Bestimmendes Thema der Gemeindevertretersitzung am 4. Juli 2002 war ein kurz zuvor im Ort verteiltes Flugblatt zweier Gemeindevertreter. Dieses befasste sich mit geplanten und angedachten Baumaßnahmen, wobei ein Grund für die Empörung bei einigen Anwesenden war, dass gerade mal ins Diskussionsstadium gelangte Projekte als längst entschieden dargestellt und verteufelt wurden.

Insbesondere ging es dabei um das künftige Gemeindezentrum. Hier gilt es derzeit, die Vor- und Nachteile folgender Varianten abzuwägen:
  • Beibehaltung und Ausbau des Hauses Dorfstraße 19, wo sich derzeit Gaststätte, Versammlungsraum, Bürgermeisterzimmer und Bibliothek befinden,
  • Anbau eines Mehrzweckraumes mit sanitären Einrichtungen an das Feuerwehrgebäude, dazu Bürgermeisterzimmer und Bibliothek
  • Neubau eines Gemeindezentrums an einem separatem Standort

Der Bürgermeister machte wie in der vorangegangenen Sitzung keinen Hehl daraus, dass er einen Anbau am Feuerwehrdepot favorisiert, da er dafür die günstigsten Unterhalts- und Bewirtschaftungsmöglichkeiten sieht. Und einige der Gemeindevertreter können sich offenbar recht gut mit dem Gedanken anfreunden, da das sanierungsbedürftige Haus Dorfstraße 9 (unser "Schloss" / "Gutshaus" / "Kulturhaus" / "Gemeindehaus") doch einige schwer kalkulierbare Risiken hinsichtlich der Sanierungs- und Unterhaltskosten birgt.

Ja, und wer das als Gemeindevertreter anders sieht, kann und soll seine Meinungen einbringen, diese stichhaltig begründen, mit seinen Kollegen um Mehrheiten ringen und verantwortungsvoll von seinem Stimmrecht Gebrauch machen. Das setzt natürlich voraus, dass man an den Gemeindevertretersitzungen teilnimmt und sich gemäß dem Wählerauftrag an Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen der Gemeindevertretung beteiligt.

Flugblattaktionen sind zwar legitim, sollten aber Bürgern vorbehalten bleiben, die sonst keine Mitsprachemöglichkeiten haben und ihre Interessen in der Gemeindevertretung nicht vertreten sehen - zum Beispiel den Mehrowern, die seinerzeit jene Gemeindevertreter gewählt haben, die sich jetzt schon über ein Jahr aus der Mitarbeit in der Gemeindevertretung heraushalten.

Aber wenigstens einer der Unterzeichner des Flugblattes nimmt ja regelmäßig an den Gemeindevertretersitzungen teil und hält dort auch mit seiner Meinung nicht hinterm Berg. Der arme Kerl musste nun als Prügelknabe herhalten und den Erklärungswünschen seiner Amtskollegen nachkommen. Denn manche Zahl und mancher Fakt sind da nicht ganz korrekt unters Volk gebracht worden.

Die im Flugblatt und in der mündlichen Erläuterung dazu als Geldverschwendungsbeispiel herangezogene wiederholte Sanierung des gemeindeeigenen Hauses Dorfstraße 8 (ehemals Kindergarten, jetzt Arztpraxis) war nun aber wahrlich unglücklich gewählt. Dass es an einem alten, aufwändig sanierten Gebäude nach 10 Jahren wieder was zu reparieren gibt, ist nicht so ungewöhnlich. Und genau das ist ja ein Argument jener, die den Neubau eines Gemeindezentrums der kostspieligen Sanierung des Gutshauses vorziehen.

Wie auf der vorangegangenen Sitzung sind zu jedem der vorgebrachten Vorschläge Pro- und Contra-Punkte vorgetragen worden. Es ist erneut betont worden, dass man sich noch im Variantenvergleich befindet und bisher weder eine Entscheidung getroffen wurde und eine solche auch nicht ohne hinreichende Diskussion und fachliche Beratung ansteht.

Bedauerlich ist an der Flugblattaktion vo rallem, dass darin suggeriert wird, beim (noch gar nicht beschlossenen) Anbau an der Feuerwache würde nicht an die Jugendlichen gedacht und deren Beeinträchtigung billigend in Kauf genommen.
Wer die letzten Gemeindevertretersitzungen besucht hat (was halt leider nicht bei allen Mitwirkenden der Flugblattaktion der Fall war), der weiß, dass sehr ernsthaft darüber diskutiert wurde, wie der durch einen Anbau am Feuerwehrdepot verursachte Flächenverlust auf dem Sportplatz minimiert und kompensiert werden kann.

Dass die Jugendlichen bei dem Projekt nicht übergangen werden sollen, sondern sogar ziemlich im Mittelpunkt stehen, erkennt man daran, dass der angedachte Mehrzweckraum ganz ausdrücklich auch für die Jugendlichen des Ortes vorgesehen ist, und ein Neubau unbedingt Umkleidemöglichkeiten und von außen zugängliche Toiletten- und Waschgelegenheiten enthalten soll. Und wenn Gemeindevertreter dafür plädieren, einen eventuellen Neubau dort zu platzieren, wo sich jetzt schon die Jugendlichen treffen, dann kann man das nicht unbedingt als jugendfeindlich bewerten.

