Zeitungsberichte über die Arbeiterkolonie Hoffnungstal, gefunden in den Niederbarnimer Tageszeitungen

Märkische Presse, Sonnabend, den 12. August 1905 (Nr. 188), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Bernau. Aus einem von Pastor Bodelschwingh veröffentlichten neuen Aufrufe geht hervor, daß für die Kolonie Hoffnungstal bei Rüdnitz bereits zweimal 10000 Mark von der Familie Mendelsohn-Bartholdy zu Errichtung von zwei Baracken gespendet sind. Diese Baracken werden aus doppelwandigen Zementplatten hergestellt und erhalten 48 einzelne Schlafkämmerchen (jeder Kolonist erhält seinen eigenen Schlafraum), 1 Speise- und Wohnraum, 1 Lesezimmer, 1 Schreib­stube, 2 Garderobenzimmer, 1 Krankenzimmer und 1 Stube für den Aufseher und Vorarbeiter. Zur inneren Ausstattung sind bis jetzt 10 vollständige Betten geschenkt.


Zeitung für Nieder-Barnim, Freitag, den 3. November 1905 (Nr. 259), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Bernau. Ueber die Arbeiterkolonie Hoffnungstal bei Bernau berichtet Pastor F. Bodelschwingh unterm 30. Oktober: Was noch keiner der 32 ländlichen Arbeiterkolonien Deutschlands wider­fahren, sei hier geschehen. Die Umwohner haben gegen die Ansiedlung Einspruch erhoben, wohl im Schreck darüber, daß ihnen die verrufenste Klasse der Bevölkerung Berlins zugeführt werden solle, und dieser Protest sei auch in Kraft getreten. Glücklicherweise habe sich ein Ausweg gefunden: eine Witwe im Dorfe Rüdnitz, welche von der Stadt Bernau ein kleines Gut gepachtet, habe ihre Pachtung abgetreten, sodaß es einer Ansiedlungsgenehmigung nicht bedurfte. Zunächst habe man 20 Betten in einer Scheune aufgeschlagen, und sodann sei von den ersten Ansiedlern eine Heimstätte für weitere 50 Leidensgefährten aufgerichtet. Noch ein anderes Hindernis sei ebenfalls weggeräumt. Da die Kirche in Rüdnitz keinen freien Platz mehr hat, verlangte das Konsistorium eine Sicherstellung der kirchlichen Bedürfnisse. Hier habe der Kaiser geholfen und 10000 Mark geschenkt zu einem Versammlungssaal, der zugleich Speisesaal für die Kolonisten sein darf. Die größte Errungenschaft aber sei, daß das vortreffliche Betragen der ersten Kolonisten die Stimmung in der ganzen Gegend bereits geändert habe; als so arbeitswillige und anständige Menschen hätten sie sich bewiesen, daß alle Furcht in Lob und Anerkennung umgeschlagen ist.


Zeitung für Nieder-Barnim, Freitag, den 17. November 1905 (Nr. 271), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Bernau. Die Einweihung der Heimstätte „Hoffnungstal“ wurde am Sonntag in Anwesenheit vieler geladener Gäste, unter denen auch der Oberbürgermeister Kirschner aus Berlin sich befand, durch den Generalsuperintendenten Faber vollzogen. Das Haus, welches einen Speisesaal usw. und 48 kleine Stübchen enthält, ist von den ersten 20 Kolonisten selbst errichtet. Pastor von Bodelschwingh hob in seiner Ansprache hervor, daß die Kreisvertretung von Oberbarnim die Erlaubnis zur Niederlassung bisher versagt habe, weil sie Bedenken trage, diesem aus dem Berliner städtischen Asyl stammenden untersten Abschaume der Menschheit Tür und Tor zu öffnen; ...


Zeitung für Nieder-Barnim, Dienstag, den 21. November 1905 (Nr. 274), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Bernau. Der Kreisausschuß Oberbarnim hat den Einspruch gegen die Niederlassung der Arbeiter­kolonie Hoffnungstal zurückgewiesen. ... Voraussichtlich wird schon zu Weihnachten eine zweite Heimstätte aufgestellt. in den Berliner Asylen melden sich fortgesetzt Arbeitslose zum freiwilligen Eintritt in die Kolonie.


Zeitung für Nieder-Barnim, Dienstag, den 12. Dezember 1905 (Nr. 291), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Bernau. Der Kreisausschuß von Oberbarnim hat jetzt der Arbeiterkolonie Hoffnungsthal [‚th‘!] die Erlaubnis gegeben, die Niederlassung in Rüdnitz zu erweitern, sodaß 200 Kolonisten Platz finden. Auch die Stadt Berlin hat die Ueberlassung eines Teiles ihrer dortigen Forst an die Kolonie genehmigt.


Zeitung für Nieder-Barnim, Dienstag, den 1. Mai 1906 (Nr. 100), Aus der Provinz

Bernau. Auf der Kolonie Hoffnungstal ist jetzt mit dem Bau einer dritten Heimstätte begonnen. Das Wirtschaftsgebäude mit Koch- und Waschküche, Bade- und Desinfektionsräumen ist fertig. Der vom Kaiser geschenkte Versammlungssaal wird am 6. Mai im Beisein des Prinzen Eitel Friedrich eingeweiht.


