Wer heute hier den Wasserhahn aufdreht, kann nicht sagen, wo das Wasser wirklich herkommt - lediglich am Namen des WAZ (Wasser- und Abwasser- Zweckverband) kann man erahnen, wo die Tiefbrunnen liegen, aus denen das Trinkwasser kommt. Unser Wasser muß demnach jetzt irgendwo aus dem Bereich Strausberg / Erkner kommen.

Es ist aber noch gar nicht lange her, da wurde das Trinkwasser, sofern es überhaupt aus der Leitung kam und nicht von der Pumpe geholt werden mußte, direkt vor der Haustür gefördert.

Im Zusammenhang mit dem Siedlungsbau Ende der 30er Jahre wurden in Mehrow und in Trappenfelde je ein Wasserwerk gebaut.
Und zwar bezüglich der Brunnentiefe ziemlich gewaltige Anlagen: Der Mehrower Brunnen hat eine Tiefe von 55 m und der in Trappenfelde ist mindestens 75 m tief.

Das Mehrower Wasserwerk ist bestimmt nur Insidern bekannt und eh nur im Herbst und Winter zu sehen, da es ansonsten völlig im Grün verschwindet.

Wenn man vom Krummenseer Weg in die Trappenfelder Straße einbiegt, stößt man nach ca. 100 Metern, kurz bevor der Weg zum Dorfpark abbiegt, auf eine kleine Brücke. Das Rinnsal darunter ist übrigens fast das ganze Jahr ausgetrocknet und bietet sich dann als abenteuerlicher Spazierweg zum Dorfpark an.
Kurz hinter der Brücke fallen dem aufmerksamen Wanderer vielleicht die vielen Hinweise auf Rohrleitungen auf, die man dort am Ortsrand nicht unbedingt vermutet. Wenn man dann den Blick hebt, sieht mein ein sorgfältig verschlossenes Tor mit einem halbverwitterten Schild der Wasserwirtschaft und (wenn noch nicht alles begrünt ist) auf dem eingezäunten Areal das halb verfallene Mehrower Wasserwerk.

Das Wasserwerk in Mehrow

Das Trappenfelder Wasserwerk ist da schon viel leichter zu entdecken und jeder der aus Hönow kommend nach Trappenfelde fährt, kommt direkt daran vorbei. Gesehen hat es also wohl fast jeder schon, aber nur wenige werden hinter der leider auch schon ziemlich eingefallenen Fassade ein Wasserwerk vermutet haben:

Das Wasserwerk in Trappenfelde

In den Gemeindeakten finden sich zwar unendlich viele Hinweise auf Probleme mit der Wasserversorgung, die zum Teil auch in den Wasserwerken begründet liegen. Aber bis auf folgende, in einer Akte des Referates Wasserwirtschaft des Kreises gefundene kurze Bestandaufnahme vom Ende der 50er Jahre findet sich dort nirgends ein Hinweis auf Zeitpunkt und Umstände der Wasserwerksbauten und auf deren technische Daten.

Mehrow: 2 zentrale Kleinwasserwerke
Anlage im Dorf: Brunnentiefe 60m, 1 Utapumpe 6 cbm/h
Anlage Siedlung Brunnentiefe nicht bekannt, 1 Kolbenpumpe 4 cbm/h
Aufbereitungsanlage in Dorfanlage vorhanden, Siedlung nicht.


Im ehemaligen Preußischen Staatsarchiv in Potsdam (jetzt Landeshauptarchiv Brandenburg) findet sich aber zum Glück unter Rep. 2 Berlin I Kom Nr. 1664 eine eigene Akte zu den Mehrower Wasserwerken:

Regierungspräsident des Reg.-Bezirks Potsdam
Abteilung 1
Betreff: Wasserwerke Mehrow- Trappenfelde, Niederbarnim W36
1940

Diese enthält u.a. folgendes Schreiben vom 29.7.1938 mit einenem angefügten Gutachten:

Landgesellschaft Eigene Scholle G.m.b.H
Gemeinnütziges Siedlungsunternehmen der Provinzen Brandenburg und Grenzmark Posen-Westpreußen
Frankfurt (Oder), Halbe Stadt 7

                                                 29.7.1938
An den Herrn Reg.-Präsidenten

Betr.: Siedlungssache Mehrow, Kreis Niederbarnim. Wasserversorgungsanlage

Über die beiden Wasserentnahmestellen der Siedlung Mehrow-Trappenfelde ist von dem Staatl. Gesundheitsamt des Kreises Niederbarnim das anliegende amtsärztl. Gutachten vom 19. d. M. ausgefertigt worden.

