Wie schon mehrfach erwähnt, ist 1938 in Mehrow auf dem Gebiet des ehemaligen Rittergutes eine Siedlung errichtet worden, die vom "Rasse- und Siedlungshauptamt der SS" mit Neubauern aus den Reihen der SS besetzt wurde. Aus verständlichen Gründen sind diese Neubauern 1945, die letzten am 20. April 1945, als die Sowjetarmee bereits an der Autobahn und damit am Ortseingang stand, abgezogen, überwiegend nach Schleswig-Holtsein, wo viele von ihnen hergekommen waren.

So kennt hier kaum jemand im Ort diese Menschen und kann Auskunft über sie geben. Da fällt es einem schwer, sich ein Bild davon zu machen, wer hier wie in dieser Zeit gelebt hat. Neubauernsiedlung und SS-Siedlung sind zwei Begriffe, die sich für jemand, der weit nach dem Krieg geboren wurde, nur schwer zur Deckung bringen lassen.

Da ist s ein glücklicher Umstand, wenn einem Aufzeichnungen eines der ehemaligen Neubauern in die Hände fallen, die davon erzählen, wie er zur SS und schließlich hier auf eine der begehrten Neubauernstellen gekommen ist.

Wir wollen den Lebenslauf von Hans Husfeldt, den uns seine Tochter, Elke Böhm, freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat, hier unkommentiert und (mit Ausnahme der einleitenden Ausführungen über seine Vorfahren) weitestgehend ungekürzt wiedergeben.

Soll sich jeder selbst einen Eindruck verschaffen und eine Meinung dazu bilden.
Bild links: Hans Husfeldt mit Ehefrau Meta und drei der vier Töchter vor dem Eingang seines Neubauernhauses am Krummenseer Weg, vermutlich im Sommer 1943

Mehrow, den 10.1.42

Familienchronik

Falls meine Kinder bzw. Kindeskinder oder noch spätere Generationen, Interesse für Familie, Haus und Hof haben, so will ich den Werdegang unserer Familie in kurzen Zügen schriftlich niederlegen. Ich muss daher einige Jahre zurückgreifen, um ein klares Bild zu schaffen.

Durch die Machtergreifung der N.S.D.A.P. am 30. Januar 1933 kam unter anderem der Befehl einige Zeit später, durch den Reichsführer SS Himmler, dass jeder SS Angehörige seinen arischen Nachweis beibringen müsse. Durch Befolgung dieses Befehls, gelang es mir in jahrelanger Forschung in den Pfarrämtern bzw. Kirchenbuchstellen Näheres über unsere Vorfahren zu ermitteln. Gelang es mir doch bis 1780, teilweise noch weiter, den Nachweis unserer Ahnen zu erbringen. Beweisen uns die Papiere doch, dass der grösste Teil unserer Vorfahren Bauern oder bäuerlicher Abstammung sind.

Meine Vorfahren väterlicherseits sind aus Ditmarschen gekommen, während die meiner Mutter aus Angeln in Schleswig-Holstein nachweisbar sind. Die Vorfahren des Vaters von meiner Frau sind von der Insel Fehmarn, zum Teil als Bauern zum anderen als Handwerker (Goldschmiede) tätig gewesen, während die ihrer Mutter als Bauern oder Kätner gearbeitet haben. Nähere Angaben lassen sich aber erst von den Grosseltern machen. ...
...

