Die
Mark Brandenburg
im Jahre 1250

oder
historische Bescheibung
der Brandenburgischen Lande und ihrer politischen
und kirchlichen Verhältnisse um diese Zeit,
eine
aus Urkunden und Kroniken [!] bearbeitete
Preisschrift
von

Dr. Adolph Friedrich Riedel.
Zweiter Theil.
Beschreibung der politischen und kirchlichen Verhältnisse der
Mark Brandenburg.

Berlin.
Bei Ferdinand Dümmler.
1832.

Inhaltsverzeichnis
Uebersicht des Inhalts vom zweiten Theil.
I. Vom Ursprunge der Bewohner der Mark Brandenburg S. 3.
1. Wenden oder Slawen S. 5.
2. Sachsen S. 40.
3. Niederländer S. 48.
II. Standesverhältnisse [S. 57].
1. Von den Markgrafen S. 57.
2. Vom hohen Adel S. 126.
3. Vom niedern Adel S. 142.
4. Von den Bauerndörfern u. dem Bauernstande S. 192.
5. Von den Städten und den Städtebewohnern S. 289.
III. Von den Land- und Stadtrechten S. 358.
IV. Gerichtswesen S. 390.
1. Das Hof- oder Kammergericht S. 406.
2. Das Land- oder Vogteigericht S. 430. ...
3. Das Stadtgericht S. 502.
4. Das Dorfgericht S. 527.
5. Die Appellation S. 547.
V. Kirchliche Verhältnisse [S. 555].
1. Kirchliche Eintheilung S. 555.
2. Von den Bistümern und Kapiteln S. 566.
3. Von den Klöstern S. 576.
4. Von den Pfarren S. 594.
5. Von den Einküften und dem Vermögen der Kirche überhaupt S. 602.
6. Von den auf dem Vermögen der Kirche haftenden Lasten und ihrer Befreiung von denselben S. 615.
Sachregister S. 629.
Urkunden-Anhang. Nachricht an die Leser S. 644.


Zwischentitel
Historische Bescheibung
der
politischen und kirchlichen Verhältnisse
der
Mark Brandenburg
um die Mitte des 13. Jahrhunderts.

S. 3
I. Vom Ursprunge der Bewohner der Mark Brandenburg

S. 3
Die Bewohner der Mark Brandenburg waren um die Mitte des 13ten Jahrhunderts eine Mischung von Slawen, Sachsen und Rheinländern. ... Alten Sagen zufolge haben sich in ihm auch einige Familien befunden, die ursprünglich aus Schwaben stammten, welches Land für die Urheimath des markgräflich-Ballenstädtischen Geschlechtes gehalten wurde [1].
S. 3

S. 3
[1]: ... Under den vrien herren sint suauee: de von hekeborne, de von gneiz, de von muchele. Vnder des rikes scepenen sint suavee: de von trebüle, de von edeleresdorp (wahrscheinlich Elversdorf bei Tangermünde), hynrik, Judas von Snetlingen, de voget albrecht von spandowe, vnde alueric und conrad von Snetlinge, vnde scrapen von meringe, Heidolues kindere von wynynge, vnde von Sedorp; dit sint alle suavee. Sachsenspiegel, Homeier's Ausg. S. 13. Der Name Schwaben bezieht sich zunächst auf den Schwabengau, eine Landstrecke, südlich von Magdeburg, welche von der Bode bis zu deren Einfluß in die Saale, von diesem Flusse fast bis Wettin herauf begrenzt ward; ...

S. 5
Zur Bestimmung des urgeschichtlichen Verhältnisses des Slawischen Volkes, welches zur Zeit seiner Blüthe einen beträchtlichen Theil Europa's herrschend und dienstbar überdeckte, hat die Wissenschaft der Geschichte noch keineswegs genügende Ergebnisse aufzuweisen.

S. 6
Ein Theil von ihnen, welcher Venden, Wenden, Winden oder Slawen genannt ward, hatte seit der ältesten bekannten Zeit den Nordosten von Europa inne.

