Unter den Bildern, die uns Frau Schwonke zur Verfügung gestellt hat, befindet sich auch das nebenstehende, das eine Szene am Mehrower Dorfbackofen zeigt.

Leider wissen wir nicht, wann das Bild aufgenommen wurde (sicher aber vor dem Krieg) und wer darauf zu sehen ist - vielleicht kann uns da jemand "auf die Sprünge helfen" ?

Das Bild ist unheimlich stimmungsgeladen und fast ausstellungsreif. Klicken Sie mal auf das Bild, um es zu vergrößern - Sie werden überrascht sein, wie gut der Fotograf die Szene eingefangen hat: Zwei Frauen, die mit einem vielleicht schon heißen Kuchenblech hantieren und zwei Mädchen die derweil vor dem Backofen Hoppse oder Ähnliches spielen.

Nachtrag vom November 2005:
Frau Marianne Reusch-Blatt (geborene Spiegelberg) hat sich per e-Mail aus Spanien gemeldet und uns etwas auf die Sprünge geholfen:
"...da ich in Mehrow geboren bin und den alten Dorfbackofen im Winter mit meinen Schlitten von allen Seiten attakiert habe mit den anderen Dorfkinder unserer Zeit, denke ich das die zwei Frauen auf dem Bild vor den Backofen Frau Grotzki und Frau Glase sind und die zwei Mädchen gehören zu Frau Grotzki,die dunkel Haarige ist Hannelore und die blonde Ingrid (jetzt Frau Schwonke) ...".
Wir haben gleich mal bei Frau Schwonke nachgefragt und diese Auskunft mit einer Ausnahme bestätigt bekommen: Die Frau, die dem Fotografen den Rücken zukehrt, ist nicht Frau Glase, sondern Frau Schwarz, die Schwiegertochter unseres ehemaligen Brennermeisters Reinhold Schwarz. Sie war mit dessen Sohn, einem in Thüringen tätigen Pfarrer, verheiratet - und damit eine Schwägerin von Frau Grotzki, die rechts im Bild zu sehen ist. Bei den Kindern handelt es sich wirklich um deren Töchter Hannelore (links) und Ingrig (jetzt Schwonke, wohnhaft in Hönow).
Beiden Damen herzlichen Dank für die Aufklärung!

In "Anna Bothes Bilderkiste", d.h. im Nachlaß unserer letzten Gutsbesitzerin, die leidenschaftlich gern fotografiert hat, haben wir übrigens ein weiteres Bild unseres Dorfbackofen gefunden. Auf dem sieht man ihn (rechts im Bild) in voller Schönheit und erkennt auch gleich, wo dieser mal gestanden hat: Auf der Landzunge hinter dem flachen Landarbeiterhaus an der Dorfstraße. Aufgenommen wurde dieses Bild vermutlich in den 1920er Jahren.

Jemanden, der Geschichten schreiben kann, sollte das doch Anregung zu einer Story sein. Haben wir da niemend im Dorf, der sich mal auf einer Seite als Schriftsteller betätigen will ?

Als Grundlage kann folgender Artikel "Dorfbacköfen" von Max Frentz dienen, den wir in der Monatszeitschrift "Brandenburger Land" vom April 1935 gefunden haben:


Wenn es ein Mädchen erlebt, daß sich eine jüngere Schwester vor ihm verheiraten will, so muß es sich wohl die Mahnung gefallen lassen: "Laß Dich nicht auf den Backofen schieben!" Von einem erbärmlichen Kerl wird gesagt: "Der kann auch keinen Hund aus dem Backofen locken!", und von einem ungeschickten Raucher heiß es: "He rookt, as wenn de Kotz (Kossät = Kleinbauer) backt!".

Diese märkische Redensarten bezeugen, daß der Backofen bei unsern bäuerlichen Vorfahren eine wesentliche Rolle gespielt hat. Diente er doch zur Herstellung des hauptsächlichsten Nahrungsmittels, des Brotes. Dazu mußte er sich gefallen lassen, daß bei ihm so manches Wort kleingemacht und er nicht selten zum Ausgangspunkt dörflicher Ereignisse wurde. Aber auch sonst griff er gestaltend in das Leben des Dorfes ein. Zwei königliche Verordnungen aus dem 18. Jahrhundert können uns darüber Aufschluß geben. Ein "Reglement" vom 16. April 1767 besagt folgendes:

"Die bisherige Erfahrung hat gezeigt, daß die meisten Feuersbrünste, wodurch öfters ganze Dörfer in die Asche gelegt wurden, durch Verwahrlosung bei dem Backen und Flachsrosten entstanden, indem die Backöfen den Gebäuden und Gehegen zu nahe gestanden und solche dadurch in Brand geraten sind.

Ferner ist es auch bemerket, daß ein unnötiger Aufwand an Holz dadurch verursacht wird, wenn ein jeder Eigentümer einen eigenen Backofen hält und heizet, anstatt an vielen Orten der Kurmark, wo Holzmangel vorhanden ist, gemeinschaftliche Backöfen zu halten, welches außer der Ersparung des Holzes auch noch den Vorteil hat, daß ein armer Mann aus dem Dorfe zum gemeinschaftlichen Ofenheizen bestellt werden kann und also nicht nötig ist, daß jedesmal mit dem Brotbacken ein halber Tag zugebracht und dadurch das Gesinde von anderer Arbeit, welche nötiger tut, abgehalten wird."