Meine Kinderjahre verlebte ich teilweise bei Grossmutter Brommann in Bokel. Diese Zeit lebt heute noch in mir und ich muss sie als die glücklichste betrachten. Das Wohnhaus, eine alte mit Stroh gedeckte Räucherkate in der Nähe eines Fichtenwaldes, anschliessend die in unserer Heimat so anheimelnden Knicks, auf der anderen Seite der Strasse, saftige Wiesen mit dem eingebetteten Mühlenteich, dem das Wasser durch den durch die Wiesen sich schlängelnden Bach zugeführt wurde. Hier an dem Bach liegend, dem Spiel der Fische zusehen und sie fangen, das waren meine schönsten Stunden mit, oder im Walde zwischen hohen Kiefern aus dem Waldesdickicht die Hasen oder Rehe jagen, wohl später auch die Nester der Tauben, Häher oder des Habichts aufspüren, das war für mich eine glückliche Welt. Sollte ich zu gewissen Zeiten dann wieder zurück zu den Eltern, musste man mich mit List zurückbringen, erfuhr ich etwas davon vorher, so flüchtete ich mit Sicherheit in den Wald bzw. an den Bach und kam nicht zur Grossmutter zurück an dem Tage. Hier war doch alles so anders, als am Rande der Stadt. Hier bin ich wie aufgelebt, immer für mich und verschlossen. Ich kam in die Volksschule und die Jahre vergingen. In den Ferien bei Grossmutter fühlte ich mich aber noch immer am wohlsten. Der Krieg 1914-18 war bereits ausgebrochen. Die Erschwernisse in dieser Zeit waren nicht klein. Hat Vater doch für uns geschafft, damit wir satt wurden wie wohl wenig andere. Nach seinem Dienst an der Bahn ging er zu den Bauern und schaffte dort weiter, er brauchte nicht viel Schlaf.

Der Krieg ging auch mal zu Ende, aber anders wie wir alle erhofft hatten. ... Es kam das Jahr 1920 und ich mußte die Schule als 14 jähriger verlassen. Jetzt traf mich die Frage "was nun". Was aus mir werden sollte, hatte ich mir noch nie Gedanken gemacht. Vom Standpunt meiner Eltern sollte ich ein Handwerk erlernen und wählte das Tischlerhandwerk. Eine Lehrstelle fand sich bei einem kleinen Meister in Neumünster, Bodien, Schleusberg 8.

Mit der Zeit musste ich jedoch herausfinden, dass dieser mein Beruf mich nicht befriedete. Aus der im Winter äusserst kalten und im Sommer unerträglich heissen Werkstatt schweiften meine Gedanken immer häufiger aus diesen 4 Wänden hinaus in die freie Natur. Diese Gedanken wurden so mächtig, dass ich Vater bat nach 2 jähr. Lehrzeit, er möge mich aus der Lehre nehmen, ich wolle aufs Land. Entrüstet wies er das Ansinnen ab, sicher aus dem Bewusstsein, aus mir doch noch einen tüchtigen Handwerker zu machen. Er ahnte noch nicht, dass mir das Erdverbundene bereits tief im Blut lag, von ihm selbst ererbt. Meine 4 Lehrjahre musste ich in der Tischlerei durchmachen und bestand dann auch im April 1924 meine Gesellenprüfung mit dem Prädikat: Gut. Durch die Inflation in den Jahren war mein geringer Verdienst für meinen Vater auch nicht die geringste Hilfe. Wenn ich am Ende der Woche meinen Wochenverdienst erhielt, so war das Geld bereits entwertet und ich bekam keine Scheibe Brot mehr dafür. Es war also für Vater eine harte Zeit, seine siebenköpfige Familie durchzubringen, zumal es mit seinem Verdienst nicht besser ging.

Jetzt war ich Geselle und es hätte besser werden können. Doch war es damals so, dass fast alle, die ausgelernt hatten, mit ihrer Gesellenprüfung auch auf ihrer Arbeitsstelle entlassen wurden und sich in das grosse Heer der Arbeitslosen einreihen mussten. Und so blühte dieses Schicksal auch mir. 4 Wochen musste ich arbeitslos rumlaufen, dann hatte ich Glück, denn als Glück musste man es bezeichnen, wenn man nur die gewöhnlichste Arbeit verrichten durfte. Ich kam bei dem Reichsbahnausbesserungswerk in Neumünster als Arbeiter rein. Hier bin ich denn beinahe ein Jahr gewesen, davon 1/2 Jahr als Arbeiter und den Rest als Tischler.

