Bei der Geschichte des ehemaligen Stallgebäudes in der Dorfstraße 12 (das war die südliche Abgrenzung des Gutshofes) wollen wir mal beim letzten Bewohner anfangen, der zusammen mit Finanznot und vielleicht auch mangelndem Erhaltungswillen für den Abriß des Gebäudes verantwortlich war: Merulius Domesticus

Dieser Bösewicht, auch als "Echter Hausschwamm" bekannt, hatte sich in diesem Gebäude festgesetzt und nicht vertreiben lassen, weshalb die Bauaufsicht 1988 die in diesem Haus befindliche Wohnung sperren ließ und ein paar Jahre später der Abriß des Hauses erfolgte.


Foto (1976): Elke Böhm, Husberg

Zur Orientierung: Von der Bushaltestelle aus gesehen befand sich das besagte Stallgebäude jenseits der Dorfstraße links neben dem ehemaligen Gutsverwalterhaus, dort wo jetzt der verklinkerte Neubau Dorfstr. 12 steht.

W. Stoll                                             16.06.88
1291 Birkholzaue
Richard-Wagner-S tr. 18

An den Rat der Gemeinde
Mehrow


Bauaufsichtliche Sperrung der Wohnung der Fam. Hildegard Gossert
in Mehrow, Dorfstrasse 12
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Am 14.06.88 wurde die Wohnung der Fam. Gossert im Beisein des Bürgermeisters Herrn Thiele von der Staatlichen Bauaufsicht besichtigt. Die Besichtigung hat folgendes ergeben:

1. Beschreibung des Bauwerkes und der darin ausgebauten Wohnung
Vorgenannte Wohnung wurde in den Fünfziger Jahren in einem massiven Stallgebäude ausgebaut.
Das Stall- u. Scheunengebäude wurde ca. vor 150 Jahren als Ziegelbau ohne Außenputz mit einem spitzen Satteldach und Ziegeleindeckung (doppelte Bieberschwanzdeckung) errichtet. Das Stallgebäude ist im Giebelbereich unterkellert. Im Außenwandbereich ist teilweise Feldsteinmauerwerk vorhanden.
Die Holzbalkendecke zwischen Erdgeschoß und Drempeldachgeschoß besteht aus Holzbalken und Lehmstückenfüllung. Das Gebäude wurde mit dem Giebel zur Straßenfront errichtet und hat eine Gebäudelänge von ca. 40000 mm.
Im Bereich des Giebels zur Straße befindet sich die ausgebaute Wohnung. Da das Erdgeschoß des Stallgebäudes eine Höhe von ca. 5000 mm hat, wurde die Wohnung auf einer eingebauten Massivdecke ausgebaut.
Die Wohnung besteht aus einer Küche, einem Wohnzimmer sowie 2 anderen Räumen, die eine Etage höher liegen. Die Räumlichkeiten werden über
Differenztreppen erreicht, die teilweise aus Stein bzw. Holz bestehen. Der Zugang zu den Räumen erfolgt nicht direkt über einen Flur oder Treppenhaus, sondern aus dem gesamt Stallgebäuderaum.

2. Bauschäden und Mängel
Die vorhandenen Bauschäden und Mängel werden hier für den Bereich der ausgebauten Wohnung behandelt. Das Stallgebäude weist schwere Bauschäden im gesamten Mauerwerk auf. Die Schäden sind auf die Verjauchung des Mauerwerks durch hochsteigende Chlormagnesiallauge zurückzuführen. Diese Chlormagnesialauge blüht in Form weißer Salze aus und sprengt den porösen Mauerziegel. Weiterhin werden durch diese Salze Feuchtigkeit aus der normalen Luft gebunden.
Dieser Zustand hat in der kalten Jahreszeit zu erheblichen Frostschäden geführt, auf Grund dieser Schäden sind erhebliche Rißbildungen im Mauerwerk aufgetreten.
Im Sockelbereich hat die Zerstörung der Mauerziegel den Grad erreicht, daß die Bruchgrenze der Ziegel weit überschritten ist und die Standsicherheit teilweise nicht mehr gewährleistet ist.

Im Erdgeschoßbereich wie in der ausgebauten Wohnung (Fußboden) ist der echte Hausschwamm festgestellt worden (Merulius domesticus). Die Holzbalken der Geschoßdecke sind überdimensioniert, jedoch ist durch tierischen Schädlingsbefall ein ca. 50 mm dickes Abfraß an den Holzbalken festgestellt worden. Dieser Schaden begünstigt aber das Herausfallen von Lehmausfachungen aus dem Deckenbereich, der sich bereits durch Rißbildungen ankündigt.

Weiterhin ist eine überdurchschnittliche Feuchtigkeit mit der damit verbundenen Geruchsbelästigung ganzjährig vorhanden.
Die Elektroinstallation ist veraltet und unbrauchbar. Sanitäre Einrichtungen sind nicht vorhanden.

3. Schlußfolgerungen

Auf Grund der umfangreichen, die Standsicherheit gefährdenden Mängel der Außenwände und der Decken muß auf der Grundlage der Verordnung über die staatliche Bauaufsicht (GBL 1/26/81) § 12 - Maßnahmen zur Gewährleistung der Bausicherheit - ein Verbot zur ständigen Nutzung der Wohnung ausgesprochen werden.
Eine Rekonstruktion der Wohnung wäre nur in Verbindung mit einer Rekonstruktion des Stallgebäudes möglich. Diese Maßnahme muß aber aus ökonomischen Gründen abgelehnt werden. Einer überschläglichen Kosteneinschätzung nach würde eine zuhohe Rekonstruktion ca. 130,0 TM kosten.
Dieser Kostenaufwand entspricht keinem gesetzlichen Normativ