Heuschreckenplage
in Klein-Schönebeck und Neuenhagen (i. J. 1777), Seeberg (1784),
Zinndorf (1829), Eggersdorf (1831)
Von Lehrer P. Tramp, Neuenhagen (Ostbahn)

Im Juni 1777 gab das Kgl. Amt Alt-Landsberg, zu welchem damals die Orte Buchholz, Closdorf (Klosterdorf) mit der wüsten Feldmark Kehnsdorf, Eggersdorf, Freudenberg, Hoehnow, Hohenstein, Amt Alt-Landsberg, Neuenhagen, Petershagen, Ruhlsdorff, Klein-Schönebeck, Seeberg, Wegendorf, Werneuchen und die Amtsfreiheit gehörten, auf Veranlassung des Landrates v. Pfuhl bekannt, daß in der Nähe von Wrietzen Heuschrecken und Sprengsel bemerkt worden seien. Darum hätten alle Schulzen eifrig auf ihren Feldmarken nach den Tieren zu vigilieren und zu berichten. Darauf meldet Johann George Schmidt, der Schulze in Neuenhagen: "Ich berichte hiermit an den Herrn Oberamtmann Kienitz, daß wir Schultze und die Gerichte unser Feld durch gesucht nach die Sprengtzel Wier aber keine gefunden der liebe Gott wolle uns ferner vor solchen übel bewahren und auch die hirten anbefohlen auf daß feldt darnach acht zu geben und wen sich waß außern solte solches so Gleich zu melden daß wir verdilgen. Neuenhagen d. 23. Juny 1777." Aehnlich berichteten alle Schulzen, auch Schulze Graetz aus Kl.-Schönebeck. Die wenigen Heuschrecken, die man fand, hielt man für die gewöhnlichen Brachsprengsel. Bald aber berichtete Graetz fast Tag für Tag, wie man immer mehr der "Bös-Artigen Tiere" fand. Der Geheime und Landrat v. d. Schulenburg selbst erschien eines Abends in Kl.-Schönebeck, um die Plage anzusehen und dagegen einzuschreiten. Es wurden sogleich an den Grenzen des befallenen Gebiets (Hafer, Erbsen und Wicken) Gräben gezogen, wohinein man die Heuschrecken trieb, um sie darin zu begraben. Allein wegen der kalten und nassen Witterung ließen sich die Tiere schlecht treiben. Am 17. Juli müssen die Petershagener Einwohner die Kl.-Schönebecker im Kampf unterstützen, am 19. Juli die "Eggersdorff- und Neuenhagensche Gemeinde Beyhülfe leisten" und zwar "aus jedem Haus ein tüchtiger Mann mit Werkzeugen zur Anfertigung der Grabens und Tödtung der Heuschrecken". Am nächsten Tag lösen die Seeberger mit 13, die Höhnower Bewohner mit 27 Mann die Front ab. Eine unangenehme Unterbrechung der Erntearbeit! Am 29. Juli schreibt J. G. Schmidt aus Neuenhagen an das Amt: "Ich bescheinige hiermit an den Herrn Oberamtmann, daß wier heute an den Roggen sprentel auf unser feld markt und es eine unmögliche Sache daß wier nach Kl. Schönebeck gehen können weil wier auch heute rauher und sprentel jagen müßen."

Ueber das Auftreten der schädlichen Fresser in Neuenhagen ist weiter keine Nachricht vorhanden. Man hatte also wohl zur rechten Zeit eingegriffen. In Kl.-Schönebeck aber ging die Plage weiter. Landsberg mußte 30 Mann Hilfstruppen stellen (auch Jugend von 12-15 Jahren), desgl. Bollensdorf, Eggersdorf, Fredersdorf, Tasdorf, alle auf Befehl des Landrats, der die Tiere immer noch für einheimische hielt. Trotz Beihilfe sämtlicher Amtsdörfer waren die Wanderheuschrecken, um die es sich sicher in Kl.-Schönebeck handelte, nicht auszurotten. Auch Leute die außerhalb des Amtsbereiches wohnten, z. B. in Kaulsdorf und Mahlsdorf, und die Büdner und Tagelöhner der Amtsfreiheit von Alt-Landsberg, die nach dem Edikt von 1753 verpflichtet waren, und als Landwehr und Landsturm gegen die fremden Eindringlinge zu Felde lagen, vermochten nichts auszurichten, obgleich sie Sonntags früh 7 Uhr in Kl.-Schönebeck den Kampf aufnahmen. Erst die Witterung wird den lästigen Springern den Garaus bereitet haben.

Im Jahre 1784 wird aus Seeberg berichtet, daß die schlimmen Feinde all Gerstenähren abbissen und wenn nicht gleich Hilfe käme, in 8 Tagen 4 Wfpl 3 schfl Aussaat vernichtet wären. Nach Besichtigung mit dem Landrat kam der Amtsmann Schröder zu dem Entschluß, das Ungeziefer ruhig in der Gerste zu belassen. Beim Abmähen und Abbrennen des Getreides flögen sie nämlich doch auf benachbarte Felder. Auch in allen anderen Orten des Amtes Alt-Landsberg fand man die Heuschrecken mehr oder weniger. Deshalb wurde allen Einwohnern, Bauern und Kossäten, Büdnern, Schäfern, Hirten und Einliegern bei Leibesstrafe anbefohlen:

1. mit Schweinen die Orte aufzusuchen, wo das Ungeziefer lag oder gelegen hatte, und die Brut daselbst im Herbst und Frühjahr zu vernichten,

2. kurz vorm Winter flach umzupflügen und wieder die Schweine zu treiben,

3. große Brutstätten dem Amt anzuzeigen, damit dasselbe nach der Besichtigung bestimmen konnte, wieviel Brut jeder aufzusammeln und abzuliefern hätte.

Außerdem ordnete der Landrat des Niederbarnimschen Kreises (in Blumberg wohnhaft) an:

1) Jeder Bauer hat eine Metze, jeder Halbbauer hat 2/3 Metzen, jeder Coßät 1/2 Metze, jeder Grundbesitzer, wenn er gleich keinen Acker im Felde ¼ Metze der traubenförmigen Sprengselbrut abzuliefern.

2) Es sind 2 1/2' breite und 1 1/2' tiefe Gräben um das befallenen Gelände zu graben und alle 5 Schritt darin Fanglöcher. Morgens und abends müssen die Heuschrecken in die Gräben getrieben und in den Kesseln zerstampft werden.

3) Sollen Puters auf den Acker getrieben werden, die eine unsägliche Menge vertilgen, aber man muß für Wasser sorgen, daß sie den Kropf abkühlen können.

1829 wurde dem Amte Alt-Landsberg Heuschreckenvorkommen aus Zinndorf, 1831 aus Eggersdorf gemeldet. Zur Belehrung aber erhielt es das Büchlein "Die Strich-, Zug- und Wanderheuschrecke von Franz Körte, Professor an der Kgl. Akademie des Landbaus zu Möglin v. J. 1829" von der Kgl. Regierung zugesandt.


Quelle: Kalender 1925 für den Kreis Niederbarnim, (Herausgegeben 1924)
Herausgegeben von Walter Möller
Druck und Verlag von Wilhelm Möller, Oranienburg-Berlin