Im April d.J. 1925 kam dann die Brüningsche Notverordnung, alles was im April 1924 angefangen war auf dieser Arbeitsstelle bzw. dieser Art im ganzen Reich musste entlassen werden. Wieder war ich arbeitslos und mit mir viele tausend andere im deutschen Vaterlande. Alles wiederte mich an. Wieder versuchte ich 4 Wochen lang nochmal Tag für Tag irgendeine Arbeit zu erhalten, alles umsonst. Das Heer der Arbeitslosen wurde mit jedem Tag grösser. Dann kam es auch zu Differenzen zwischen Vater und mir. Um alles aus dem Wege zu gehen, entschloss ich mich jetzt auch noch gegen den Willen Vaters aufs Land zu gehen. Ich ging jetzt vom Haus, versuchte aber nocheinmal in der Fremde mein Glück in meinem erlernten Beruf. Ich kam bis nach Herford in Westfalen. Doch die Not im deutschen Vaterlande war überall dieselbe. Nirgends war mehr Arbeit.

Ich kam zurück, um jetzt endgültig aufs Land zu gehen. Meine erste Stellung suchte ich mir bei Heinrich Staben in Dörpstedt bei Hohenwestedt. Ich wurde eingestellt als 2. junger Mann. Ein Jahr war ich dort, dann suchte ich mir einen neuen Platz bei Wilhelm Rohweder in Barlohe bei Hohenwestedt. Hatte ich auf meiner ersten Stellung 25 RM und freie Verpflegung erhalten, so bekam ich hier bereits 40 RM und alles frei. Meine Schaffenskraft wurde angeregt auf diesem Hof, gehörte ich hier doch mit zur Familie. Leider konnte ich hier auch nicht länger wie 1 Jahr bleiben, denn von den 4 Kindern kamen zwei im April des folgenden Jahres aus der Schule und da es nur ein Hof von 80 Morgen war, meine Kraft da wieder über.

Dann kam ich nach Ellerdorf bei Nortorf. Hier hatte Grossvater gewohnt und Vater bereits im Dorf gedient. Ich fand Stellung bei Markus Lembrecht, erhielt hier als Lohn 50 RM und alles frei im Monat. Der Bauer war aus dem Krieg 1914-18 als Schwerverwundeter zurückgekehrt und durch diesen Lungenschuss häufig krank, so dass die ganze Arbeit und Verantwortung zeitweise auf meinen Schultern lag. Das alles stärkte nur meinen Ehrgeiz und ich wollte auf jeden Fall unserem Namen, der dort im Dorfe bekannt, Ehre machen. Dementsprechend habe ich denn auch hier gearbeitet und diese Arbeit hat mich voll befriedigt nebenbei.

Von der Not und dem Elend der Stadt war ich kuriert. Eines Tages kam mein Bruder Heinrich, er hatte Zimmermann gelernt, zu mir. Auch ihn hatte der Beruf ausgestossen. Mein Bauer nahm ihn noch neben mir in Arbeit. Jedoch konnten wir uns im kommenden Frühjahr nicht mehr recht zusammen vertragen und ich gab, um grösseren Krach zu vermeiden, die Arbeit bei M. Lambrecht auf.

Mit einem Freunde zusammen, entschloss ich mich, in die Fremde zu gehen, alles Bitten des Bauern nützte nichts, mein Bruder war ja da und konnte mich vertreten. Mein Freund Willi Holz und ich zogen los und bekamen Arbeit in einem Braunkohlenbergwerk in Birken in Hessen-Nassau oben auf dem Abraum. Da uns diese Arbeit auch nicht befriedigte gaben wir die Arbeit 14 Tage später auf und kamen dann nach Buhlen (Waldeck). Hier gingen wir wieder in die Landwirtschaft bei einem Bauern. Die Verhältnisse waren hier ganz anders, ebenso die Arbeitsart und -weise. Hier mussten wir wieder umlernen, aber nicht zu unserem Nachteil. Hier habe ich 2 Jahre gewirkt auf 2 verschiedenen Stellen. Es waren wirklich 2 schöne Jahre, wo wir unter anderem andere und auch schöne Sitten und Gebräuche kennen lernten. 3 andere Kameraden, unter ihnen mein Bruder, waren schon in diese schöne Gegend nachgekommen. Mein Freund ging und blieb in dieser Gegend. Er fand seine Frau hier, ebenso Heinrich mein Bruder. Er verheiratete sich in Mehlen (Waldeck) und ist noch dort (1943).

