Heimat und Welt 13/1935 (30. 3.1935)


Max Rehberg:
Das Dorf Eiche im Kreise Niederbarnim

Südlich von Ahrensfelde, inmitten der Niederbarnimer Grundmoränenhochfläche, liegt das Dorf Eiche, das vielen Bewohnern des westlichen Kreises unbekannt ist. Westlich vom Dorfe erstreckt sich ein Wallbergzug, der bei Birkolz seinen Anfang nimmt und von dem Wallberggraben der Wuhlesenke begleitet wird.

Die erste urkundliche Nachricht über Eiche erhalten wir aus dem Landbuche Karls IV. von 1375. Dort heißt es in deutscher Übersetzung: „Brederecke (in den beiden anderen Handschriften steht ’Bredereyke’ sind 44 Hufen, von denen der Pfarrer 4 hat. Zur Pacht gibt jede Hufe 5 Scheffel Roggen und 5 Scheffel Hafer, zum Zins und zur Beide jede Hufe zugleich 5 Schillinge. Es sind 7 Kossäten, von denen einer 2 Schillinge zahlt, die übrigen geben jeder einen Schilling. Der Krug gibt einen Schilling. Eine Hofstelle ist der Pfarre vereignet, für die der Pfarrer der Kirche 1/2 Pfund Wachs entrichtet. Das ganze Dorf haben Cuno Britzik und Jakob Blankenfelde vom Markgrafen. Den Wagendienst hat der Markgraf.“

Aus diesem Bericht des Landreiters geht hervor, daß der Ort früher den Namen „Bredereke“ oder „Bredereyke“, hochdeutsch „Bredereiche“ führte. Er bedeutet „breite Eiche“. (Bei Bredereiche im Kreise Templin, dem an der Havel schön gelegenen Schifferdorf, hat man den Namen von „Brüdereichen“ ableiten wollen, doch kann ich mich dieser Deutung nicht anschließen.) Im Schoßregister von 1450 wird gesagt: „Bredereyke haben die Garnekoper (Garnekauffer) von meinem Herrn (dem Kurfürsten). Auf der Feldmark sind 44 Hufen, der Pfarrer hat vier. Die andern geben je 5 Scheffel Roggen, 5 Scheffel Hafer, 5 Schillinge. Der Krug gibt 12 Pfennig. (Das ist ein Schilling.) 4 Kossäten geben zusammen 11 1/2 Groschen, einer gibt 8 Hühner. Alles gerechnet, auf 20 1/4 Stück. Haben gegeben 3 Schock 12 Groschen 4 Pfennig.“ Im Schoßregister von 1480 heißt der Ort „Brederecke“ und hat 40 steuerpflichtige Hufen. Von 4 Kossäten geben 2 jeder 12 Pfennig und 1 Huhn, der dritte 3 Groschen und 2 Hühner, der vierte 8 Hühner.

Wann Eiche gegründet worden ist, darüber haben wir keine urkundlichen Anhaltspunkte, doch gehen wir nicht fehl, wenn wir seine Entstehung in die große Kolonisationszeit des 13. Jahrhunderts legen. 1375 war eine Kirche vorhanden, verbunden mit einer Pfarre. Das jetzige Gotteshaus reicht z. T. in jene Zeit zurück. Geldverlegenheiten hatten dazu geführt, daß der Landesherr das Dorf an Cuno Britzik und Jacob Blankenfelde zu Lehen gegeben hatte. Merkwürdig ist nun, daß die Zahl der Hufen im Schoßregister von 1480 von 44 auf 40 heruntergegangen ist. Der Grund dafür ist der, daß aus dem Lehnschulzengut, zu dem 4 Hufen gehörten, ein Rittergut geworden war. 1449 verpfändete der Kurfürst das Dorf mit allem Zubehör an Peter Garnekauffer. Im Schoßregister von 1450 treten die „Garnekoper“ als belehnte Besitzer auf. Nach einem Lehnbrief von 1472 besaß Lorenz Garnekauffer das Dorf Bredereyke mit allen Zinsen, Renten, Diensten, Zehnten, Rauchhühnern, Aeckern, Wiesen, Holzungen, Ober- und Niedergericht, Kirchenlehn (Kirchenpatronat) und allem Zubehör. Nach dm Tode Lorenz Garnekauffers fiel das Gut an den Kurfürsten. Dieser verkaufte es 1517 an den Kanzler Stüblinger für 900 Gulden. Nach dessen Tode wurde der Diener Michel Happe damit belehnt (1536). Er vertauschte es 1547 an Hans von Krummensee für dessen Besitzungen im Dorfe Rosenthal. 1598 hatten die Herren von Krummensee Eiche mit der wüsten Feldmark Helwichsdorf an die von Holzendorf verkauft.