S. 15
Die östlich von der Elbe durch die Markgrafen der Altmark auf friedsamen Wege erworbenen Länder sowohl, wie die, welche sich hier mit gewaffneter Hand unterwarfen, waren, wenngleich schon lange mit bedeutenden Sächsischen Kolonien versehen, doch größtentheils noch von Wenden oder Slawen bewoht. Sie gehörten zu dem Hauptstamme der Wilzen oder Lutizier, welcher sich ... durch eine vorzügliche Tapferkeit und Freiheitsliebe auszeichnete, und bildeten unter den Namen Brizaner, Haveller oder Stoderaner, Wiliner (?), Ukrer u. s. w. einelne Abtheilungen desselben.

S. 22 (Fußzeile)
Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts ist dennoch [obwohl der Barnimsche Kreis geklagt hatte, "weil seine Hufen gegen die übrigen Kreise zu klein und von schlechter Beschaffenheit seyen"] der größte Theil der auf Grundstücken ruhenden Laste nach der Hufenzahl geleistet worden. Erst Verordnngen aus dem Anfange des 18ten Jahrhunderts setzten ein durchgängig gleiches Maaß für die Hufen der Kurmark fest, nämlich, daß jede Hufe 30 Morgen á 180 Q[uadrat]Ruten, á 144 Q[uadrat]Fuß enthalten sollte. [Mathis a. a. O. S. 284]

S. 29
... Von ihm [dem Besitzer eines bei Stendal belegenen Bauergehöfts] mußte wenigstens um diese Zeit [1375] eine Abgabe, nämlich das Versengeld oder die Versenpennige entrichtet werden, welche nach dem Ausspruche des Verfassers des Sächsischen Landrechts, der Erzbischof von Magdeburg von seinen Wendischen Dienstmannen zum Zeichen der Eigengehörigkeit erheben ließ.

S. 57
II. Standesverhältnisse

S. 76/77
Die Rechte der Markgrafen in ihrem Lande waren sehr groß, und viel größer, wie sie dem meistebn Deutschen Fürsten um diese Zeit zustanden. Es gab wenigstens am Ostufer der Elbe gar kein freies Eigenthum eines Privat-Mannes, sondern alle ihre Unterthanen waren zu Zinszahlungen oder Diensten für das Land, es sie bauten oder bewohnten, verpflichtet. ... Auch alle sogenannten Regalien besaßen sie, wenigstens im 13ten Jahrhundert ohne Einschränkung, wie a) das Recht, Gold-, Silber- und Eisen-Werke zu haben oder irgend ein anderes Metall zu bearbeiten, oder b) Salinen anzulegen, ferner c) das Recht der Münze, d) die Nutzung von Flüssen und Heerstraßen, und e) Zöllen und Steuern.

S. 92
Hof- und Staatsämter waren gar nicht von einander geschieden: denn die Inhaber der erstern übten auf die markgräfliche Regierung den größten Einfluß, auch waren sie häufig zugleich Richter der Vögte auf dem Lande. Als bloße Hofbeamte war unter ihnen die Aufsicht über den ganzen Haushalt des Markgrafen geteilt. Der Trugseß, der bei feierlichen Gelegenheiten die Speisen auf seinen Tisch zu setzen hatte, führte die Oberaufsicht über das ganze Tafelwesen und Alles, was zur Bereitung von Speisen diente, über Vorrathsgewölbe, Niederlagen der Naturalien, welche seinem Herrn geliefert wurden u. dgl. Der Oberschenk hatte ihm bei Tafel das Getränk darzureichen und die damit verbundene Aufsicht über herrschaftliche Keller, Weinberge, Meth- und Bierbrauereien und Fruchtböden. Der Marschall führte seinem Herrn das Pferd vor, wenn er ausritt, trug die Sorge für seine Reisen und beaufsichtigte die Futterböden und die Rüstkammer; und der Kämmerer, welcher dem Markgrafen das Festkleid anlegte, hatte zugleich die Aufsicht über seine Wohnung und die gane niedere Bedienng innerhalb derselben, war Oberempfänger aller baaren Gefälle und Vorsteher der Schatzkammer.