Ich, sowie ein anderer Freund, zogen noch mal in das Rheinland, zum sagenumwobenen deutschen Rhein und dann in die Heimat zurück. Nach einem Besuch bei meinem alten Arbeitgeber M. Lambrecht in Ellersdorf, musste ich wieder bei ihm anfangen. Die Zeiten für die Bauern waren auch schon immer schlechter geworden. Ein Hof nach dem anderen kam unter den Hammer. War hier während meiner Abwesenheit doch schon eine Bauernerhebung unter der schwarzen Bauernfahne in Neumünster gewesen.

Um diese Zeit, 1929-30 kamen zu uns die ersten Werber der N.S.D.A.P. Die erste Versammlung in Ellersdorf war kurz vor Weihnachten 1930. In den festgelegten Punkten dieser Partei erkannte ich eine Möglichkeit für das deutsche Volk, sich eine neue, bessere Zukunft zu erarbeiten. Ich für meine Person war davon beeindruckt, dass jeder tüchtige Landarbeiter auch einmal Bauer werden könne, ohne grosse Mittel, auf eigenem Grund und Boden sich die Wirtschaft selber erarbeiten und verdienen solle. Hier war eine Chance, für die es sich lohnte zu arbeiten und zu kämpfen. Mit 4 Kameraden traten wir ab 1.1.1931 in die N.S.D.A.P. und damit auch gleich in die S.A. ein. Hämisch wurden wir von den Ellerdorfer Bauern beglückwünscht, wir machten uns nichts daraus. Jetzt kamen Wochen und Monate wo wir Saalschutz machen, Plakate kleben und auch sonst und auch sonst propagandistisch für unsere Bewegung Abende und Nächte tätig waren. Bald traten auch bei uns die ersten Erfolge ein, unsere Bauern, die uns zuerst verspottet hatten, konnten wir bald als Mitglieder aufnehmen. So wie hier im Dorf, so mehrten sich täglich die Mitglieder der N.S.D.A.P. und der S.A. bzw. SS im ganzen deutschen Reich.

Am 1. Februar 1932 ging ich von der S.A. in die SS Über. Bestand damals doch die Möglichkeit, in der SS mehr in vorderster Linie zu kämpfen, zumal die Kämpfe zwischen den politischen Parteien sich immer mehr verschärften. ... War die Arbeitslosigkeit bis zu diesem Zeitpunkt schon bis an die 7 Millionengrenze gekommen und die Not damit so gross geworden, dass die Arbeitslosen das flache Land und damit auch die Dörfer überschwemmten, sich zur Arbeit bei den Bauern ohne Lohn, nur für Essen anboten, und unsere Löhne drückten, oder uns ganz von den Arbeitsplätzen verdrängten. Bei diesem Überangebot an Arbeitskräften war ich für meinen Bauern auch nur noch dreissig RM wert im Sommermonat, während ich die letzten Jahre doch bereits 60 RM verdiente.

Daraufhin wechselte ich die Stellung und kam nach Kröger in Gnitz. Kröger war für mich kein Vorbild und so konnte ich es auch hier nur 1/2 Jahr aushalten. Ich ging weiter und musterte in Hamdorf (Weide) bei Carsten an. Hier hielt ich es nur 1/4 Jahr aus. Mein Arbeitgeber war die meiste Zeit betrunken und nicht zu geniessen. Ausserdem gabs nicht genug zu essen.

Jetzt war ich es überdrüssig, mein Können immer für fremde Menschen hinzugeben, es wurde mir doch nicht gelohnt. Ich suchte jetzt mein Ziel streng danach aus, mein eigener Herr, auf eigenem Grund und Boden Bauer zu werden. Meine bescheidenen Mittel, die ich erspart hatte, waren in der Kampfzeit draufgegangen, und musste deshalb mehr Geld verdienen, um meinen Entschluss zu verwirklichen. Ich musste also vorläufig in die Stadt. Zuerst meldete ich mich also in Nortorf, wo ich doch bekannt war, arbeitslos und wohnte im S.A. Heim. Als SS Mann musste man mir, laut Vorschrift, bevorzugt bei Arbeitszuweisung Arbeit geben. 14 Tage weiter musste ich dann Notstandsarbeit an der Bahnstrecke verrichten. Nach kurzer Zeit musste hier jedoch die Arbeit abgebrochen werden wegen starkem Frost. Wenige Tage später gabs andere Arbeit. Wir mussten nach Emkendorf, Tannen fällen und ausputzen.

