Auch ein Nachtwächter geht mal in den Ruhestand. In diesem Falle muss man sagen „leider, aber wohlverdient“.
Der Altlandsberger Nachtwächter, alias Horst Hildenbrand, der seit über 15 Jahren Einheimische und Gäste durch die reizvolle ehemalige Residenzstadt vor den Toren von Mehrow geführt und seine Stadt bei vielen offiziellen Anlässen ver­treten hat, ist am 18. Juni 2021 achtzig Jahre alt geworden und hat dies als Anlass genommen, sein ehrenamtliches Nachtwächterdasein zu beenden. Da es noch keinen Nachfolger gibt, betrübt das nicht nur jene, die gern an einem Nachtwächterrundgang teilgenommen haben, sondern auch uns Mehrower, die ihn viele Jahre beim Plätzchenmarkt am zweiten Advent begrüßen durften. Zusammen mit dem Weihnachtsmann und oft auch mit musikalischer Begleitung hat er als Abschluss des Tages die Kinder mit ihren Lampions um den Dorfteich geführt. Das wird uns künftig sehr fehlen!
Sein letzter Einsatz war für den 26. Juni angesetzt - ein Nachtwächterrundgang auf dem Gelände des ehemaligen Altlandsberger Schlossgutes.
Schon bei der Anreise war zu erkennen, dass es an diesem Abend sehr voll werden wird.
Über 50 Teilnehmer hatten sich um 20 Uhr vor dem Gutshaus versammelt, um dem letzten offiziellen Nachtwächterrund­gang beizuwohnen. Viele davon hatten sich bereits auf einem „Nachtwächter a. D.“-Plakat verewigt, das der Betroffene stolz und gerührt in die Schusslinie zahlreicher Kameras hielt.
Nach der kurzen Foto-Session ging es aber gleich zur Sache.
Im Anschluss an die Einführung über (Kurfürst) Friedrich III., der zu (König) Friedrich den I. wurde, und die Rolle des Großen Kurfürsten und seines „Premierministers“ Otto von Schwerin, ging es durch den neu angelegten Schlossgarten zu den spärlichen Resten des ehemaligen Schlosses, das 1757 abgebrannt ist und danach fast völlig abgetragen wurde.
Das bronzene Schlossmodell auf dem Schlosshof, das zwei Jahre zuvor (am 16.06.2019) aufgestellt wurde, sowie der im Pflaster verewigte Grundriss des früheren Schlosses nebst einiger Mauerreste, ist hervorragend geeignet, von guten und schlechten Tagen dieses Schlosses zu berichten.
Der kurfürstliche Minister Otto von Schwerin, der Altlandsberg nach dem Dreißigjährigen Krieg erworben hat, ließ 1670 das Schloss an der Stelle einer früheren Burg der Krummensees erbauen. Dort haben die Söhne des Großen Kurfürsten, die in die Obhut Schwerin's gegeben wurden, ihre Kindheit verlebt. Prinz Friedrich, der an Stelle seines verunglückten Bruders Kurfürst wurde und sich 1701 zum König gekrönt hat, liebte Altlandsberg sehr und hat deshalb Stadt und Schloss gekauft.
Seinem Sohn, dem Soldatenkönig, hat es hier hingegen nicht gefallen, weshalb es das Schloss nur als Kaserne nutzte.
Nach dem Brand des Schlosses wurden fast alle Reste abgetragen und die Steine nach Berlin gebracht.
Nur die Schlosskirche blieb erhalten und wurde unlängst nach jahrelanger Nutzung als Werkstatt wieder hergerichtet.
Bevor der Nachtwächter seine Gäste in diese Schlosskirche führte, in der nunmehr Konzerte, Kinoveranstaltungen, Hochzeiten etc. stattfinden, hat er sie an die Balustrade des ehemaligen Schlosshofes geführt, von wo aus ein Blick auf den wieder sichtbar gemachten Kreuzteich und die derzeit wiederentstehenden Parkanlagen möglich ist.
Graf Otto von Schwerin, dem Altlandsberg ähnlich viel zu verdanken hat wie dem scheidenden Nachtwächter, hat derweil dessen Hellebarde und Laterne übernommen.
Wer Beides später als Nachtwächter durch die Stadt tragen soll, steht noch in den Sternen, zumal es unterschiedliche Auffassungen gibt, wie ein solches Ehrenamt zu besetzen ist.
Wir wollen uns da nicht einmischen und können nur unserer Hoffnung Ausdruck geben, dass es der Stadt gelingt, einen ähnlich engagierten neuen Nachtwächter zu finden, und dass Horst Hildenbrand noch viele, viele Jahre seines verdienten Nachtwächter-Ruhestand genießen kann und uns Mehrowern auch weiterhin so freundschaftlich verbunden bleibt.
P.S.: Mit dem Blick auf den Schlosspark war übrigens der letzte Nachtwächterrundgang längst nicht beendet, aber wir mussten uns leider an dieser Stelle verabschieden.