Die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai wird vielerorts mit Feuer, Tanz und anderen Vergnügungen als "Walpurgisnacht" gefeiert. Der Name geht auf die Heilige Walburga zurück, deren Fest einst am 1. Mai war.
Viel öfter als mit dieser Heiligen wird die Walpurgisnacht aber mit Hexen in Verbindung gebracht, die in dieser Nacht auf dem Brocken und an anderen Hexen-trächtigen Orten ein großes Fest abhalten.
Einer dieser Orte ist Hönow, wo schon seit einigen Jahren die Walpurgisnacht gefeiert wird, und wo sich stets neben Hexen auch viele Einheimische und Nachbarn versammeln.
Und so auch 2012. Der Himmel war klar und ganz deutlich waren die Kondensstreifen der Hexen zu sehen, die auf ihren Besen ange­flogen kamen. Durch das ständige Zick-Zack-Fliegen verknoteten sich die Kondensstreifen aber so sehr, dass man sie für kleine Wolken halten konnte. Da das Gelände der Jugend­werkstatt schon am Nachmittag voll Menschen war und somit kaum Landemöglichkeit bot, hatte die Hönower Feuerwehr extra eine lange Gangway in den Himmel ausgefahren, auf der die Hexen herabsteigen konnten.
Und auch ein paar ganz junge Hexlein waren eingeflogen und fühlten sich hier sichtlich wohl. Für Groß und Klein, egal ob mit oder ohne Besen, hatte die Jugendwerkstatt Hönow ein buntes Programm vorbereitet, das neben den üblichen Vergnügungen auch viel Kunst und Kultur beinhaltete.
Den ganzen Abend über spielte auf dem Hof Live-Musik, unter anderem von der Band "Fr. Winkelmann", die ordentlich Stimmung machte. In den ehemaligen Stallungen auf dem Gehöft gab es unter dem Motto "Lange Nacht der Kunst" Ausstellungen verschiedener Künstler aus Hönow und Umgebung, die schon allein einen Besuch gelohnt hätten.
Ein bisschen was konnte man auch über die Arbeit der Jugend­werkstatt erfahren, zum Beispiel über das vielfältige Angebot rund ums Fahrrad: von Reparaturen bis hin zum Verleih von Rädern, der auch Fahrräder mit Elektromotor umfasst.
Von den vielen Unternehmungen, welche die Jugendwerkstatt für Kinder und Jugendliche organisiert, hatte eine nette Mitarbeiterin (unten links im Gespräch mit dem Feuerspeier) bereits bei der Nachtwanderung durch Hönow erzählt und damit großes Erstaunen hervorgerufen.
Neben den Informations- und Kulturangeboten gab es aber noch ganz andere Offerten, die mindestens genauso viel Anklang fanden: Ein paar leckere Sachen aus der Pfanne und vom Grill sowie frisch gezapftes Bier. Da waren lange Schlangen vorprogrammiert. Aber es ging flink und außerdem hatte es ja niemand von en Gästen eilig. Entsprechend entspannt ging es auch beim Stockbrot-Brutzeln am Lagerfeuer zu.
Da bis zur Feuershow noch etwas Zeit war, konnte man sich noch ein bisschen auf dem Grundstück umsehen, das viel größer und schöner ist, als man von der Straße aus erwarten würde. Hier gibt es viel Platz zum Toben und auch ein paar Ecken, in die man sich zurückziehen kann, wenn man seine Ruhe haben will. Im Moment waren die aber alle durch Hexen, Gespenster und andere geheimnisvolle Figuren belegt ...
Die schon zu Klumpen verdichteten Auspuff-Gase der Hexen am Himmel und der Betrieb auf der Himmelsleiter zeigten an, dass da immer noch Hexen im Anflug sind.
Aber auch aus Hönow und der Nachbarschaft kam stets neuer Nachschub. Die Tische und Bänke auf dem Hof waren fast lückenlos besetzt und viele saßen auf der Erde um die Feuerchen herum, oder versuchten sich an der Malwand.
Jetzt wurde es Zeit, sich endlich mal die Kunstwerke in den ehemaligen Ställen anzuschauen. Wie schon gesagt: Die diesjährige Walpurgisnacht wurde bereichert durch die von der Jugendwerkstatt organisierte erste "Lange Nacht der Kunst". Die unverputzten Wände boten einen stilvollen Hintergrund für die Fotos, Gemälde, Collagen und Plastiken der überwiegend aus Hönow stammenden Künstler, die hier ausstellten.
Aus dem tollen Repertoire einzelne Kunstwerke herauszugreifen und hier anzupreisen ist eigentlich ungerecht, zumal Kunst Geschmacksache ist. Aber die Collagen von Sylvia Lehmann hatten es unserem Fotografen angetan - da gab es bei jedem Hinschauen immer wieder neue Kleinigkeiten zu entdecken.