S. 94/95
Außer von den Orten und Distrikten, welche schon die Deutschen Könige an die Bisthümer überlassen hatten, stand den Markgrafen ... der Genuß fast aller grundherrlichen Rechte zu, unter denen besonders das Hebungsrecht der Ackerpacht, welche die gemeinen Dorfbewohner zahlten, ein sehr einträgliches war. An gewissen Orten ward es wohl den edlen Slawen gelassen, welche in die Lehnsabhängigkeit der Markgrafen übertraten, wenn sie es früher besessen hatten, an vielen andern ward es den Deutschen Edlen verliehen, welche sich in den neuen märkischen Landen niederzulassen wünschten. Diese Abtretung eines außerordentlichen Einkommens, worüber die Disposition sonst dem Landesherrn zuständig geblieben wäre [das Hebungsrecht der Ackerpacht], war der Kriegsdienste halber Nothwendig, für deren Leistung die Edlen ihre Lehen erhielten. Doch häufig verschenkten an geistliche Stifter oder verpfändeten und verkauften die letztern an reiche Bürger Theile oder das ganze dieses Lehns, wonach nun kein Lehndienst mehr davon geleistet ward. Die Markgrafen ließen sich gewöhnlich und besonders gegen eine gegenwärtige Schadloshaltung in baarem Gelde zur Genehmigng solcher Handlungen leicht bewegen, und überließen auch selbst zum Besten ihrer Kasse an städtische Gemeinden und einzelne Bürger eine Menge von Lehngütern, um von den baaren Geldsummen, welche Ihnen dafür gezahlt wurden, gerade vorhandenen Bedürfnissen zu genügen. Doch zu irgend einer Zeit mußte der Lehndienst von ihnen oder ihren Nachfolgern wieder hergestellt werden, was dann selten anders erreicht werden konnte, als dadurch, daß sie Theile von dem ihnen noch übrig gebliebenen Ländereien zur Bildung von Rittersitzen hergaben, wodurch der Ertrag ihrer Znseinnahme von dem platten Lande, besonders in der zweiten Hälfte des 13ten Jahrhunderts, sehr zusammenschmolz.

S. 118
[Nach der Zahlung einer Bede zur Wiedereinlösung der Lausitz versprach Markgraf Ludwig dem Adel, den Bürgern und den Bauern der gesammten Markgrafschaft] .., er wolle eine Zahlung der Art nicht wieder verlangen, als in drei Fällen, wovor Gott sie behüten möge, wenn er nämlich gefangen genommen werden sollte von seinen Feinden, diese sein Land einnehmen würden, oder wenn er die Kosten eines sehr wchtiges Krieges nicht vermögen sollte zu bestreiten. Diese außerordentliche Bede nannte man bald Landschoß bald Landbede, welches in Urkunden für gleichbedeutend erklärt wird; im Landbuche wird sie (S. 14.) auch Steuer genannt. Der [regelmäßig zu zahlende] Bedezins wird dagegen bisweilen bloß Bede, im Gegensatze zu einer Lehnbede, Erbbede, in den Städten häufig Orbede, Urbura ec. und bisweilen bloß Zins geheißen.

S. ??
Die adligen oder bürgerlichen Gutsbesitzer konnten eine Lehnbede fordern. An ihre Stelle trat vermutlich die Lehnware, die "zum Geschenke" bar entrichtet wurde.

S. 143/144
Zwar theilten beide [Stände des niederen Adels] schon immer den Vorzug der Zinsfreiheit, das Recht Lehen zu besitzen, ohne dafür dem Lehnsherrn im baaren Gelde Vergütung leisten zu müssen, und beide waren demselben zur Leistung von Kriegsdiensten verpflichtet. Aber Verwaltung von Hof- und Ehrendiensten ... lag noch während des 12ten Jahrhunderts den Ministerialen fast ausschließlich ob. Sie waren entweder Trugseß, Schenk, Kämmerer, Marschall oder Jäger und vererbten die ihnen als solchen zukommenden Amtsverrichtungen am Hofe mit dem dafür gereichten Lehn auf ihre Nachkommen.

S. 151
Die ersten Ministeriale [niederer Adel, als Trugseß, Schenk, Kämmerer, Marschall oder Jänger in Diensten des Markgrafen], welche in der Mark Brandenburg ausdrücklich als solche kundgemacht werden, gehörten den edlen Geschlechtern von Ploke, von Schneidlingen (1150), von Tangermünde, von Eichstädt (1162), von Salzwdel, von Mahlsdorf (1184, 1188, 247), von Osterburg (1188) und von Gardelegen (1196) an; ...

