Im Jahre 1985 hat das Heimatmuseum beim Rat der Stadt Bernau zum

40. Jahrestag der Bodenreform im Kreis Bernau

eine vom damaligen Museumsdirektor, Herrn Rudolf Bügel, verfaßte Festschrift herausgegeben. Daraus wollen wir unkommentiert ein paar Passagen zitieren, die Mehrow betreffen.


... im September 1945 beschlossen die Länder- und Provinzialverwaltungen der sowjetischen Besatzungszone Verordnungen über die Durchführung der demokratischen Bodenreform. Die "Erste" wurde um 3. September 1945 in der Provinz Sachsen erlassen. Für des Land Brandenburg wurde am 6. September 1945 die Verordnung über die Bodenreform erlassen und trat mit ihrer Veröffentlichung in Kraft.
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Entsprechend den Verordnungen zur Bodenreform wurden in allen Kreisen und Gemeinden Kommissionen zur Durchführung der vorgesehenen Maßnahmen gebildet. Diese Kommissionen hatten bis zum 30. September 1945 eine Bestandsaufnahme aller in der Verordnung zur Enteignung vorgesehenen Güter und Wirtschaften vorzunehmen.
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In den Gemeinden des heutigen Kreises Bernau sind alle Großgrundbesitzer und Naziaktivisten gemäß der "Verordnung über die Bodenreform in der Provinz Bark Brandenburg" entschädigungslos enteignet worden. Ihr Land wurde an ehemalige Knechte, Landarbeiter und landarme Bauern aufgeteilt.
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Hans Müller aus Werneuchen hatte sich in Richtung Westen abgesetzt. Die 429 ha des ehemaligen Rittergutes teilten die Werneuchener in 61 Neubauernstellen. Die Häuser der neuen Bauern wurden lange Zeit als Hungersiedlung von den ortsansässigen Mlittelbauern bezeichnet. ... Der Graf von Helldorf hatte sich unter anderem in Trappenfelde, einem Ortsteil von Mehrow über 403 ha ausgebreitet. Große Ländereien beaß dieser SS-Obergruppenführer und ehemalige Chef der Schutzpolizei in Berlin ebenfalls im heutigen Kreis Querfurt. In Mehrow leitete ein Freiherr von Truchreß eine SS-Schulungssiedlung zur Ausbildung von Wehrbauern für ihren Einsatz im Osten.
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Insgesamt wurden auf dem Gebiet des heutigen Kreises Bernau 11.780,63 ha landwirtschaftliche Nutzfläche entschädigungslos enteignet. Davon wuren 960 Neubauernstellen geschaffen. In den Jahren 1945 bis 1949 bekamen davon 347 Neubauern für ihre Wirtschaften die entsprechende Basis in Form von Häusern mit Stallanlagen. 264 bestehende Wirtschaften von landarmen Bauern konnten aus dem zur Verfügung stehenden Bodenfonds vergrößert und damit lebensfähig gemacht werden.
In Volkseigentum wurden 1 812,88 ha übergeführt. Dazu gehörte auch der Wandlitzsee, der vorher Privatbesitz war.
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Aus Anlaß des 10. Jahrestages der Bodenreform 1955 wurde Richard Dietrich aus Mehrow Meisterbauer. 1945 hatte er 7 ha Grund und Boden aus dem Bodenfond erhalten. Ein Pferd nannte Richard Dietrich 1945 sein eigen. "Fleißige Arbeit zahlt sich immer aus", so sagte er. 2 Pferde, 4 Kühe, 3 Rinder, 26 Schweine und 3 Schafe gehörten 1955 zu seinem Besitz.
Im Oktober 1954 hat der Bauer sein Fleischsoll für 1955 bereits geliefert und dazu 50 Zentner Fleisch über das festgelegte Soll hinaus.
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Die Sippe derer von Helldorf hatten nicht nur im ehemaligen Kreis Niederbarnim Besitzungen, sondern u. a. auch im Kreis Querfurt. Die Margarete von Helldorf hatte sich für ihren Besitz einen besonderen Trick ausgedacht. "Compania mexica agricola" war der exklusive Name für ein in Berlin aufgezogenes Unternehmen, in das auch der 1 412 ha große Besitz derer von Helldorf eingegangen war. So hatten diese Leute vor, der Bodenreform zu entgehen. Selbst der massive Druck des Berliner CDU-Vorsitzenden Dr. Hermes, konnte die Enteignung der Familie von Helldorf in unserem Kreis und anderswo nicht verhindern.