Zeitung für Nieder-Barnim, Sonnabend, den 5. Mai 1906 (Nr. 104), Aus der Provinz

Bernau. Von der Verwaltung der Arbeiterkolonie „Hoffnungstal“ bei Rüdnitz erhält das „N.-B. Kreisbl.“ die Mitteilung, daß entgegen der von uns kürzlich gebrachten Notiz, die Einweihung des vom Kaiser geschenkten Versammlungssaales nicht am nächsten Sonntag, sondern erst am 20. d. M. im Beisein der Kaiserin stattfindet.


Zeitung für Nieder-Barnim, Donnerstag, den 17. Mai 1906 (Nr. 114), Aus der Provinz

Bernau. Wie dem Kreisbl. f. N.-B. aus Kolonie „Hoffnungstal“ mitgeteilt wird, findet die Einweihung des Versammlungssaales infolge Ablebens der Prinzessin Friedrich Karl nicht, wie geplant am 20., sondern am 27. d. M. im Beisein Ihrer Majestät der Kaiserin und Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Eitel-Friedrich statt.


Zeitung für Nieder-Barnim, Sonntag, den 20. Mai 1906 (Nr. 117), Aus der Provinz

Bernau. Durch Beschluß der städtischen Behörden von Berlin ist der Kolonie Hoffnungstal der von Berlin angekaufte, aber zu Rieselzwecken nicht verwendbare 500 Morgen große Wald auf vorläufig 18 Jahre pachtfrei überlassen und für die jetzt vorhandenen 150 Kolonisten eine Zulage pro Kopf und Tag von 70 Pfennig gewährt. ... Bis die ersten Früchte der Obstplantage reifen, kostet übrigens jeder Insasse nicht 70 Pfennig, sondern 1 Mark täglich Zuschuß.


Zeitung für Nieder-Barnim, Sonntag, den 27. Mai 1906 (Nr. 122), Aus der Provinz

Bernau. Die Kaiserin wird am Sonntag den 27. Mai, vormittags 10 Uhr 23 Minuten auf dem hiesigen Bahnhof mit Extrazug eintreffen und sich mit Hofequipage nach Rüdnitz begeben zur Einweihung des vom Kaiser geschenkten Betsaales der Kolonie „Hoffnungstal“. Ihre Majestät wird nach Beendigung der Einweihungsfeier sofort wieder nach dem hiesigen Bahnhof zurückkehren und sich gleich mit dem Extrazuge nach Berlin zurückbegeben. Ein offizielle Empfangsfeier oder eine Ansprache finden in Bernau nicht statt, da der kurzen Zeit wegen jeder unnötige Aufenthalt hierselbst vermieden werden soll. Es werden aber die Kriegervereine und die Schulkinder in der Bahnhof- resp. Hussitenstraße an beiden Seiten Aufstellung nehmen.

Bernau. Prinz Eitel-Friedrich hat, wie wir schon kurz berichteten, das Protektorat über die bei unserer Stadt belegene Arbeiterkolonie „Hoffnungstal“ übernommen, und zwar mittels persön­lichen Schreibens, das also lautet: „Mittels allerhöchster Genehmigung Seiner Majestät des Kaisers und Königs übernehme ich mit dem heutigen Tage das Protektorat über den Verein 'Hoffnungstal' für die Obdachlosen der Stadt Berlin. ... Eitel-Friedrich, Prinz von Preußen.“


Zeitung für Nieder-Barnim, Dienstag, den 29. Mai 1906 (Nr. 123), Aus der Provinz

Bernau. Der Betsaal der Kolonie „Hoffnungstal“ wurde Sonntag vormittag durch eine Feier eingeweiht, an der die Kaiserin und Prinz Eitel-Friedrich teilnahmen. Auf dem Bahnhofe zu Bernau hatten sich Landrat v. Redern und Bürgermeister Petzold zum Empfang eingefunden. Nach dem Empfange fuhr die Kaiserin an der Seite des Prinzen Eitel-Friedrich in einem von vier Rappen à la Daumont bespannten Wagen durch die geschmückte Stadt nach „Hoffnungstal“. Hier bemerkte man den Unterstaatssekretär Fleck, den Oberpräsidenten v. Trott zu Solz, den Präsidialrat v. Winterfeldt, den Regierungspräsidenten v. d. Schulenburg, den Oberbürgermeister Kirchner, den Landrat des Oberbarnimer Kreises v. Oppen u. a. ...


Zeitung für Nieder-Barnim, Mittwoch, den 7. November 1906 (Nr. 261), Aus der Provinz

Bernau. Die Kolonie „Hoffnungstal“, die in der kurzen Zeit ihres Bestehens bereits 500 Arbeits­losen Obdach und Arbeit gewährt hat, baut jetzt drei neue Heimstätten mit 180 Einzelstuben. Ein Freund der Obdachlosen hat eine ganze Heimstätte geschenkt; zwölf weitere Freunde - darunter auch der Reichskanzler - haben ein ganzes Stübchen zu je 300 Mark gestiftet.