S. 154 (Anmerkungen)
Ungefähr folgende Personen erblickt man bis zum Abgange der Anhaltinischen Markgrafen im Besitze von namhaften Hofämtern. ... Als Schenke: 1263, 1264: Heinrich und Alverich.

S. 157

S. 157
Es scheinen daher nur Burg- und Mannlehen hier ertheilt worden zu seyn, wodurch diejenigen Glieder ursprünglicher Ministerialgeschlechter, denen es frei stand, sich hierher zu begeben, unter welchen sich viele befanden, deren Eltern und Geschwister eigenbehörige Dienstmannen anderer Höfe, einige des Markgrafen Albrecht selbst, doch in anderen Gegenden waren (wie die von Schneidlingen [1]), völlige Freiheit erlangten.
Anm.: [1] Egholf von Schneidlingen war 1150 Ministerial des Markgrafen Albrecht I. ... Aus diesem Geschlechte war der Vogt Albrecht von Spandau, der in der ersten Hälfte des 13ten Jahrhunderts häufig vorkommt.

S. 159
Fast gänzlich verschwand in der Mark der Unterschied zwischen eigengehörigen und freien Edlen, seitdem ein Ehrenstand beide Klassen vereinigte, welchen man nach dem gewöhnlichen Kriegsdienste zu Pferde den Ritterstand nannte. [Die Ritterwürde wurde ursprünglich nur jenen zuteil, die "durch den heiligen Kampf am Grabe Christi" geprüft wurden.]

S. 160
... Im Anfange des 13ten Jahrhunderts wird auch in der Mark Brandenburg der Ritterstand als eine geschlossene Ordensbildung sichtbar, deren Glieder sich innerhalb weniger Jahre außerordentlich vermehrten.

S. 163
Das Lehn, was man im 13ten Jahrhundert für einen Ritter für nothwendig ansah, bestand aus höchstens 6 Hufen, während sein Gefolge aus 3 bis 4 berittenen Persnen bestand. Für einen Knappen hielt man ein Ackerwerk nothwendig, was höchstens 4 Hufen enthielt, und in seinem Gefolge pflegten sich 2 bis 3 Pferde zu befinden. Dies Lehn der Ritter und Knappen diente aber in späterer Zeit den meisten Edlen nur zur Unterhaltung der Wirthschaft, wozu es weniger baarer Ausgaben bedurfte; außerdem besaßen viele von ihnen mehr oder minder beträchtliche Geld- oder Naturalienhebungen von anderen Ländereien, wodurch sie ihren Unterhalt hatten.

S. 170
Zu den vorzüglichen Rechten, die sich Ritter und Knappen so zu verschaffen suchten, gehörten die Gerichte, entweder über die eigenen Ritter- und sonstigen Lehngüter, oder über fremde Besitzungen, welche die Grundbesitzer sowohl ihrer Einträglichkeit halber, als wegen des sonst aus der Ausübung der Rechtspflege für sie erwachsenden höhern Ansehens und Einflusses auf ihre Hintersassen sehr erstrebt zu haben scheinen.

S. 173
Rittergüter waren die Hufen, welche den Vasallen in ihrer militärischen Eigenschaft als Rittern oder Knappen zukamen, ursprünglich beigelegt waren, ... Hiefür waren sie verpflichtet, den Lehndienst zu thun, der Vasallen-, Mann-, Roß- oder Wapendienst genannt wird, anstatt dessen Personen vom Bauernstande für ihre Hufen den Bede und Zins zahlten.

S. 174
Wie oft ein solcher Lehndienst von den dazu verpflichteten Edlen geleistet werden mußte, war nicht bestimmt; sie mußten sich nach jeder dazu geschehenen Aufforderung bereitwillig einfinden, und wenn Jemand dieser Pflicht zu genügen unterließ, wurde er mit einer Strafe von 3 Pfunden Silber belegt.

