nicht mit normalen Bremsen getan. Da muss schon wie bei einem Kampfjet ein Bremsschirm herhalten. Dort, wo Camper üblicherweise ihr fahrbares Stübchen anhängen, sitzt hier der Behälter mit dem Schirm, der mindestens so gut bremst wie ein klobiger Wohnwagen.
Auch unter der Motorhaube ist kein Platz, noch was zu verstauen. Der ist vollgepackt mit allem, was dem Fahrzeug Kraft und Geschwindigkeit verleiht. Dass der Turbolader aus einer in die Haube geschnittenen Öffnung ragt, liegt aber nicht am knappen Platz. Im Gegensatz zu einem Kleinkind soll der während der Fahrt ordentlich Zugluft bekommen.
Dass der Auspuff nach oben und nicht wie bei vergleichbaren Fahrzeugen zur Seite geführt ist, hat den Vorteil, dass so der Renner durch den Abgasstrom nicht zur Seite gedrückt wird.
Da Michael Schmidt und der zweite Fahrer, Denis Buchaniec, schon internationale Rennen und sogar das legendäre Rennen TX2K23 im März 2023 in Texas im Visier haben, ist das Dach des Fahrzeugs vorsorglich schwarz-rot-gold lackiert worden. Beim TX2K23 geht es um nichts weniger als den Weltrekord. Da wollen die Beiden ihr Auto als schnellsten BMW der Welt küren lassen. Wenn man sich die Zeiten anschaut, stehen die Chancen nicht schlecht:
Von 0 auf 100 km/h: 1,83 s; von 0 auf 200 km/h: 5,51 s; 1/8 Meile: 5,62 s; 1/4 Meile: 8,7 s.
Auch wenn man selbst kein Freund solcher Rennen ist, kann man den beiden nur viel Erfolg und weitere Rekorde wünschen, damit mal wieder was Erfreuliches über Mehrow in der Zeitung zu lesen ist. Vielleicht machen die Beiden uns irgendwann mal richtig berühmt.