Da Mehrow Ende der 30er Jahre unter anderem durch eine SS-Siedlung zu einem "Deutschen Musterdorf" gemacht wurde, wundert es nicht, daß sich aus diese Zeit nicht nur viele, sondern auch besonders "wohlwollende" Chroniken Mehrows finden.

Die wohl bekannteste ist die von Wilhelm Ode, welche im 1940 erschienenen Heimatbuch "Zwischen Schorfheide und Spree" enthalten ist.



Mehrow. Straßendorf

     1327: Mere (häufigste Schreibform, daneben gelegentlich Mhere, Meren und auch Merrn).

Mehrow liegt an einem alten Straßenzug, der bei Köpenick das Spreetal durchquert und über Mahlsdorf, Hönow, Mehrow, Blumberg nach Bernau führt. Sicher hat diese Straße bei der Wiederbesiedlung durch die Deutschen bestanden und ebenso wie in Hönow die nordsüdliche Ausrichtung des Dorfes bestimmt. Im Ort selbst ist die Führung der Straße bedingt durch den Dorfteich und durch die Erhebung, auf der die Kirche steht. Die Kirche ist ein Feldsteinbau, der bald nach der Besiedlung entstanden sein dürfte. - Bodenfunde aus vorgeschichtlicher Zeit sind nicht bekannt.

     Um das Jahr 1300 besaß ein Alverich aus Schneitlingern Mehrow als Ritterlehn. Die erste bekannte Urkunde stammt aus dem Jahre 1327. Darin verleiht Markgraf Ludwig an Reineke von Zehlendorf Hebungen, die zu dem Burglehn des inzwischen verstorbenen Alverichs von Schneitlingen gehörten. Wie die verhältnismäßig zahlreichen Urkunden zeigen, sind die Eigentumsverhältnisse am Dorfe im 14. und 15. Jahrhundert recht wechselvoll. Wiederholt werden kurfürstliche Belehnungen mit Einkünften aus Mehrow erwähnt, u.a. vereignet Markgraf Ludwig 1344 an Tyle Brucke 4 Hufen für einen innerhalb der Paraochie der Stadt Berlin zu errichtenden Altar.

     Die erste Beschreibung von Mehrow enthält das Landbuch (1375). Die Feldmark ist mit 52 Hufen angegeben. Davon hat der Pfarrer 4 und die Kirche 1 Hufe. Die Zahl der Hüfner beträgt nach späteren Quellen 9. Von den 5 in Mehrow ansässigen Kossäten zinsen 2 der Kirche und die 3 anderen dem derzeitigen Lehnsherrn Johann von Winningen. Auch ein Krug ist aufgeführt, der sicher bis auf den heutigen Tag seine Lage nicht verändert hat. Von den Abgaben erhielt neben dem Katharinenaltar in Bernau ein gewisser Palmdach den Zins von 14 Hufen. Das oberste und niederste Gericht und den Wagendienst hatte der von Winningen. Urkunden aus dem Jahre 1431 und 1438 zeigen die Vettern Rathenow aus Cölln an der Spree als Inhaber eines Teiles der gutsherrlichen Rechte. Aber schon im Schoßkataster von 1450 ist der Kurfürst als Besitzer des Dorfes vermerkt. Von den 52 Hufen haben der Pfarrer noch 4 und die Kirche eine. Alle Hufen sind besetzt.

     In einer Urkunde aus dem Jahre 1449, in der Kurfürst Friedrich II. der Gattin des Jakob Heidecken ein Leibgedinge verleiht, finden wir zum ersten Male Namen von Bauern und Kossäten. Anfang des 16. Jahrhunderts ging der Ort in den Besitz der Familie Britzke zu Britz im Teltow über, die ihn bis zum Jahre 1716 behielt. Unter dieser Familie wird Mehrow zum Rittergut, das zunächst nur wenig umfangreich war. Es bestand aus den vier freien Hufen, den 3 Pachthufen des ehemaligen Schulzengerichtes und aus weiteren 4 Hufen eines ausgekauften Bauernhofes. Im Schoßkataster von 1624 werden noch 9 Bauern- und 3 Kossätenstellen aufgezählt, daneben finden sich ein Schmied und ein Hirte.