S. 176
Der Zehent, den man bestimmter mit dem in märkischen Urkunden üblichen Worte Pacht benennt, war in der Mark nur kurze Zeit eine der Geistlichkeit zu entrichtende Abgabe, bald kam das Hebungsrecht derselben ganz an die Margrafen; ...

S. 177
Zuletzt waren diese Edlen wegen ihrer militärischen Eigenschaft noch von Brücken- und Wegezöllen ganz frei. Auch Alles, was sie für ihren Haushalt bedurften, war mit keiner Zollabgabe beschwert; untersagt war es ihnen dagegen Handel und Wandel zu treiben gleich den Bürgern.

S. 191

S. 190/191
Viele von den Gliedern alter Sächsischer Familien, welche im Magdeburgischen, im Anhaltinischen, in der Altmark etc. ihre Stammgüter hatten, ... scheinen ihre hier errichteten Wohnsitze nach jenem Stammhause benannt, und so den alten Beinamen nicht verändert zu haben. Andere aber, die hier keine Orte neu anlegten, sondern in schon bestehenden, anders benannten Orten sich niederließen, nahmen hievon [!] einen neuen Namen an, und so wurden sie Stifter neuer Familien. Sehr selten waren die Fälle, daß Edle, wie die von Schneidlingen, trotz des veränderten Wohnsitzes, die Bezeichnung nach jenem Stammsitze beibehielten.

S. 200
[Neugründung von Dörfern:]

Der zukünftige Schulze des Dorfes entrichtete dem Herrn, von dem er das Feld zur Gründung des Dorfes erhielt, in Kaufgeld von sehr verschiedenem Betrage, was aber immer so bedeutend war, daß man daraus schließen muß, es habe der Schulze nun auch die einzelnen Theile des Dorfes und seiner Feldmark an die Bauern für einen möglichst hohen Preis, der ihm zur Schadloshaltung diente, wieder verhandelt. Für sich erhielt er immer ein Freigut bestimmter Größe, zum erblichen Besitze neben seinem Amte, und es wurden durch ihn alle Bauern des Dorfes zur Entrichtung eines Zinses, der im Voraus bestimmt ward, nach Ablaf der etwaigen Freijahre, dem Grndherrn verpflichtet, für welchen er diesem der Bürge war.

S. 200/201
Durch markgräfliche Vögte wurde wahrscheinlich das Gebiet der Markgrafschaft anfänglich vermessen, und in Villen, Dörfer oder Marken getheilt. Diese bestanden aus Hufen (mansi), und die letzteren aus Morgen (jugera). Der Ausdruck Villa bezeichnet bald bloß eine Feldmark, bald das Dorf mit der Feldmark, bisweilen aber auch ein Dorf ohne Feldmark, wenigstens ohne ordentliche Hufen, was sonst Vicus hieß. Die Villa führte den Dorfnamen, doch waren in ihrem Umfange bisweilen auch Villulae, und einzelne Curiae belegen, welche besondere Namen trugen. Die Villen waren durch Erdhügel, Steine und sogenannte Malbäume begrenzt; den Platz, worauf in ihr das Dorf stand, nannte man bisweilen Area. Sonst hießen auch die einzelnen Gehöfte desselben Areae oder Curiae.

S. 201
Die Zahl der Hufen, welche man zu einer Villa vereinigte, war ganz unbestimmt und nach Umständen sehr verschieden. Am Gewöhnlichsten bestand ein Dorf aus 40 bis 60 Hufen, besonders in der Altmark und im Havellande. Im Teltow und Barnim sieht man in dieser Beziehung die größte Mannigfaltigkeit, ... [Beispiel: Arnsfelde mit 71 Hufen]

S. 207
In vielen Dörfern gehörte nach dem Landbuche zum Schulzenamt das Krugrecht, welches jedoch nicht häufig von den Lehnschulzen selbst, sondern gewöhnlich durch einen eigenen Krüger ausgeübt ward, der dem Schulzen eine Art Lehnware beim Antritt des Kruges, oder jährliche Abgaben davon entrichtete.

S. 208
Zu dem Kriegsdienste mußten die Lehnschulzen durch Stellung eines Lehnpferdes beitragen, und weiter hatten sie keinen Dienst zu leisten. Der Werth des Pferdes war bald auf 1, bals auf 2 oder 3 Mark festgesetzt.