In einem Bericht des Landreiters vom Jahre 1608 heißt es: „Zu Eiche ist ein Freigericht, gehört den Holzendorffchen Erben. Da ist eine wüste Feldmark (Helwichsdorf) und eine große Schäferei.“ Nach dem Jahre 1613 kam Eiche - eine kurze Zeit auch „Zu der Eiche“ genannt - an Joachim von Krummensee in Altlandsberg. Im Lehnbrief erhält er das Dorf Eiche „samt dem Rittersitz“ und der Feldmark Helmsdorf, der Schäferei und der im Jahre 1568 erteilten Windmühlengerechtigkeit. Bald darauf veräußert der Herr von Krummensee das Ganze wieder an den Kanzler Johann von Löben. Dieser besaß gleichzeitig auch Blumberg. 1655 kaufte die Familie von Canstein diesen Ort nebst Eiche und der Feldmark Hellersdorf (Helwichsdorf). 1749 wurde die Familie von der Schulenburg Besitzerin. 1805 kaufte es der Präsident von Goldbeck, von dem es 1836 an den Grafen von Arnim überging.

1624 gab es in Eiche 10 Bauern und 5 Kossäten. Die Zahl der Einwohner belief sich auf rund 110. 1801 waren es 8 Bauern, 6 Kossäten und 126 Einwohner, 1856 9 Bauern, 5 Kossäten und 236 Einwohner. Jetzt [1935] beträgt die Einwohnerzahl 472.

Zu dem Rittergut, das aus dem Lehnschulzengut mit vier Hufen hervorgegangen war, legte später Johann von Löben noch einen Hof mit einer Hufe.

Die Kirche hatte nach dem Kirchenvisitationsprotokoll von 1541 eine Hufe, die dem Gutsherrn pachtpflichtig war. Der Pfarrer hatte ein Pfarrhaus, 4 Hufen und zwei Wiesen, und von jeder der Dorfhufen ein Scheffel Getreide. Das Gotteshaus stammt anscheinend aus dem 15. Jahrhundert. Aus dieser Zeit rühren auch die Kreuzgewölbe und das schöne Friedhofsportal her. Jedenfalls steckt aber in dem jetzigen Feldsteinbau ein älterer Vorgänger. Der Turmhelm ist im 18. Jahrhundert aufgesetzt worden. An der Sakristeitür ist ein Grabmal des Freiherrn Karl von der Schulenburg, der 1767 starb, bemerkenswert. Aus der Inschrift geht hervor, daß er in den Diensten der meisten europäischen Fürsten gestanden hat. Als die Herren von Löben Besitzer von Blumberg und Eiche waren, wurde die Kirche zu Eiche Filial von Blumberg, was sie auch heute noch ist. 1541 waren Kurfürst und Gutsherrschaft Patron. Sie besetzten die Pfarre abwechselnd.

Zu Eiche gehört Hellersdorf. 1376 hieß es Helwichsdorf und hatte 25 Hufen, von denen der Pfarrer 3 und die Gebrüder Diricke 9 zu ihrem Hofe besaßen. Es waren 9 Kossäten und eine Mühle vorhanden. Der Krug scheint wüst gewesen zu sein, denn seine Abgaben sind offen gelassen. 1437 wird der Ort in einem Lehnbrief „das wüste Dorf Helmsdorf“ genannt. Später kam Hellersdorf an die Familie von Krummensee, die es zum Gute Eiche legte und als Schäferei benutzte. Ende des 16. Jahrhunderts ging die wüste Feldmark an die Herren von Holzendorf über, von denen es die Krummensees 1613 wiederkauften. Kurz darauf erwarb sie der Kanzler von Löben. Im 19. Jahrhundert wurde auf der Feldmark ein Vorwerk angelegt.



Quelle: "Heimat und Welt / Blätter zur Pflege des Heimatgedankens", Beilage zum Niederbarnimer Kreisblatt
Fundort: Staatsbibliothek zu Berlin - PK, Zeitungsabteilung im Westhafenspeicher, Signatur Ztg 1262 MR