Die Fotografen-Konkurrenz hat sich derweil auf die Plastiken im Raum "eingeschossen" - und auf die Keramikarbeiten von Helmut Kunze, die nicht nur ein echter Hingucker, sondern auch noch überaus witzig sind. So zum Beispiel der "Quatschkopp" oben rechts. Der hätte es durchaus verdient, jährlich als Preis verliehen zu werden. Leute, die als Preisträger in Frage kämen, fallen einem ganz schnell ein.
Ein ganz klares politisches Statement hat Helmut Kunze mit seiner Weltkugel abgegeben. Der markante Kirchturm und die Schildkröte am nahe gelegenen See lassen keinen Zweifel daran, welchen Ort der Künstler als Nabel der Welt betrachtet! (Eine Gaststätte "Mittelpunkt der Erde" gab es hier schon mal!) Bei den tollen Aktivitäten der letzten Zeit und dem großen Zulauf könnte man wirklich meinen, dass sich alles um Hönow dreht ...
Der Stall nebenan war nicht so üppig mit Kunstwerken voll­gestellt, denn hier wurde am Abend noch Platz für eine Buch­lesung gebraucht. Unter den Kleinplastiken, die hier ausgestellt waren, gab es eine mit dem Titel "Gedankenversunken", die wie für die anstehende Buchlesung geschaffen war. Der Mann mit dem Schlapphut und dem hochgezogenen Kragen sah aus wie ein im Geheimen agierender Kriminalkommissar ...
"Fr. Winkelmann" (das steht angeblich für "Fräulein" und nicht für Franz oder Friedrich Winkelmann) hat über Stunden ordentliche Stimmung gemacht und war keinesfalls dritte Wahl wie dieser Herr, der mit seiner Selbstkritik auf dem Rücken am Ausschank Trost suchte.
Als es dann etwas schummerig wurde, gab es die von Kokel-freudigen Kindern ersehnte Anleitung zum Feuerspucken. Ein finster drein schauender Feuerspucker hat vorgemacht, wie man zum Beispiel beiß­wütigen Mückenschwärmen mit Flammen begegnen kann.
Assistiert von schönen Damen und mutigen Jungs hat der Herr Feuerspucker gewaltige Flammen in alle Himmelsrichtungen geschickt und dafür ordentlich Beifall geerntet. Wenn man solche Gäste hat, braucht man sich beim Grillen keine darum Sorgen machen, dass die Holzkohle etwa nicht richtig in Gang kommt. Da kann man sich am Grill das Wedeln mit der Zeitung oder mit dem Stuhlkissen sparen.
Nach der Feuershow gab es noch ein neues Musikprogramm mit dem Duo "Markheim". Er stammt aus Wriezen, Sie aus Berlin, da bietet es sich an, irgendwo dazwischen aufzutreten. Und was die Beiden mit ihren Instrumenten und Stimmen ohne großen technischen Aufwand rüber gebracht haben, war schon beeindruckend - und schön anzuhören. Deutsche Texte und noch dazu verständlich - das muss man sich erst mal trauen!
"Clock Nine", zur besten Ganovenstunde, schritt er in perfekter Tarnung über den Hof. Er, der tagsüber als Anwalt auch den einen oder anderen Ganoven zu vertreten hat und abends oder im Urlaub als Schriftsteller gedanklich in die Haut eifriger Polizisten schlüpft: Wolfgang Schüler. Trotz der Maskerade wurde er schnell erkannt, schließlich war er ja vor der Gemeindegebietsreform einige Jahre Hönower Bürgermeister.
Ein gutes Dutzend Bücher hat er schon geschrieben: Sammlungen von Gerichtsberichten und richtige Krimis. Sherlock Holmes ist seine Lieblingsfigur - und bei ihm streift dieser geniale Polizist zusammen mit Dr. Watson nicht durch finstere Londoner Vororte, sondern durch (genauso finstere) Winkel deutscher Großstädte. "Sherlock Holmes in Berlin" ist sein jüngstes Werk. Bei der Lesung sollte es aber mal nicht um geklaute Schätze und verscharrte Leichen gehen, sondern um Dinge, die hier und überall passieren können, und ihren wahren Reiz erst dadurch bekommen, dass ein Profi sie aufschreibt und mit allem Herzblut vorträgt. Pech hatte an dem Abend nur, wer hinter dem "Nähkasten" Platz genommen hatte ...
Während draußen das herrliche Frühsommer-Wetter, frisch gezapftes Bier und die Musik von "Markheim" die Gäste am Nachhause-Gehen hinderten, hingen im Stall Hexen, Teufel, Nähkästen und ein paar Zivilisten förmlich an den Lippen von Herrn Schüler, der mit ein paar äußerst amüsanten Geschichten aufwartete. Grandios! Viel zu schnell war die Lesung vorüber.
Egal, ob man wegen der Walpurgisnacht oder wegen der langen Kulturnacht gekommen war, an diesem Abend ist jeder auf seine Kosten gekommen. Den Veranstaltern, allen voran der Jugendwerkstatt Hönow als Gastgeber, sei ein großes Lob für dieses gelungene Fest gesagt.