Für die königlichen Amtsdörfer wird bestimmt, daß je nach der Größe des Dorfes zwei bis vier gemeinschaftliche Backöfen zu errichten und zu halten sind, und zwar vor jedem Dorfende einer. Die Backöfen innerhalb des Dorfgebietes, "welche nicht vorne durchgehends mit aufgemauerten Schornsteinen und Windkehren versehen und von den Gebäuden und Gehegen nicht wenigstens 30-40 Schritt entfernt sind" müssen beseitigt werden, widrigenfalls sie der "Landreuter" einzuschlagen hat, wofür ihm der Eigentümer dann einen Taler entrichten muß.

"Ferner wird verordnet, daß in jedem Dorf ein paar Personen, ordentliche Hausbäcker, Hirten und ihre Weiber und andere arme Leute, bestellt werden sollen, welche den Ofen heizen, das von den Eigentümern geknetete Brot in den Ofen schieben und, bis es ausgebacken ist gegen eine billige Vergütung darauf acht haben müssen." Das Backholz muß von den Backenden zu gleichen Teilen geliefert werden. Der Ofen darf nur an zwei Tagen in der Woche geheizt werden. Ausnahmen sind bloß zur Zeit des Obsttrocknens zulässig. Und "was den Flachs anbelangt, so ist es besser, wenn solcher in der Sonne getrocknet wird, wie es in den besten Flachsländern geschieht."

Solche gemeinschaftlichen Backöfen an den Dorfenden hat heute noch das von Friedrich dem Großen im Jahre 1753 angelegte Dorf Gosen am Seddinsee aufzuweisen.

Im Jahre 1794 wurde eine neue "Verordnung wegen besserer Errichtung der Backöfen" notwendig. Darin heißt es: "Die Backöfen in den Dörfern der Churmark sollen durchgehends so angelegt werden, daß sie in einer Entfernung von fünfzig Schritten von dem nächsten Gebäude zu stehen kommen, wobei mit einer Windkehre, einer Tür von Eisenblech und einer hölzeernen Tür vor der Öffnung versehen, keineswegs aber mit Stroh, Rohr, einem hölzernen Schauer oder einem Bretterdach bedeckt werden. Auch sind um dieselben, um eine etwa ausbrechende Flamme desto eher zurückzuhalten, Bäume zu setzen."

Diese Verordnung gestattete es den Bauern, sich in ihren Hofgärten unter Beachtung der gegebenen Vorschriften eigene Backöfen zu errichten. Von dem Rechte wurde reichlich Gebrauch gemacht, und auch heute noch sind in den Dörfern vereinzelt solche Backöfen zu finden.

Der Backtag hatte es in sich: "Wenn die Frauen waschen und backen, haben sie den Teufel im Nacken!", geht heute noch die Rede. Von der Erregung der Frauen zeugt auch dieses Sprichwort: "Irste Not is de grötst, segt jen' Fru, schlögt dan Backtrog entzwei un mökt Surwoter heet!".

Am Abend vorher wurde eingesäuert. "Kluge" Frauen borgten sich gern den Sauerteig von der Nachbarin, um "das Glück ins Haus zu holen". Auf den eingerührten Teig wurden mit der Handkante drei Kreuze eingedrückt. Am nächsten Morgen erfolgte das "Ausbacken". es wurden die Brote in gehöriger Größe geformt und zum "Gehen" meistens auf Bett gelegt. Unterdessen brannte schon das Feuer im Backofen, das solange geschürt wurde, bis die richtige Unter- und Oberhitze vorhanden war. nach der Säuberung des Ofens mit einem feuchten "Strohwiepen" streute man etwas Mehl oder Kornähren hinein, um die Backhitze zu prüfen. Dann wurde das Brot auf Karren herbeigeschafft, mit etwas Wasser bestrichen und eingeschoben. Endlich konnte die Backofentüre geschlossen und das Rauchloch verstopft werden. Schnell griff man nun nach den Backtüchern und schüttelte sie recht hoch auf, damit das Broct auch hochginge. Aber nicht zu hoch! "Tobeln" (Kober, uckerm. "Kaliten") sollten es nicht werden. Würde es aber auch ohne Wasserstreifen sein ? Die Frauen kamen erst nach zwei Stunden zur Ruhe! Und so manches Mal mußte man sich doch mit dem Sprichwort trösten: "All Bruen (Brauen) un Backen gerött (gerät) nich!"

Text und Zeichnung aus "Brandenburger Land - Monatshefte für Volkstum und Heimat, Heft April 1934"
herausgegeben von Baurat Gerhard Wohler u.a., Druck und Verlag A.W.Heyn's Erben, Potsdam und Berlin

Die kleine Zeichnung zeigt übrigens den Bauernbackofen in Schönermark (Kreis Ruppin) - so ähnlich wird aber wohl auch der Mehrower Backofen ausgesehen haben, wie das in den 50er Jahren entstandene Bild des inzwischen fast eingefallenen Backofens hinter der Dorfstraße 22 direkt am Dorfteich zeigt.