S. 215 (Anmerkungen, lateinisch)
Landbuch, S. 62. ... Tiloni Bruggen ...

S. 217/218
Den Lehnschulzen ihrem Verhältnisse nach am Nächsten standen die Lehnbauern, welche, wie die erblichen Familien der ersteren, meistens den Namen Schulze trugen, fast allgemein den Familiennamen Lehmann erhielten.

S. 225
In neuerer Zeit hat man sie [die Bauergutsbesitzer] nach der Größe ihrer Besitzungen in verschiedene Klassen, Ganzbauern, Dreiviertelbauern und Halbbauern geteilt; denn vom Anfange an findet sich, da man die Ländereien eines neuen Dorfes keineswegs in bestimmte Bauernstellen im Voraus eintheilte, oder darauf sah, daß eine gewisse Gleichheit des Besitzes zwischen den künftigen Bewirthschaftern desselben eintretwn mögte, sondern es allem Anscheine nach ganz der Willkühr des Schulzen überließ, in welcher Größe er die einzelnen Gehöfte austhuen wollte, im Umfange derselben die größte Verschiedenheit, indem, während es welche gab, die an 8 Hufen enthielten, andere aber nur eine halbe Hufe besaßen. Doch waren 2 bis 3 die gewöhnliche Zahl der Hufen, welche ein Bauer bewirthschaftete.

S. 227
Die sonstigen Dienste, wozu die märkischen Bauern allgemein verbunden waren, wurden nur in Bezug auf das Kriegswesen, entweder zur Landesbesfestigung oder zu einem Feldzuge gefordert, und jener daher der Bugdienst oder das Burgwerk, dieser der Heerdienst genannt.

S. 234
Die Bewohner des Dorfes Blumberg hatten im 15. Jahrhundert alljährlich 12 Tage dem Bischofe von Brandenburg, der nach dem Lanbuche das Servitium curruum hier besaß, den Dienst zu leisten, ...

S. 236
[Spätere Fürsten zwangen die Unterthanen, in geringem Maaß wieder den Wagendienst zu übernehmen.]
So muß es z.B. beim Dorfe Blumberg im Barnim der Fall gewesen seyn, worin nach dem Landbuche der Bischof den Wagendienst und jede Art von zu leistenden Diensten besaß, ...

S. 239
Wie der Feldzehnte eigentlich in dem zehnten Theile des ganzen Ertrages der jährlichen Erndte von den Früchten des Feldes, so bestand der Fleischzehent, der auch schmale oder kleine (minuta) genannt wurde, in dem zehnten Theile des im Jahre jung gewordenen Schlacht-Viehes; doch wurde derselbe an den meisten Orten gleichfalls in eine bestimmte Abgabe verwandelt, und hieraus entstanden nun die Hühner- [2], Ochsen-, Kühe-, Kälber-, Hammel, Ferkel- und Eier-Lieferungen, welche die Bauern hie und da an die Inhaber des Zehntenrechtes zu leisten hatten.

[2]: Diese Hühner pflegte man Rauchhühner zu nennen, indem von jedem Rauchfange oder von jeder Feuerstelle gemeiniglich ein solches entrichtet wurde; ...

S. 240
... Hier [im Lande Sternberg] entrichtete ein anderes, kleineres Dorf auch Hammelgeld, und zu Bellingen in der Altmark wurden nach dem Landbuche Ferkelpfennige entrichtet, ..., so wie in Lebusischen Dörfern Ochsengelder gezahlt wurden. Auch die Flachs-Pfennige, ... waren ... sicherlich deselben Art, ...

S. 241
Ackerzins, Dienst, Bede und Zehent waren also die gewöhnlichen Obliegenheiten der Bauern in der Mark und mit Ausnahme wirklicher Frei- und Lehnbauern war keiner davon ledig.

Meyen-, Meyge-, Meypennighe [Pacht für die nutzung brach liegender Hufen]
Die Dickpennige waren schwerlich etwas Anderes als jährliche Abgebe für die Benutzung von Fischteichen, ...
Holt- und Holtzpennighe [für den Holzbedarf]

S. 246
Die Swaluenpennige [für die Nutzung von Birkenwaldungen], welche wohl von den Schwalben den Namen, und auf die Wohnungen Bezug hatten, so wie die Frankenpennighe, ..., kommen nur in diesen einzigen Fällen vor.