Wir geben hiervon Kenntnis und bitten, dieses Gutachten zu dem von uns dort vorliegenden Antrage auf Erteilung der Fortleitungsgenehmigung zu entnehmen.

Gutachten [auszugsweise]:

1. Entnahmestelle in dem Wäldchen dicht bei Mehrow
keine Beanstandungen
Brunnenbaufirma: Herr Schmidt, Berlin N4
in 55 m Tiefe auf Grundwasser gestoßen
bis 25 m Lehm und Ton, von 25-34 m Feinsand, bis 55 m Mittelsand

2. Entnahmestelle auf Hochplato [!] in der Nähe des Restgutes Trappenfelde
Bohrung zur Zeit der Besichtigung bis 75 m vorgetrieben

Insgesamt keine Beanstandungen

Die Tiefe gibt Gewähr, daß das gehobene Wasser frei von bakteriologischen Verunreinigungen sein wird

Das Wasser ist höchstens eisenhaltig, es wird aber eine Eisenbehebungsanlage in das Wasserhebewerk eingbaut

Die Behörden zeigten sich aber trotzdem pingelig und beanstandeten unter anderem, daß die Förderleistung der Wasserwerke für eine Brandbekämpfung nicht ausreiche.

Ein entsprechendes Schreiben des Regierungspräsidenten vom 8.9.1938 erwiderte die Landgesellschaft "Eigene Scholle" am 20.10.1938 wie folgt [Auszug]:

zu 3) Wenn die Brandbekämpfung unmittelbar durch das Wasserwerk erfolgen sollte, müßte die Gesamtanlage wesentlich größer gebaut werden und würde daher in Anbetracht der verhältnism. geringen Bedarfsmenge unrentabel.

Im Einvernehmen mit der zuständigen Kreisfeuerwehr werden in Mehrow 2 und in Trappenfelde 1 Feuerlöschzisterne von je 75 cbm Inhalt gebaut.


Zusätzlich war dort angemerkt:

  • Reservepumpenaggregat (Benzinmotor) ist nur beim Werk in Mehrow möglich, da Grundwasser dort 4,5 m unter Tage vorliegt
  • In Trappenfelde liegt Grundwasser durch abgesenkten Wasserspiegel erst bei 14 m vor, Tiefkolbenpumpwerk wäre erforderlich

Den 5 Siedlern in Trappenfelde wird daher das Recht eingeräumt, bei wirklich auftretenden Störungen das Wasser aus Mehrow zu holen.                                            


Außerdem wurde noch einmal auf den Erläuterungsbericht des Projektanten verwiesen:

Dr.-Ing. H. Weiland
Beratender Ingenieur für Wasserwirtschaft

                                                   im März 1938

Erläuterungsbericht
für die Wasserversorgung der Siedlungen Mehrow und Trappenfelde


Die Wasservers. beider Siedl. dienen ausschl. der Bedarfsdeckung der Siedlerstellen und nicht mit der Brandbekämpfung.

Für die Siedlung Mehrow beträgt der Spitzenbedarf 4 cbm/Std, für die Siedlung Trappenfelde 2,4 cbm/Std.                                         

Am 28.2.1940, eineinhalb Jahre nach der Antragstellung wurde dann endlich die zur Aufnahme der Wasserversorgung unbedingt erforderliche

Fortleitungsgenehmigungs-Urkunde

mit der Nummer I Lwc 104 erteilt.

Zu den Baukosten geben die sehr detailierten Kostenvoranschläge Auskunft, die für Mehrow und Trappenfelde Kosten von je 24.000,- RM auswiesen.

Für Mehrow (ohne Trappenfelde) ergaben sich danach folgende Kosten:

Kostenvoranschlag für die Wasserversorgung der Gemeinde Mehrow

Titel 1: Brunnen 0-20m: 520,-,
         20-30m: 280,-, 30-40m: 300,-,
         40-50m: 320,-, 50-60m: 340.-
Titel 2: Pumpe, Motor, Schaltanlage, Enteisenung
Titel 3: Ortsrohrnetz und Hausanschluß
Titel 4: Transport 500.-
Titel 5: Pumpenhaus: 6500.-
Titel 6: Entwurf, Bauleitung etc. 1099.-

Summe: 24.000,- RM

Im Falle Mehrow entfielen demnach 1760,- RM (7,3 %) auf den 55 m tiefen Brunnen,
1599,- RM (6,7 %) auf Projektierung, Transport usw., 6500,- RM (27 %) auf das Pumpenhaus und der Rest in Höhe von 14.141,- RM (59 %) auf das gesamte Ortsrohrnetz inklusive Hausanschlüssen und den technischen Einrichtungen im Pumpenhaus.