Heimat und Welt 28/1935 (13.7.1935), gekürzt


Max Rehberg:
Niederbarnimer Volkskunde
[Teil 2: Städte, Herkunft der Siedler, Hausformen / gekürzt]

[Dieser Aufsatz zur „Niederbarnimer Volkskunde“ befaßt sich einleitend kurz mit den Städten des Niederbarnim und dann ausführlich mit der Frage nach der Herkunft der Siedler, wozu u.a. die Ortsnamenforschung herangezogen wird. Da unser näheres Umfeld dabei kein Erwähnung findet, wollen wir diesen Teil überspringen.]

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Ein wichtiger Teil der Volkskunde ist die Hausgeographie. In unserem Kreise finden sich vier Hausformen: Das märkische Dielenhaus, das fränkisch-oberdeutsche Haus, das Giebel-Laubenhaus und das Vorhallenhaus. Das märkische Dielenhaus ist eine Abart des Niedersachsenhauses. Es steht mit dem Giebel nach der Straße. Der Eingang befindet sich ebenfalls am Giebel und führt in eine kleine Diele, neben der rechts und links eine Stube liegt, an die sich nach hinten zu eine Kammer anschließt. Von der Diele tritt man durch eine Tür in die Küche. Von ihr geht es in den Stall hinein, der den hinteren Teil des Hauses einnimmt. Von diesen märkischen Dielenhäusern gibt es im Kreise nur noch wenige, z. B. in Prenden. Am häufigsten ist heute das fränkisch-oberdeutsche Haus, das mit der Front nach der Straße gerichtet ist. Der Eingang liegt an der Längsseite. Bei der älteren Form gelangte man durch ihn in einen Flur, und von ihm aus nach hinten in die Küche. Rechts von Flur und Küche breitete sich eine Wohnung aus, meist aus Stube und Kammer bestehend. In den modernen Bauerhäusern geht der Flur durch das ganze Haus hindurch, so daß zwei Wohnungen mit besonderer Küche vorhanden sind. Früher wurde die eine Wohnung meist von dem jungen Bauern, die andere vom Altsitzer bewohnt. Die gemeinsame Küche bewährte sich jedoch nicht. In ganz alten Formen des fränkisch-oberdeutschen Hauses war nur eine Wohnung vorhanden, und auf der anderen Seite von Flur und Küche lag der Stall. Später trennte man Wohnhaus und Stall.

Das Giebel-Laubenhaus ähnelt in seinem Grundriß dem märkischen Dielenhaus. Das obere Stockwerk ist jedoch vorgezogen und ruht auf Holzpfeilern oder Holzsäulen, so daß ein Vorbau oder eine Laube entsteht. Dieses Giebel-Laubenhaus ist eine alte germanische Hausform. In unseren Gegenden findet sie sich heute noch bei Gasthäusern. Das einzige Giebel-Laubenhaus in unserem Kreise ist der Gasthof „Zum gemütlichen Hermann“ in Schönfließ. Nicht verwechselt werden darf mit dieser Hausform das Vorhallenhaus, das eine Abwandlung des fränkisch-oberdeutschen Hauses ist und mit der Längsseite nach der Straße gerichtet ist. Es trägt an der Längsseite einen Vorbau auf Holz- oder gemauerten Pfeilern. Wir besitzen im Niederbarnim noch zwei solcher Vorhallenhäuser, in Neuholland und in Klosterfelde. In Klosterfelde ist es der alte Dorfkrug in der Nähe der Kirche. In Neuholland war das Haus früher auch Gasthaus. Fuhrwerke konnten nachts unter die Vorhalle geschoben werden und waren dann vor Niederschlägen geschützt.


Quelle: "Heimat und Welt / Blätter zur Pflege des Heimatgedankens", Beilage zum Niederbarnimer Kreisblatt
Fundort: Staatsbibliothek zu Berlin - PK, Zeitungsabteilung im Westhafenspeicher, Signatur Ztg 1262 MR