Im Nachlaß von Anna Bothe findet sich auch eine Mappe, die mit dem Titel "Aus politischer Zeit" beschriftet ist und einige Zeigungsartikel aus den 20er Jahren über Mehrow enthält.

Darunter befindet sich auch ein Bericht über ein Treffen der Mehrower Ortsgruppe des "Verbands nationalgesinnter Soldaten" (V. n. S.), deren Ehrenvorsitzender der Rittergutsbesitzer Bothe war, im Oktober 1920.


Aus dem Kreise Niederbarnim und Groß-Berlin

Mehrow. (verspätet eingegangen.) Am Sonntag, den 3. Oktober beging die Ortsgruppe Mehrow des Verbandes der nationalgesinnten Soldaten ihr Hindenburg-Geburtstagsfest verbunden mit Gründungsfeier. Um 9 Uhr vormittags war geschlossener Kirchgang mit der von der Ortsgruppe Spandau zur Verfügung gestellten Fahne. Herr Pfarrer Benecke gedachte in seiner Predigt mit markigen Worten unseres Nationalhelden. Er ermahnte alle, sich unsern Hindenburg zum Vorbild ihres ganzen Lebenswandels zu nehmen. Treu und gläubig an den großen Alliierten im Himmel und pflichtbewußt bis zum äußersten, so wie unser Generalfeldmarschall es war, mit einem Wort: Deutsche müssen wir wieder werden!

Zum Nachmittag war eine größere Anzahl Gäste erschienen, u. a. auch noch viele aktive Soldaten. Ein feines, herzerfrischendes Bild war es, als die Fahne an der militärisch stramm salutierenden Front der Ortsgruppe vorbei getragen wurde. Dann marschierten alle zur Festhalle, dem zu diesem Zwecke eigens mit Tannengrün und unsern alten Reichsfarben geschmückten Hächselboden des Rittergutes Mehrow, der zu der Feier der Ortsgruppe von ihrem Ehrenmitglied Kamerad Rittergutsbesitzer Bothe liebenswürdigerweise zur Verfügung gestellt wurde. Auf der behelfsmäßig hergestellten Bühne war ein geschmackvoll hergerichteter Hindenburg-Altar mit dem vom Lichterglanz umgebenen Bild des Generalfeldmarschalls aufgebaut. Die Festfolge war mit Rücksicht auf die kurze Zeit der Vorbereitung – nur 8 Tage lang konnten in der schweren Kartoffelernte einige Abendstunden dazu geopfert werden – eine ausgezeichnete.

Der erste Vorsitzende der Ortsgruppe Kam. Voß hieß die Erschienenen willkommen und legte dar, weshalb die Mehrower nationalgesinnten Soldaten eine Ausnahme machen von der leider jetzt allgemein üblichen Regel des Vergessens unserer großen Deutschen: „Weil wir bei Alt und Jung und besonders bei der Jugend als unserer einzigen Hoffnung das Erinnern wach halten wollen an die große Zeit, die wir erlebten und seinen Helden, deren größter unser geliebter Generalfeldmarschall von Hindenburg ist. Ein Volk, das seine Helden nicht ehrt, ist nicht mehr wert, als solches zu leben. Und wir Deutschen dürfen stolz sein auf unsere Taten und Helden und wollen sie nie vergessen. Wir wollen wieder ein Volk werden, wie wir’s zu Bismarcks Zeiten waren!“

Auf den von Kam. Jakobs vorgetragener Wortspruch folgte die Festrede von Kam. Preuße. Er führte in klaren schlichten Worten das Heldenleben des größten Deutschen der Gegenwart vor aller Augen. Die Rede klang in ein dreifaches Hurra auf unsern Hindenburg aus, in das die gesamte Festversammlung einstimmte. Es wurde stehend auf die alte bekannte Weise das Hindenburglied gesungen: „Heil Dir im Siegerkranz. Reiter des Vaterlands, Heil Hindenburg!“ usw. Gedichtvorträge, Kinder- und gemeinsamer Gesang wechselten in bunter Folge ab. Dann wurden stimmungsvolle lebende Bilder „Ein deutsches Kriegerleben“ dargestellt, deren erstes der Auszug ins Feld und letztes ein schlichtes Heldengrab war. Manches Auge feuchtete sich in wehmütiger Erinnerung.

Der Vertreter des V. n. S. Kam. Major Snethlage sprach darauf kernige deutsche Worte, die mit einem Hoch auf unser geliebtes deutsches Vaterland endeten, worauf die Versammlung stehend das Deutschland-Lied sang. Herr Generalsekretär Peter, Vorsitzender des Reichslandarbeiterbundes, bot unserer neu gegründeten Ortsgruppe Waffenbrüderschaft an, die freudig angenommen wurde. Nach turnerischen Darbietungen sprach der erste Vorsitzende der Ortsgruppe das Schlusswort, der auch folgendes an Hindenburg gerichtete Telegramm verlas: „Die Ortsgruppe Mehrow des V. n. S. entbietet Ihrer Exzellenz zum heutigen Wiegenfeste treudeutsche Grüße mit dem hoffnungsvollen Wunsche, dass Euer Exzellenz dem deutschen Vaterlande noch lange Zeit erhalten bleiben mögen.“ Wir denken, dass mancher, der bisher noch nicht ganz fest zu uns gehörte, mit vollem Herzen für unser Vaterland und unsere Sache heimgegangen ist.

Die Ortsgruppe ist erst einige Wochen alt. Wir haben Großes geplant; doch braucht man zu einer organisatorischen Arbeit Geld. Und die Kasse ist klein, da fast nur Arbeiter Mitglieder sind. Für Geldspenden, Turngeräte, Lese- und Vortragsstoff wäre die Ortsgruppe von Herzen dankbar und bittet freundliche Geber, dieselben zu richten an die Ortsgruppe Mehrow des V. n. S. z. H. des Herrn Otto Voß, Rittergut Mehrow, Post Ahrensfelde bei Berlin.

Quelle: „Niederbarnimer Kreisblatt und Bernauer Zeitung“
Bernau, Mittwoch, den 13. Oktober 1920 (67. Jahrgang, No. 232)



Das oben benutzte Material entstammt dem Nachlaß von Frau Anna Bothe, unserer letzten Gutsbesitzerin, und wurde uns freundlicherweise von Herrn Hans Müller aus Nordhorn zur Verfügung gestellt.