Im April 1934 kam ich durch Vermittlung des SS Standartenführers Möller, Neumünster, in Neumünster in die Lederfabrik. Hier war ich 4 Jahre auf dem Nagelboden im Akkordsystem. War in meiner Abteilung als Zellenwalter von der Arbeitsfront eingesetzt und hatte Rechte und Pflichten von cirka 100 Arbeitskameraden zu überwachen. ... Durch die fast täglichen Reibungen zwischen Betriebsleitung und Gefolgschaft, als deren Vermittler ich fungieren musste, waren meine Nerven derart herunter, dass ich nur en einen Wunsch wieder hatte, raus hier. Die Gelegenheit bot sich dann und ich kam in Neumünster als SS Wachmann mir im Flakbeständelager an, wechselte später als Werkschutzmann nach "Land und See" Flugzeugmontage über, von wo ich dann endlich als Neubauer angefordert wurde.

Durch die SS endlich das geworden, wovon der gewöhnliche mittellose Mensch nur mal träumen konnte in früheren Tagen. Nachdem ich einen theoretischen Eignungskursus in Bad Oldeslohe durch die SS bestanden 1935, bestand ich 1938 hier in Mehrow auf dem Rittergut die praktische Prüfung. Anfang Juli wurden wir vom Rasse- und Siedlungsamt SS bis zum Ernteabschuss für diese Prüfung einberufen. Wir waren, alle in Frage kommenden Kameraden, lagermässig in Mehrow untergebracht, für jede vorkommende Arbeit, einzeln und in Gruppen eingesetzt, so dass wir den Boden hier und die Bearbeitungsweise gleich kennen lernen konnten, noch so nebenbei. Inzwischen waren die einzelnen Siedlungen beinahe fertig geworden und wir konnten in die selber aussuchen, die uns am meisten zusagte.

Am 18. Juni wurde ich verheiratet mit meiner Frau Meta Mackesprang. Die Hochzeit fand in Neumünster statt, von wo aus ich dann 3 Tage später am 21. Juni ohne Frau nach Mehrow fahren musste, der geschilderten Einberufung Folge zu leisten. Anfang September ging es in Neumünster ans Verladen im Waggon und so zogen wir in den ersten Tagen des September in unsere Neubauernstelle in Mehrow ein. Der Waggon rollte einige Tage später an. Obwohl keine Fenster und Türen bis dahin gestrichen waren, wurden die wenigen Möbel eingestellt. Das Schlafzimmer konnten wir uns erst einige Monate später anschaffen und zwar durch Ehestandsdarlehen. Da uns die Siedlung aber noch nicht übereignet war, musste ich die erste Zeit noch beim Gut mitarbeiten, während die Frau dabei war, sämtliche Räume zu reinigen. Nach Feierabend sowie sonntags ging ich dran, die ausgehobene Erde rings um das Haus mit der Schiebkarre abzufahren.

Wir hatten uns jetzt bereits eine Kuh vom Gut her aufgestellt, so dass wir doch die Milch schon hatten. Das Futter also für das Tier musste in der Zwischenzeit auch heran gebracht werden, meistens auf dem Fahrrad. Es blieb uns kaum Zeit zum Essen, abgesehen davon, dass wir kaum etwas hatten, zu essen. Wir sind tatsächlich ganz klein und ohne Mittel angefangen.

Bald konnten wir uns noch 2 Kühe mehr aufstellen, ebenso eine Sau mit 9 Ferkel, alles vom Gut. Bezahlen konnten wir die Tiere durch einem Einrichtungskredit, welcher uns vom deutschen Staate in Höhe von 7000 RM für die Dauer von 5 Jahren zinslos zur Verfügung gestellt wurde. Ab dem 5. Jahre muss das Geld mit 2 1/2 % wieder abgetragen werden. Für die Anzahlung der Siedlung wurde uns vom Rase- und Siedlungshauptamt 6000 RM zur Verfügung gestellt.