Aber die Polemik im Flugblatt ist es eigentlich nicht wert, Satz für Satz analysiert zu werden. Etwas Positives hat die Aktion jedoch gebracht: Die Jugend beginnt sich einzumischen. (Schöner wäre es natürlich gewesen, wenn es nicht erst der ungerechtfertigten Stimmungsmache bedurft hätte ....): Zur Gemeindevertretersitzung kamen zwei Mädchen aus dem Ort, um sich sachkundig zu machen und in der Fragestunde ihre Sorgen und Meinungen loszuwerden. Das ist prima und lobenswert, da doch kaum ein Erwachsener im Ort diese Möglichkeit wahrnimmt. Und wenn die Mädels dann durch den Ort ziehen und in eigener Sache Unterschriften sammeln, ist das völlig in Ordnung. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass die Ideen und Wünsche der Jugendlichen bei der Entscheidungsfindung der Gemeindevertretung eine gewichtige Rolle spielen werden.


Die beiden Mädels und alle anderen Jugendlichen im Ort sind hiermit herzlich eingeladen, ihre Ideen über Standort, Aussehen und Nutzung des künftigen Gemeindezentrums auch hier auf www.mehrow.de vorzustellen. Je mehr sich ernsthaft und engagiert an der Diskussion beteiligen, um so größer ist Chance, dass das Gemeindezentrum den Wünschen und Bedürfnissen einer großen Mehrheit im Ort gerecht wird.
Bitte schickt Eure Bedenken, Meinungen und Vorschläge an webmaster@mehrow.de.

Ach, eins noch zum Flugblatt:
Im Rundumschlag durfte natürlich nicht die in der Projektierung befindliche Trauerhalle fehlen.

Wie im Bericht von der Gemeindevertretersitzung im Juni ausgeführt, soll auf unserem Friedhof eine etwas abgespeckte Variante der gerade in Eiche gebauten Trauerhalle errichtet werden. (siehe Bild)
Die Flugblatt-Verfasser sind jedoch der Meinung, daß man sowas in einem 450-Seelen-Dorf nicht braucht.

Aber Entschuldigung! Auch wenn ich in einem so kleinen Kaff wohne, möchte ich nicht in einem Garagen-ähnlichen 60er-Jahre-Bau die letzte Ruhe antreten! Und wer erwarten kann, dass er beim Ableben noch ein paar Freunde hat, möchte diesen zum Abschiednehmen auch nur ungern die jetzige Trauer"halle" zumuten.

Irgendwie wirkte sich der allgemeine Ärger über Form und Inhalt der Mandatsausübung gewählter Gemeindevertreter lähmend auf die ganze Sitzung aus - so wie es das schon lange nicht mehr gab. Zum Glück war sonst nicht viel Aufregendes zu verhandeln, mal abgesehen von der Problematik Trappenfelder Straße. Da gab's eigentlich ein Ultimatum bzgl. Freigabe und Ausbau-Planung seitens der Helldorf-Erben.

Es ist noch immer nicht alles "in Sack und Tüten", aber Amt und Gemeindevertretung schätzen ein, dass man kurz vor einem tragfähigen Kompromiss ist und in Kürze akzeptable Ausbaupläne vorliegen werden. Nach so vielen Jahren Gerangel wollte man das jetzt nicht wegen ein paar noch fehlenden Formalitäten platzen lassen und hat die Entscheidung über die angedrohte Aufhebung des Bebauungsplanes noch einmal bis zur nächsten Sitzung verschoben.

Na schaun' wir mal - es ist ja leider nicht das erste sanktionslos verstrichene Ultimatum ...
Bald ist wieder Frühjahr und Zeit, die Kröten über den sogenannten Walzenweg zwischen Mehrow und Trappenfelde zu tragen, weil dieser noch immer als Umfahrung für das ehemalige KIM-Gelände herhalten muss.


Unter den Informationen des Bürgermeisters gab es noch eine bedauerliche Mitteilung:
Im Zuge der Projektierung des dringend benötigten Fußweges vom Dorfteich zum Friedhof ist man darauf gestoßen, dass das abzutragende Erdreich derart Schadstoff-belastet ist (vor allem Blei und Cadmium), dass es wie Sondermüll behandelt werden muss. Für die vielleicht 100m Weg entlang der Dorfstraße fallen dadurch Mehrkosten von ca. 250.000 Euro an. Wahnsinn! Obwohl Land und Kreis was davon übernehmen müssen, werden voraussichtlich ca. 75.000 Euro als nicht geplante Mehrausgaben bei uns hängen bleiben.

Und das, wo in diesem Jahr eh schon ziemlich viel aus dem Vermögens- in den Verwaltungshaushalt überführt werden muss, also das Sparbuch geplündert wird. Da ist es wenigstens tröstlich, dass von den eingeplanten Grundstücksverkäufen im Umfang von 100.000 Euro bereits 70% realisiert sind und für den Rest gute Aussichten bestehen.

Wegen der Ferienzeit findet im August keine Gemeindevertretersitzung statt - die nächste öffentliche (!) Sitzung ist am 5. September. Allerdings tagt (ebenfalls öffentlich!) zuvor der Hauptausschuss am 20. August.
Benedikt Eckelt (webmaster@mehrow.de)

Anmerkung: Wie immer handelt es sich hierbei um subjektive Wahrnehmungen aus der Zuschauerreihe, die unverbindlich und ohne Gewähr sind!
Berichte vorangegangener Gemeindevertretersitzungen finden Sie im Archiv.


10.7.2002: Zu vorstehendem Bericht über die Gemeindevertretersitzung ist heute die Stellungnahme eines der Flugblattverfassers eingegangen, die wir wunschgemäß wiedergeben.