Kalender 1915 für den Kreis Niederbarnim
Herausgegeben von Walter Möller
Druck und Verlag von Wilhelm Möller, Oranienburg-Berlin

Gefunden auf BrandenburgDok - dem Dokumentenserver der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam (SLB)
als Dokument 9199 (Rep. Z48_3826_1915).

Die Staaten Europas und ihre Regenten.
Europa. 9898809 qkm, 2550160 qkm Wald, 450 Mill. Einwohner, wovon 282 Mill. Katholiken, 100 Mill. Protestanten, 8,5 Mill Mohamedaner, 9 Mill. Juden. Germanen 31,5 pCt, Romanen 31, Slaven 28,3, Albanesen, Armenier, Basken, Finnen, Griechen, Kelten, Letten, Magyaren, Mongolen und Türken zusammen 9,2.
27 Staaten, und zwar: 4 Kaiserreiche, 12 Königreiche, 1 Großherzogtum, 6 Fürstentümer, 5 Republiken. ...
  • Andorra, Republik - Generalrat
  • Belgien, Königreich - König: Albert Leopold
  • Bulgarien, Königreich - König: Ferdinand I.
  • Dänemark, Königreich - König: Christian X.
  • Frankreich, Republik - Präsident: Poincaré
  • Griechenland, Königreich - König: Konstantin
  • Großbritannien, Königreich - König: Georg V.
  • Italien, Königreich - König: Viktor Emanuel III.
  • Kreta, Suzeränität der Pforte.
  • Liechtenstein, Fürstentum - Fürst: Johann II.
  • Luxemburg, Großherzogtum - Großherzogin: Maria
  • Monaco, Fürstentum - Fürst: Albert
  • Montenegro, Königreich - König: Nikolaus I.
  • Niederlande, Königreich - Königin: Wilhelmine
  • Norwegen, Königreich - König: Haakon VII.
  • Oesterreich-Ungarn (Oesterreich, Kaiserr.; Ungarn, Königr.) Kaiser und König: Franz Joseph I.
  • Portugal, Republik - Präsident: Manuel d'Arriaga
  • Rumänien, Königreich - König: Ferdinand
  • Rußland, Kaiserreich - Kaiser (Zar): Nikolaus II.
  • San-Marino, Republik - reg. Bürgermeister auf 6 Monate
  • Schweden, Königreich - König: Gustav V.
  • Schweiz, Republik - Bundespräsident auf 1 Jahr
  • Serbien, Königreich - König: Peter I.
  • Spanien, Königreich - König: Alfons XIII.
  • Türkei, Kaiserreich - Großsultan: Mohammed V.
  • Päpstlicher Stuhl - Papst Pius X.
Verzeichnis der Märkte für das Jahr 1915.
Provinz Brandenburg / Regierungsbezirk Potsdam
  • Alt-Landsberg 4.3., 24.6., 21.10. (jeweils Krammarkt)
  • Bernau 10.3., 23.6., 15.9., 10.11. (jeweils Krammarkt)
  • Freienwalde a. O. 17.3., 18.8., 24.11. (jeweils Krammarkt)
  • Weißensee 16.2., 4.3., 16.3., 8.4., 20.4., 6.5., 18.5., 15.6., 8.7., 20.7., 17.8., 2.9., 21.9., 7.10., 19.10., 16.11. (jeweils Pferdemarkt)
  • Werneuchen 19.3., 22.10. (jeweils Krammarkt)
  • Wriezen 10.3. (Krammarkt), 24.5. (3 Tage Spezialmarkt), 23.6., 13.10. (jeweils Krammarkt)

Nachrichten aus dem Kreise.
Sitz des Landrats: Berlin - Bureau: Berlin NW 40, Friedrich-Karl-Ufer 5.
Landrat: ... [wie 1914: Geh. Oberregierungsrat Dr. Busch.]
Als Hilfsarbeiter: Regierungsassessor von Baumbach statt Regierungsassessor von der Marwitz.
Kreisdeputierte: ... [wie 1914]
Kreisausschuß. ... [wie 1914]
Kreisbauamt. Baurat Mirau, ...
Kreisbaupolizeiamt. Regierungsbaumeister Kleemann, ...
Kgl. Kreisarzt. ... [wie 1914]
Kgl. Kreistierarzt. ... [wie 1914]
Kreisbrandmeister. ... [wie 1914]
Kreisdirektion der Landfeuersozietät der Provinz Brandenburg. ... [wie 1914]
Provinzial-Landtags-Abgeordnete. ... [wie 1914]
Kreistaxatoren. ... [wie 1914]
Gendarmerie-Oberwachtmeister.
  • Köppen, Berlin N 39, Föhrerstr. 8,
  • Dörmann, Berlin-Weißensee, Langhansstr. 122,
  • Winterfeldt, Berlin-Friedrichsfelde, Berliner Str. 89,
  • Heinemann, Friedrichshagen, Wilhelmstr. 22,
  • Bersuch, Oranienburg, Markgrafenstr. 10.

Der Hohenzollern-Kanal.
Von Königl. Regierungsbaumeister Piper.
Im Jahrgang 1914 wurde an dieser Stelle von „Fluvius“ über den „Großschiffahrtsweg Berlin-Stettin“ berichtet, dem nunmehr bei der Eröffnung durch S. M. dem Kaiser am 17. Juni 1914 der Name „Hohenzollernkanal“ gegeben wurde. Er verdient diesen Namen mit Recht. Bildet er doch den Abschluß der Jahrhunderte alten Unternehmungen, welche auf die Schaffung einer leistungsfähigen Wasserstraße zwischen der preußischen Landeshauptstadt und dem größten preußischen Seehafen Stettin gerichtet waren, und welche eng verknüpft sind mit den Hohenzollernnamen: Joachim Friedrich, Friedrich der Große und Kaiser Wilhelm II. ...