Heidezind und Heidehafer [für das Hütungsrecht in den großen Heiden]

S. 247
[Swinpennighe = Schweinezehnten]
Müntepennige oder obulos [von jeder Hufe]
Allgemeiner war in der Zauche jene Mandelabgabe in Getreide [Mandelkorn = eine bestimme Anzahl Mandel Getreide je Hufe]

S. 248
... bei Ziesar wurde ein halber Scheffel Rocken und eben so viel Hafer unter dem Namen Hundekorn an den Markgrafen ... entrichtet.

S. 249
Zuletzt verdient noch unter den zufälligen Abgaben der Bauern die sogenannte Ober- oder Auerpacht Erwähnung, welche nichts Anderes war, wie eine jährliche Leistung verschuldeter Bauern an die Gläubiger, welche sie auf ihre Hufen namen, und die mit Abtragung der Schulden wieder wegfiel.

S. 250
Alle übrigen Dorfbewohner, außer den hier erwähnten Besitzern von Bauergütern, von denen sich sämmtlich zunächst durch die Verpflichtung zu persönlichen Handdiensten verschieden waren, die man heute als Ganzkossäten, Halbkossäten, Hausleute und Einlieger, mit keineswegs sehr bestimmten Namensbegriffen, bezeichnet, ...

S. 251
Unter eigentlichen Kossäten im heutigen Sinne können wir nur diejenigen Landwirthe verstehen, welche ein Ackerwerk besitzen, was zu klein ist, um Wagendienst zu leisten, dennoch aber mehr einträgt, wie der Kossät zu seinem Unterhalt bedarf, weshalb er davon Zins und andere Abgaben entrichten und Handdienste leisten muß. Die Büdner und Käthner nahmen größtentheils wohl erst in späterer Zeit ihren Ursprung; ... Dagegen treten Hausleute und Einlieger deutlich hervor, worunter wir solche Personen des Bauernstandes verstehen, die nur Wohnungen ohne Ackerland, bisweilen mit ganz kleinen Gärten oder Worthen besaßen, wovon die ersten gewöhnlich bloß Dienste, die letztern sehr geringe Abgaben leisteten.

S. 252

S. 252
Im Havellande sondern sich einige Kossäten durch die Höhe ihrer Abgaben so sehr aufallend von andern ab, daß auch hier nur die Annahme gelten kann, sie seyen im Besitze bedeutender Ackerwerke gewesen. ... Fast eben so beträchtliche Abgaben von Kossäten findet man im Barnim, worin z.B. zu Mehrow das Landbuch 3 Personen mit diesen Gesammtnamen bezeichnet, von denen einer 8, der andere 7, der dritte nur 1 Schilling und 3 Hühner zu entrichten hatte. Der letztere war wohl nur ein Einlieger, während die ersten diejenigen Ländereien besitzen mogten, die der jetzt zu Mehrow befindliche Ganzkossäte inne hat. [Landbuch S. 71]

S. 257
In den Jahren, worin das Landbuch ausgefertigt ist, waren war in Folge kurz vorhergegangener Kriege überhaupt viele Dörfer und Höfe wüst, aber hauptsächlich entbehrten die kleinen Kossätenstellen ihre Bewohner, obgleich doch diese verhältnismäßig gewiß am Wenigstens durch ie Kriege gelitten hatten.

S. 269
Unter den Kossäten verdienen zuletzt noch die Krüger Erwähnng: denn es gab gleich mehrere Fälle, daß Krüger Inhaber von einer oder meheren Hufen und damit zugleich Bauern waren, so gehört dieses jedoch zu den Ausnahmen, die durch besondere Umstände herbeigeführt wurden. Nicht in jedem Dorfe befand sich ein Krüger, sondern wie es noch jetzt der Fall ist, waren in manchen Dörfern mehrere Krüger, ..., in den meisten war einer, in vielen Dörfern gar kein Krug vorhanden. Die Abgaben der Krüger in Bezug auf das Krugrecht sieht man sehr verschieden. Manche Krüge waren ganz frei, indem sie entweder nicht mehr eintrugen, wie grade zu ihrem Bestehen nothwendig war, zu einem freien Besitz erkauft waren, oder auch dem Schulzen angehörten, un zu seinem Vortheile verwaltet wurden. ... Von anderen Krügern wurden sehr geringe jährliche Abgaben entrichtet, ... Bisweilen bestanden auch die Abgaben der Krüger nicht in baaren Zahlungen, sondern in Lieferungen z. B. von dünnem Bier oder Kofent und von der Seihe oder Träber, ...