Die Räume im Wohnhaus bestanden aus Wohnküche und 2 Stuben unten und oben 1 Treppe hoch der Schüttboden. Die Stallungen waren für sich und nicht direkt von der Wohnung zu erreichen. Der Pferdestall mit im Kuhstall, anschliessend ein kleiner Scheunenanbau, leicht gebaut, als Aussenwände nur leichter Bretterbelag. Dieser Raum war für einen späteren Ausbau gedacht und jetzt für die Lagerung von Stroh- und Heuvorräten gebraucht. Der Schweinestall mit Futterküche und Hühnerstall lag quer zum Wirtschaftsgebäude und war auch, was die Wände anbelangte, auch nur aus Holz und zwar Doppelwände mit Lehmgemisch dazwischen ausgefüllt. Oktober 1938 bekamen wir 300 Ztr. Kartoffeln und die Rüben von 2 Morgen Land zugewiesen. Etliche Ztr. Getreide sowie einige Fuhren Heu und Stroh vervollkommneten unsere Ausstattung.

Im Febr. 1939 kaufte ich zwei 2 1/2 jährige Pferde, 1 braunen Wallach und eine Mohrenschimmel-Stute. Ersteren für 800 RM und die Stute, ein hübsches zügiges Pferd für 1100 RM. Dieses Geld wurde bezahlt durch das Einrichtungsdarlehen. Durch die Verlosung des noch anwesenden Rindviehbestandes auf dem Gutshof Mehrow wurden uns noch 3 Milchkühe zugesprochen zum Preise von 400-500 RM je Kuh.

Am 27.12.1938 wurde unser erstes Kind geboren. Es war eine Tochter, wir nannten sie Elke. Die Mutter hat die Geburt ihrer 1. Tochter gut überstanden. Da unserer Kühe bald trocken standen, kaufte ich auf dem Magerviehhof noch eine 4. Kuh, eine frisch melkende Färse für 500 RM. Die Preise wurden vom Einrichtungsdarlehen bestritten. Leider machte ich den Fehler und führte das Tier zu früh ein. Hier im Dorf war die Maul- und Klauenseuche gewesen und sollte an dem betreffenden Kauftage der Färse aufgehoben werden. Dies war nicht geschehen und so musste ich das Einführen der Färse, da es ohne behördliche Genehmigung geschah, mit 30 RM Geldstrafe bezahlen. Vom Rasse- und Siedlungshauptamt wurde mir das mit einer strengen Verwarnung geahndet und mit 6 Wochen Uniformverbot.

Durch das Los bekam ich auf dem Gut noch eine ältere Ferkelsau mit 9 kleinen Ferkeln. Eine Anzahl Hühnerkücken hatten wir uns aus Schleswig-Holstein mitgebracht, so dass wir jetzt für den Anfang genug Vieh hatten. Da wir zu der Zeit noch keine Arbeitskräfte beschäftigen konnten, gab es bei uns keinen Feierabend und keine Sonntagsruhe. Morgens um 3 Uhr standen Meta und ich auf und arbeiteten bis abends um 11 Uhr. Desgleichen an Sonn- und Feiertagen, ausgerüstet nur mit den allernotwendigsten Geräten. Da zu den Mahlzeiten kaum Zeit war, so waren wir körperlich und seelisch auf das stärkste belastet. Am schlimmsten für Meta, fern der Heimat, des Elternhauses, hier allein auf sich angewiesen, den halbfertigen Bau vom dicken Dreck zu säubern im hochschwangeren Zustand bzw. später mit dem Kind, noch alle anderen anfallenden Arbeiten machen musste, da ich fast dauernd Feldarbeiten machte. Falls spätere Geschlechter diese Stelle lesen werden, so mögen sie zur Kenntnis nehmen, nur durch äusserste Willensaufbietung haben wir uns durchsetzen können.