Niederbarnimer Bier
Nicht nur in Bayern, sondern auch in unserer engeren Heimat bildete die Bierbrauerei einen sehr wichtigen Erwerbszweig der Bewohner, ja die Güte des Gerstensaftes machte die einzelnen Orte, genau so wie wir dies heute noch in Bayern kennen - erinnert sei an Kulmbach, Augsburg, München usw. - mehr oder weniger „berühmt“. fast alle alten Chroniken aus unserem Kreise zeigen, daß genaue Vorschriften über das Bierbrauen innegehalten werden mußten, wonach z. B. viele Krugwirte ihr Bier nicht selbst brauen durften, sondern verpflichtet waren, von einem nahen Kloster, einem Schloßherrn zu beziehen.
Und wie es in Bayern die drei oben genannten Städte waren, so waren es in der Mark außer Strausberg besonders die beiden Städte unseres Kreises Bernau und Alt-Landsberg. Heute, wo durch die Mäßigkeitsbewegung in Presse, Schule und Haus immer wieder auf die Schädigungen des Alkohols besonders bei übermäßigem Genuß aufmerksam gemacht wird, dürfte es besonders interessieren, daß man früher um 1550 diesen bei unserem Märker-Bier nicht nur feststellte, sondern recht unter­schiedlich „nach Ursach und Wirkung“ registrierte. Denn der bekannte Historienschreiber des 16. Jahrhunderts Nickel Leutinger berichtet: Bei Strausberg liegen die Städte Landsberg (Alt-Landsberg) und Bernau, welche bekannte Biere brauen, die nachdem der Wahrheit nicht ganz fernstehenden Volksmunde jedes eine besondere Wirksamkeit üben: Das kräftigere Strausberger soll die durstigen Zecher zu faulem Zauber (Schwindel und Unfug); das mehr dicke Altlandsberger zum - Suchen bedenklicher Liebschaften; das für die Kehle mildere Bernauer zum - Mausen (Diebstahl) verleiten.

Aus fünf Jahrzehnten alt-landsbergischer Geschichte.
Von Walter Möller.
Das Kloster der Marienknechte. - Ueberfall und Fehde mit den Nachbarn. - Die „langen Kerle“ von Alt-Landsberg. - Heuschreckenplage. - Franzosenbesuch.
... Im Jahre 1335 wurde das „Kloster der Marienknechte vom Orden der Augustiner“ als einziges in der Mark gestiftet und Markgraf Ludwig der Aeltere schenkte den Platz zu seiner Erbauung. ...
Später, im Jahre 1340, schenkte der Markgraf den Mönchen noch die Kirchen seiner Dörfer Heckel­berg und Leuenberg. Auch sonst erhielten die Klosterleute viele Erleichterungen, Geschenke und Vergünstigungen. Zum Kloster gehörten eine eigene Kirche, die aber, wie das Kloster selbst, längst verschwunden ist. Heute besitzt Alt-Landsberg eine Stadtpfarrkirche und eine reformierte Kirche. ...
Das friedliche Klosterleben wurde oftmals durch blutige Fehden und Kriege unterbrochen, in welche die Stadt Alt-Landsberg verwickelt wurde. Außer den gefürchteten Hussiten und den späteren Kosacken, öfteren Franzosenbesuchen, lag die Stadt auch bereits im Jahre 1556 mit ihren nächsten Nachbarn, denen von Krummensee, in Fehde. Diesen Schloßherrn gehörte die bürgerliche und peinliche Gerichtsbarkeit, und auch sonst besaßen sie wohl manche Rechte auf Alt-Landsberg. Damit aber nicht genug, wollten sie, so erzählt Leutinger, auch die Rechte und Privilegien der Bürger untergraben. ...
... Friedrich Wilhelm I. hatte bekanntlich eine besondere Vorliebe für die „langen Kerle“. Und so geschah es manchmal, daß die Werbeoffiziere, um sich in ein gutes Licht zu setzen, ihre Rechte überschritten und mit Gewalt vorgingen. So überfielen dann auch am 30. Dezember 1719 Soldaten der damaligen Garnison die Häuser einiger Bürger, um sie zum Militärdienst auszuheben. Es waren dies Leute von „ansehnlicher Statur“ ...
Vierzehn Jahre später wurde ein anderer Besuch zu einer furchtbaren Plage. Die Wanderheuschrecke, die in den Jahren 1728 und 29 in Schlesien und Polen große Verheerungen angerichtet hatte, trat 1730 in großen Schwärmen in der Umgebung von Alt-Landsberg auf und machte die ganze Ernte völlig zunichte. ...
In den Jahren der Erniedrigung Preußens, in denen viele Orte unseres Kreises durch französische Einquartierungen zu leiden hatten, kam Alt-Landsberg verhältnismäßig glimpflich davon. Die Etappenstraßen berührten den Ort nicht, sie gingen über Müncheberg und Bernau und so waren die Franzosenbesuche nicht sehr zahlreich, obwohl beim Nachrücken der großen Armee außer französischer Artillerie, Infanterie und Dragonern auch Bayern und sogar italienische leichte Infanterie im Jahre 1807 einquartiert wurden. ...


Vorheriger Jahrgang / 1914 1916 1917