S. 296
Doch der Marktflecken ... Blumberg [scheint zu nahe] bei Alt-Landsberg gelegen zu seyn, als daß man es für heilsam hielt, diese ud manche andere Flecken mit städtischen Rechten zu versehen. [siehe auch Anm. auf S. 304/318: 'Flecken Blumberg' im Landbuch auf S. 76/75]

S. 341
Das Wörtchen "von" (de) war jedoch damals kein ausschließlich einen Adligen bezeichnendes Attribut. Bürger und Bauern führten den Namen von ihrem Wohnsitze oder von ihrer Heimath mit eben dem Rechte, wie der freie Edle und Ministerial.

S. 353/354
Wie weit es den Landbewohnern schon im 13ten Jahrhundert verboten seyn mogte, städtische Gewerbe zu treiben, ist uns unberichtet geblieben. Es steht jedoch zu vermuthen, daß es ihnen nicht in den Sinn kam, den Ackerbau damit zu vertauschen, und daß es deshalb damals noch keines Verbotes bedurfte. Dies erging zuerst, als die Landbewohner anfingen, aus ihrem Korn Malz zu machen, um es so vorteilhafter zu verkaufen, dem von den Markgrafen Einhalt geboten ward. Den Krügern aber scheint es auf dem Lande unverwehrt gewesen zu seyn, nach Belieben zu malzen, zu darren und zu brauen: denn gewiß waren alle, wenigstens die meisten alten Krüge der Mark Brandenburg nicht bloß Schank-, sonden auch Brau-Krüge.

S. 358
III. Von den Land- und Stadtrechten

S. 390
IV. Gerichtswesen

S. 448
Südlich von der eben erwähnten Vogtei [in Arneburg] war im viel kleineren Umfange diejetzige belegen, welche den Namen Stendal trug. Ihr stand im Jahre 1192 ein gewisser Heinrich, im Jahre 1233 Thegenhard vor, wahrscheinlich derselbe, der etwas früher Vogt in Salzwedel war, und diesem war 1281 Konrad von Snetlingen gefolgt.
[Beckmann, Thl. V, B, 1 Kap. II Sp. 190. Gercken's cod. dipl. Br. T. VIII, p.443]

S. 456
Aus dem Landrechte des Sachsenspiegels, welches zwischen 1215 und 1218 aufgezeichnet zu seyn scheint, erfahren wir von dem Vogte Albert von Spandau, daß er zu den Reichsschöpfern gehörte, daß er ein Schwabe war oder zu den Personen gehörte, die mit dem Markgrafen Albrecht I. sich aus dem Suabengau hierher begeben hatten, und daß er aus dem Geschlechte von Snetlingen oder Schneitlingen stammte.

S. 493
Auch die meisten Privatbesitzer des obersten Gerichtes standen in dieser Eigenschaft zugleich mehreren Dörfern vor, und einzelne besaßen diese Gerichtsgewalt über viele Orte, wie die von Rocow, von Gröben, von Selchow, von Lindow, von Britzke und andere.

S. 555
V. Kirchliche Verhältnisse

S. 610
Fünfzig Schillinge jährlicher Abgaben der Holländischen Kolonisten am Elbufer sollten zur Erleuchtug, theils zu Reparaturen kirchlicher Gebäude verwandt werden. Auch erhielten die Geistlichen wohl, wie das Hospital des heiligen Geistes zu Salzwedel, Vermächtnisse, davon stärkeres Bier zu trinken, um kräftiger zum Andenken ihres Wohlthäters, für dessen Seele singen zu können; ...

Quelle: Google Buch-Suche (http://books.google.com/books?id=WIYOAAAAYAAJ)