Im April 1939 bekamen wir die Maul- und Klauenseuche im Rindviehstall. Wie alles vorbei war, musste ich 2 Kühe verkaufen, da sie an den Klauen nicht mehr heilbar waren. Von dem Ertrag konnte ich eine Kuh wieder kaufen. Dann brach die Räude aus unter unserem Kuhbestand, wieder musste ich eine zum Schlachthaus bringen für 300 RM. Für 600 musste ich eine andere wiederkaufen. Mittlerweile kam die Ernte heran, sie war im 1. Jahr sehr gut. Ein Schulmädel, ein Landjahrmädel und ein Landjahrjunge waren inzwischen als Hilfskräfte bei uns angemustert, die uns schon viel Arbeit abnahmen. So wurde das erste Jahr beendet. Wir hatten schon viel geschafft.

Am 27.12.1938 wurde unsere erste Tochter Elke geboren, und am 1.4.1940 unsere 2. Tochter, die Heide. Heide Husfeldt wurde in Bernau im Krankenhaus geboren von ihrer Mutter, die da hin überführt werden musste, da die einzige Hebamme der Umgebung anderweitig zur Hilfe war. Desgleichen konnte der Arzt auch nicht kommen. Es hätte Dir, liebe Heide und Deiner Mutter beinahe das Leben gekostet. Die Geburt verlief normal, jedoch durch eine Infektion bei der Entbindung wurde die Mutter in einigen Tagen so schwer krank, dass sie einige Wochen mit dem Tode rang. Obwohl die Ärzte sie ungefähr aufgegeben hatten, rang ihre starke Natur sich am Ende doch noch durch. Dir, Heide, die Du auch wohl durch die Muttermilch in den ersten Wochen durch Ernährungsstörungen schwer krank warst, schenkte sich Dir Deine Mutter damit zum zweiten Male. Wie Mutter endlich das Krankenhaus verlassen konnte, musste sie Dich, Heide, aber noch vordem nach Berlin-Neuköllln in ein Säuglingsheim bringen. In Bernau warst Du durch die Pflegerin so gemein vernachlässigt worden, dass Du nur noch ganze 4 Pf. wogst und indem Du nicht genug sauber gemacht wurdest, Dir fast die ganze Haut vom Körper frass und nur noch rohes Fleisch am Körper hattest. Es gelang den Ärzten und Pflegerinnen im Säuglingsheim in Neukölln, auch Dir das Leben zu erhalten. Wie Du denn 6 Wochen nach Deiner Einlieferung wieder in die Hände Deiner Mutter zurück kamst, gelang es ihr durch äusserste Hingabe und Pflege Dir das Leben zu sichern.

Für mich war es insofern noch schwer, dass alles in der Bestellzeit war, ich aber täglich zu meiner Frau ins Krankenhaus musste. Den Haushalt bestellte Tante Tiete und ein Schulmädel. Für Draussen hatten wir einen Landjahrjungen. Es versteht sich, dass mir die ordnungsmässige Bestellung Sorge machte. Durch das günstige Frühjahrswetter gelang es aber auch dieser Schwierigkeiten Herr zu werden. Dann wieder musste das Kalb der Kuh, die ich in Berlin gekauft hatte und für deren Antrieb ich in Strafe genommen war, in Stücken heruntergesägt werden durch Tierarzt. Die Kuh war auch am andern Morgen tot. Zum Teil wurde der Schaden durch Versicherung gedeckt.

Jetzt folgte endlich mal eine ruhige Zeit. Wenn der Krieg, der seit September 1939 jetzt schon tobte, nicht wäre, könnte alles so schön sein. Am Anfang April 1940 wurde ich gemustert, vorläufig aber "unabkömmlich" gestellt. Im Oktober 1942 musste ich eine Sau notschlachten. Selbige war am Ferkeln, konnte aber nicht davon kommen und somit musste ich die Sau eben vor dem Krepieren noch schlachten. Um diese Jungsau und die 11 Ferkel tat es uns so leid. Da meine Frau ihr 3. Kind erwartete, wünschten wir uns sehnlichst den Sohn. Am 1.10.1942 wurde dann unsere 3. Tochter geboren, unsere Antje. Den Umständen nach überstanden Mutter und Tochter alles gut.