Im Anhang der Schrift finden sich neben einigen Dokumenten zur Bodenreform auch ein paar Zahlen über die im Zuge der Bodenreform verteilten Flächen:

Die landwirtschaftliche Betriebsfläche nach Betriebsgrößen
im Kreis Niederbarnim (außer Staatswald) im Jahre 1932


Betriebsgröße   Zahl der    in %   Gesamtfläche    in %
                Betriebe           in ha
--------------------------------------------------------
bis 2 ha        3499        53      2835,58         4
2 - 5 ha        1065        16      3207,42         4
5 - 20 ha       1164        18     12035,56        15
20 - 100 ha      772        12     30822,03        38
über 100 ha       72         1     31086,56        39
--------------------------------------------------------
                6572       100     79987,15       100

Zusammengestellt und berechnet nach Angaben in:
Kalender für den Kreis Niederbarnim 1933,
Verlag Müller, K.-G., Oranienburg 1933, S. 117

Verteilung des Bodenfonds an die verschiedenen Gruppen der Landempfänger im Kreis Niederbarnirn nach dem Stand vom 31. 12. 1947
Siehe: ebenda

Kategorie der Bodenempfänger        Anzahl   Gesamtfläche in ha
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Landarbeiter und landlose Bauern     889     7397
Landarme Bauern                      337     2029
Umsiedler                            535     4205
Kleinpächter                         517      631
Arbeiter und Anbestellte            1577     2023
Altbauern-Waldzulage                 221      615

Zusammengestellt nach Angaben:
Archiv des Rates des Kreises Bernau, Mappe der Kreisbodenkommission, Rechenschaftsbericht der Abteilung Bodenreform für das Jahr 1947

Umfang der Ergebnisse der Bodenreform in den Gemeinden des Kreises Bernau

Lfd. Gemeinde      Enteig-   Neubauern-  Vergrößerung  In Volks-
Nr.                nete      stellen     bestehender   eigentum
                   Gesamtfl. (Häuser)    Wirtschaften  übergeführt
                   ha        Zahl        Zahl          ha
------------------------------------------------------------------

 1   Ahrensfelde        32       2 (-)       9             0,5
 2   Basdorf           122       2 (-)      13            71
 3   Bernau            309      29 (18)      1             -
 4   Biesenthal        490      35 (9)      36            79
 5   Birkholz          233      28 (13)      1             -
 6   Blumberg          243      16 (9)       9            23
 7   Börnicke         1179      44 (26)      -           819
 8   Danewitz          133      14 (-)       -             -
 9   Eiche             116      14 (3)       -             -
10   Groß Schönebeck   412,25   26 (3)      17            89
11   Hirschfelde      1563     119 (17)      9           245
12   Klandorf           42       7 (1)       -             -
13   Klosterfelde      203      18 (7)      15             -
14   Krummensee        567      63 (31)      -            46
15   Ladeburg          242      11 (3)       6            72
16   Lanke             188      11 (8)       -             -
17   Lindenberg        532      52 (17)      -             1
18   Lobetal             -       - (-)       -             -
19   Löhme             447      44 (-)       3            61
20   Marienwerder        4       - (-)       1             -
21   Mehrow            750     103 (35)      -             2
22   Prenden            17       - (-)       6             6
23   Rüdnitz           104       6 (4)       1            33
24   Ruhlsdorf          54       2 (1)      24             -
25   Seefeld           219      23 (-)       1             9
26   Sophienstädt       14       - (-)       8             -
27   Stolzenhagen       75       2 (-)      13             -
28   Schluft           235      22 (1)       6            10
29   Schönerlinde      181,43   21 (4)       8             6,43
30   Schönfeld         177      17 (7)      21             -
31   Schönow           378      37 (14)      2             -
3?   Schönwalde        152       9 (2)      17             -
33   Schwanebeck       252      23 (6)       -             1
34   Tempelfelde       491      37 (12)     10             -
35   Wandlitz          402      12 (1)       2           227
36   Weesow            170      18 (11)      3             -
37   Werneuchen        645      61 (15)      -            11
38   Willmeradorf       51       4 (2)       -             -
39   Zepernick         277      26 (21)      -             -
40   Zerpenschleuse     78,95    2 (-)      22             0,95
---------------------------------------------------------------
                     11780,63  960 (301)   264          1812,88

Zusammengestellt nach Angaben in:
Archiv des Rates des Kreises Bernau, Mappe der Kreisbodenkommission, Statistik der Bodenreform des Kreises Niedernim vom 18. Juli 1951