Daß die Zustände an der Mehrower Schule nicht allzu rosig waren, belegen die

Sonderakten betreffend die Schulgebäude und die Schulverwaltung in Mehrow
Vom Januar 1924 bis Dezember 1941

(Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, HA X Pr.Br.Rep. 2A II NB Nr. 1384).

Dort heißt es in einem Schreiben der Kreisschulinspektion an die Regierung:

Kreisschulinspektion Berlin-Land No. 79
Charlottenburg 11.2.1927

An die Regierung Abt. II Potsdam

Betrifft die geradezu unglaublich skandalösen Zustände auf dem Schulgelände in Mehrow

...

Ich habe gestern die Schule in Mehrow revidiert und was ich dort vorgefunden habe, spottet jeder Beschreibung.

Ich bin 14 Jahre lang Kreisschulinspektor in der verrufenen "Polackei" gewesen, aber einen derartigen Zustand auf einem Schulgrundstück hätte ich mir dort nicht im Entferntesten träumen lassen.

Was ich auf anliegender Skizze rot eingezeichnet habe, ist stinkende Schweinejauche, und wäre der Boden nicht gefroren gewesen, so hätte ich nicht in die Schule gelangen können

Der mit A bezeichnete Dunghaufen, zum Schweinestall des Rittergutes gehörig, ist von einem Jaucheteich B umgeben; die Jauche fließt ungehindert in den Holzstall, der ca. 50 cm tief unter Jauche steht; das Schulholz schwimmt in der Jauche; ein Brettersteg führt zum Holzstapel.

Der Schulhof, an der Stelle zugleich Zugang zum Klassenzimmer, ist überschwemmt; die Schweinejauche ist in der die Kloakengrube des Aborts gedrungen und spült die menschlischen Fäkalien heraus; der Turn- und Spielplatz ist ein See von Jauche. Bei Tauwetter kommen die armen Kinder mit jauchedurchtränkten Strümpfen und Schuhen in die Klasse; Schuhe und Holzpantoffeln müssen am Ofen getrocknet werden, sollen die Kinder sich nicht erkälten; in der Pause können die Kinder nicht hinaus; der Gestank in der Klasse und auf dem gesamten Schulgehöft ist unerträglich.

Das alles ist die Folge davon, daß seinerzeit dem Rittergut Mehrow trotz des Protestes des Schulvorstandes und meinerseits der Bau des Schweinestalles neben der Schule gestattet wurde. Was wir Protestierenden damals befürchteten, ist zehnmal schlimmer eingetroffen, als von uns dargestellt.

Lehrer und Schulvorstand haben beim Landratsamt am 5. Januar d. Js. protestiert: das Landratsamt hat Abhilfe angeordnet: geschehen ist nichts!

Ich kann es mit meinem Gewissen nicht verantworten, daß durch solche "Schweinerei" im wahrsten Sinne des Wortes, die Gesundheit von Schülern und Lehrern aufs Spiel gesetzt wird und habe deshalb den Lehrer angewiesen, bei eintretendem Tauwetter die Schule solange zu schließen, bis der Skandal beseitigt worden ist.

Hoppe

(Anm.: Es war eigentlich überflüssig, die dem Schreiben beiliegende Skizze zu kopieren: Darauf ist fast die gesamte Freifläche des Schulgeländes rot markiert, d.h. mit Jauche bedeckt ...)

Außer reichlich Schriftwechsel in dieser Sache ist aber wohl nicht viel passiert, denn datiert vom 13.1.1931 findet sich ein Gesuch des Elternbeirates der Schule zur Verbesserung der Umstände und am 19.1.1931 fand in dieser Angelegenheit eine Ortsbegehung mit Herrn Major Ruperti als Vertreter der Gutsherrschaft statt.

Den kompletten Schriftwechsel finden Sie in der Rubrik "Mehrow im Staatsarchiv" unter "PrBrRep 2A II NB 1384" und eine Zusammenfassung in der Rubrik "Geschichte von 1900 bis 1945" unter "Schweinestallneubau".