1943. Der Krieg wird jetzt durch Terrorbomben in unsere Heimat, in Deutschland hineingetragen. Oftmals werden wir bei Angriffen auf Berlin stark in Mitleidenschaft gezogen. Bomben, Luftminen, Phosphor und Brandbomben verwüsten oder beschädigen auch unsere Äcker und Höfe. Die Nerven, besonders der Frauen und Kinder sind der schwersten Belastungsprobe ausgesetzt, die bestanden werden muss. Ungezählte deutsche Menschen haben bereits Haus und Hof und darüber hinaus ihr Leben den Terrorangriffen aus der Luft geopfert. Meine U.K. Stellung wurde aufgehoben, so dass ich auch mit meiner Einberufung zu rechnen habe. Es war uns möglich den Scheunenanbau in diesem Jahr zu unterfangen und massive Stallungen dort zu bauen. Nach der Strassenseite den Pferdestall, in der Mitte den Fohlenstall und daran den Jungviehstall. Da der Keller zu klein ist, wurde im Keller nebenan noch ein 2. Keller ausgebaut.

Durch die unerhörte Trockenheit war die Ernte in diesem Jahr eine sehr schlechte, hauptsächlich die Hackfrucht und Gemüse. Anführen will ich noch, dass im Mai-Juni der Jahres 1943 unsere Kinder Elke, Heide und Antje an Masern und Keuchhusten zusammen sehr schwer erkrankten. Antje als 1 1/2 jähriges Kind gind durch die hohen Fieberkrämpfe nur knapp am Tode vorbei. Diese Nächte haben Vater und Mutter beide gewacht und nur unseren gemeinschaftlichen energischen Bemühungen ist es zu danken, dass das kleine Leben nicht entfloh. Die Mutter fast 3 Wochen nicht aus den Kleidern gewesen, war jetzt selber am Umsinken. Verschlimmert noch dadurch, dass sie wieder auf die letzte Zeit ging, wo sie ihr 4. Kind erwartete. Meine Schwester Anni stellte sich uns nun noch 8 Tage zur Hilfe, was ich dankbar anerkenne. Am 30. Juni 1943 wurde hier in Mehrow dann unsere 4. Tochter Wiebke geboren, noch vor Ankunft der Hebamme. Wieder war alles gut gelaufen, aber es war nicht der erwartete Sohn.


1944, 20. Jan.

In den Abendstunden hatten wir einen sehr schweren Bombenangriff der Engländer und Amerikaner zu ertragen. Luftminen, Bomben, Phosphor und Brandbomben krachten und brannten unaufhörlich in unserer Nähe und Umgebung. Unsere Siedlungen erlitten schwere und zum Teil schwerste Schäden. Im Dorf brannten 5 Scheunen aus. Menschenverluste gab es nicht.

14. Juli [1944]

An diesem Tag erhielt ich meinen Einberufungsbefehl für sofort. Musste mich stellen bei der Waffen SS, SS Werfer Ersatz und Ausbildungslager Sibbünchen bei Guben.

9. Oktober [1944]

Laut Antrag meiner Frau konnte ich bis zum 29. Oktober auf Arbeitsurlaub fahren zum Einbringen der Herbsternte. Die Ernte war nicht gross, hervorgerufen durch die diesjährige grosse Trockenheit sowie den Auswirkungen des jetzt ins 6. Jahr gehenden Krieges, z.B. Mangel an Arbeitskräften, künstlichen Düngerverknappung sowie Saatenmangel.

3. November [1944]

Durch ein in den Abendstunden stattfindenden Luftangriff wurden durch in der Nähe fallende Bomben starke Schäden an den Hofgebäuden verursacht. Zur Behebung der Schäden wurden mir von der Waffen SS 6 Tage Sonderurlaub zugebilligt, vom 9. Nov.-14. Nov. Z. Teil waren da schon die Schäden durch die Frau sowie der Gefolgschaft behoben worden. Das tapfere Verhalten der Mutter in dieser schweren Zeit der vielen Bombenangriffe, dazu die Sorgen und die viele Arbeit um das Wohl des Hofes, verdient höchste Bewunderung.