Im Nachlaß der letzten Mehrower Gutsbesitzerin, Frau Anna Bothe (Robert Stocks jüngere Tochter), sind wir auf ein kleines, grün gebundenes Heftchen gestoßen, welches das "Mehrower Lied" enthält und damit eine echte Kostbarkeit ist.

Wann und aus welchem Anlaß dieses Lied entstanden ist, wissen wir nicht - irgendwann in den "Goldenen Zwanzigern". Noch haben wir keinen Gesangsverein in Mehrow, aber folgendes, nach der Melodie "Trink, Brüderlein trink" zu singende Lied könnte den künstlerischen Grundstock bilden ...


1.
Das Arbeiten soll man mal lassen !
Auch ohne dem dreht sich die Welt,
Der Großstädter kann's zwar nicht fassen,
Er jagt wie ein Wilder nach Geld.
Er hastet durch Dunst und Asphaltstaub
Und schluckt manchen Liter Benzin,
Wie wäre doch Landluft und Herbstlaub
Und Kuhstallduft besser für ihn.

Refrain:
   Fahr, Fahr, Brüderlein fahr,
   Fahre nach Mehrow hinaus !
   10 mal, 15 mal, x-mal im Jahr,
   Dort steht ein gastfreies Haus.
   Trink' keinen Kaffee, trink' Mehrower Milch,
   Denn die ist gut und ist bill'g.
   Abends trink Bier oder Wein oder Sekt,
   Weil das noch besserer schmeckt.

2.
Der Wagen fährt vor bei dem "Häuschen",
Der "Tell" macht nur unwillig Platz,
An der Dorfstraße steht "Knuspermäuschen"
Und "Emma Grafen ihr Schatz".
Und der Herr und die Herrin steh'n beide
Empfangsbereit froh an der Tür,
Es schauen an der Hausfrauen Seite
Zwei Hundeschnauzen herfür.

Refrain:
   Wau wau, herzlich willkomm'
   Fühl Dich zuhaus und tritt ein.
   "Seppelchen" hat wohl was übel genomm',
   Knurrt und läßt keinen herein.
   Meide die Hunde, ihr Biß der macht Schmerz,
   Die "Mausi" die schließ' in Dein Herz !
   "Seppelchens" Platz, der ist leider nun leer,
   "Seppelchen ist ja nicht mehr."

3.
Frau Bothe, die sitzt am Klaviere
Und spielt aus dem "five o'clock tea"
Der Hausherr singt mit und trinkt Biere,
Doch ganz richtig singt er wohl nie.
Da singt doch der Raaz schon viel richt'ger,
Zwar klingt es nicht schön, aber laut,
Das letztere hält er für wicht'ger,
Er ist ja auch kräftig gebaut.

Refrain:
   Sing', sing', Brüderlein sing,
   Alles was drin ist, muß raus.
   Zu dreien, zu vieren, nur singe und sing',
   Es wackelt der Stall und das Haus.
   Sing' in der Quarte und sing' in der Terz
   Dann ist das Leben ein Hopsasasa.
   Dem Sänger macht's Freude, dem Hörer machts Schmerz
   Doch der Schaumburg der ist nicht mehr da.

4.
Zum Leben gehört auch die Steuer,
Das ist Fräulein Neumanns Bereich.
Und wird's ihr mal nicht geheuer,
Zum Scheuermann läuft sie dann gleich.
Der hilt ihr bereitwilligst weiter,
Befriedigt drob kehrt sie nach Haus
Und ruhet sich friedlich und heiter
Im "Weizenweg-Siedlungshaus" aus.

Refrain:
   Zahl', zahl', Brüderlein zahl',
   Zahle nur schnell und zahl gleich
   Zahl', zahl' Brüderlein zahl',
   Der Staat nimmt ja an, Du bist reich.
   Meide den Mahnzettel und den Verzug,
   Dann hast Du Ruh' und bist klug.
   Zahle noch mehr als der Anschlag betrug,
   Denn der Staat kriegt ja doch nicht genug.

5.
Der Förster, der ist sehr verständig
Und ein ganz gerissener Mann.
Das ganze Revier ist lebendig,
Wenn einer 'nen Bock schießen kann.
Doch manchmal da kommt es auch anders,
Wenn einer 'nen Bock schießen will
Soweit Du auch pirschest und wanderst,
Das ganze Revier ist dann still.

Refrain:
   Schieß', schieß', Brüderlein schieß',
   Doch laß die Patronen zu Haus.
   Der Stand, der Dir angewiesen, ist mies,
   Kein einziger Bock kommt heraus.
   Meide die Kugel und meide das Schrot,
   'Nen Spießer bloß schießt Du zur Not.
   Meide die Kugel und meide das Schrot,
   Den Sechser schießt Ewald Dir tot.

6.
Doch Gottseidank gibt es auch Fälle,
Wo der Gast seinen Bock schießen soll.
Der Kunze denkt bei sich ganz helle:
"Der macht's halbe Dutzend bald voll".
Da stehen ja drei in den Rüben
Und dreie am Krummen See.
Und geht mal einer "nach drüben"
Dem Falkenberg tut's ja nicht weh.

Refrain:
   Schieß schieß' Brüderlein schieß',
   Aber halt gut mitten drauf.
   Triff, triff, Brüderlein triff,
   Blatt ist noch besser als Lauf.
   Bist ja der "Krummenseeoffizier",
   Dein Ruf als Jäger tipp topp,
   Schieß' meinen besten Bock im Revier,
   Noch dazu mitten in Kopp.

7.
Das Schießen, das kann man nicht lassen,
Das Singen ist andern 'ne Qual,
Und droht Dich die Steuer zu fassen,
Dann hilft es nichts, Brüderlein zahl'!
Und wollen Dich andere betrügen,
Dann pfeif' auf den ganzen Dreck.
Hau' ab und verzieh' Dich nach Rügen
Dann lachst Du und bist eben weg.
Refrain:
   Aber trink weiter Mehrower Milch,
   Den Kaffee, den trinkt der Major;
   Trink, trink Mehrower Milch,
   Um 5 Tassen ist er Dir vor.
   Meide den Kaffee, den Wein und den Schnaps,
   Ansonsten da kriegst Du den Klaps.
   Denke daran, wie die Kindermilch schmeckt,
   Aber schön ist doch auch ein Glas Sekt.