     In den folgenden Jahrzehnten wird das Rittergut ständig auf Kosten der Bauernstellen vergrößert. Im 18. Jahrhundert geht es durch mehrere Hände. 1716 wird der Kammerdiener Thomas Streit mit Mehrow belehnt. Nach seinem Tode folgt ihm sein Stiefsohn, der Hofrat Laging, von dem 1726 die Witwe das Gut erbt. 1750 geht es auf den Amtsrat Jeckel über, der es 1764 für 26.000 Taler an den Kriegskommissarius Lehr verkauft. 1773 erwerben die Kriegsrat Olandschen Eheleute das Gut. 1782 die Oberhofmeisterin Oranie Luise von Keith, ihr folgt der Kammerherr Freiherr von Keith, von dem es im Jahre 1816 der Gutsbesitzer Luther erhält. Von 1856-1883 ist Martin Heyse Besitzer des inzwischen landtagsfähig gewordenen Rittergutes. Er legt das Vorwerk Trappenfelde an. Bei der Versteigerung im Jahre 1884 wird das Gut der meistbietenden Ritterschaftsbank zugeschlagen. Von ihr kauft es im Jahre 1900 der Fabrikant Robert Stock. Durch ihn erfolgt 1911 der letzte Auskauf eines Bauernhofes. Der Park und ein Teil des Waldes verdanken ihm seine Entstehung. Während Bratring 1805 nur 50 Morgen Holz angibt, bedeckt der Wald heute über 600 Morgen. Nach Stocks Tod 1912 waren die beiden Töchter Erben des Gutes, von denen die spätere Frau Bothe das Gut bis zum Jahre 1937 behielt.

     Waren im Jahre 1624 in Mehrow noch 9 Bauern und 3 Kossäthenstellen, außerdem zwei andere Personen, zusammen 92 Einwohner, so verzeichnet Bratring 1805 5 Ganzbauern, 1 Ganzkossäten, 3 Einlieger, Schmied, Krug, insgesamt 13 Feuerstellen mit 111 Seelen. 1856 waren noch 4 Bauern vorhanden, außerdem 58 andere Personen. Die Zahl der Wohnhäuser betrug 26, die Zahl der Einwohner 246. Seit 1911 gab es nur noch 3 Höfe im Ort und die Einwohnerzhal betrug in den letzten Jahrzehnten wenig über 300.

     Das Jahr 1937 brachte in der Entwicklung von Mehrow die große Wende: aus dem Gutsdorf wurde wieder ein Bauerndorf. Das 3200 Morgen umfassende Rittergut wurde parzelliert und von SS-Männern besiedelt. Den größten Teil des von Martin Heyse im vorigen Jahrhundert angelegten Vorwerkes Trappenfelde erwarb der Polizeipräsident von Berlin, Graf von Helldorff. Aus dem Stammgut und dem Rest von Trappenfelde wurden 12 Bauernstellen von 70-100 Morgen, zwei größere und ein Restgut von 400 Morgen gebildet und 3 Siedlerstellen für Handwerker errichtet, insbesondere für Schmied und Stellmacher. Die neuerbauten Höfe liegen sämtlich in der Feldmark bei ihren Äckern. Die Zahl der Einwohner hat sich trotz des Zuganges nicht geändert, da auch Gutsarbeiter und -angestellte Mehrow verlassen haben; Sie beträgt gegenwärtig 330.

     Die Pfarre war im Mittelalter Filial von Blumberg und wurde im 18. Jahrhundert mit der von Ahrensfelde, ebenso wie Hönow, vereinigt. Ein Schulhalter wird erstmals 1787 gemeldet. Das jetzige Schulhaus stammt aus dem Jahre 1859 und hebt sich von anderen Schulhäusern gleichen Alters wohltuend ab. Die Schule ist einklassig.

Wilhelm Ode

Quelle: "Zwischen Schorfheide und Spree", Heimatbuch des Kreises Niederbarnim
Herausgegeben von Landrat Dr. M. Weiß und Max Rehberg
Brunnen-Verlag / Willi Bischoff / Berlin, 1940, Seite 458 f.