Die meist nur "LPG Typ III" genannte LPG "Morgenrot" wurde im Juni 1954 gegründet.

Aus diesen Jahren liegen leider kaum Akten vor, so daß wir (noch) nichts über die Begleitumstände und die Gründungsmitglieder sagen können.
Vermutlich ist aber die LPG-Gründung hier genau so freiwillig erfolgt, wie überall im Land ...


Da seinerzeit Gemeindepolitik untrennbar mit den Landwirtschaftsbetrieben und der Planerfüllung bzgl. "Marktproduktion" verbunden war, können wir viel über die LPG'en im Ort aus den Protokollen der Rats- und Gemeindevertretersitzungen entnehmen, die uns aber leider erst ab 1957 vorliegen. Los geht's dort auch gleich mit der Planerfüllung 1956, ausgewiesen sowohl für das ganze Dorf, als auch für die (damals noch einzige) LPG:

4.1.1957: Erfassungsstand des Jahres 1956

Milch: 99,3%, Eier: 100%, Rindfleisch: 99%, Schweinefleisch: 99%
Getreide: 100%, Kartoffeln: 89%, Oelsaaten: 98%,

Viehzählung 3.12.56 (Vergleich: 3.12.55): Rindvieh: 332 (354), davon Kühe: 192 (194)
Schweine insges.: 1014 (1010), davon Sauen: 84 (80), Schafe: 136 (110)

Betriebsgrösse
: 990.60 ha, davon LPG: 371.91 ha (1 LPG Typ III, 45 sonst. Betriebe) Landwirtschaftliche Nutzfläche: 734,99 ha, davon LPG: 298,44 ha
Ackerland: 705.70 ha, davon LPG: 285.48 ha

Sollerfüllung LPG:
Milch: 100%, Eier: 100%, Wolle: 100%, Geflügel: 100%, Rindfleisch: 170%,
Schweinefleisch: 125%, Kartoffeln: 60%, Gemüse: 70%, Obst: 100%, Oelsaaten: 100%


Am 21.1.1957 fand die Vollversammlung zur Wahl des LPG-Vorsitzenden, des Brigadiers und des Vorstandes statt.

Für den Vorsitz kandidierten die Genossenschaftsmitglieder Thiedke und Ender. Von den 34 abgegebenen Stimmen entfielen in geheimer Wahl 21 auf Thiedke und 10 auf Ender.
Bei der Wahl des Brigadiers entfielen 24 Stimmen auf Heinz Wegener und 8 auf Willy Ender.

Spannend war die Wahl der 4 Vorstandsmitglieder: 2 der 5 Kandidaten wurden im ersten Durchgang gewählt: Willi Ender (31) und Ewald Bunz (30). Die anderen drei Kandidaten Johann Ondrey, Kollgn. Licht und Ingr. Weiland hatten die gleiche Stimmenzahl (25).
Bei der Stichwahl führte Ondrey mit 24 Stimmen, Licht und Weiland kamen wieder auf die gleiche Stimmenzahl (20). In einer abschließenden öffentlicheN abstimmung entschieden dann alle 34 Stimmberechtigten für Frau Licht und Frau Weiland schied aus.

Die LPG-Führung sah fortan wie folgt aus:

Vorsitzender: Reinhard Thiedke
Brigadier: Heinz Wegener
Vorstand: Ewald Bunz, Willi Ender, Johann Ondrey, Frau Licht

Koll. Thiedke war bereits eineinhalb Jahre zuvor schon mal (zumindest kommissarisch) LPG-Vorsitzender. In einem Polizeiprotokoll vom 7.7.1955, in dem es um vermeintliche Getreide-Schiebereien geht, wird er dadurch entlastet, daß er erst seit zwei Tagen im Amt ist und noch keinen Durchblick hat. Als sein Vorgänger wird dort ein Baumgarten genannt.

Nach Thiedke war dann zunächst Franz Lange und danach eine Jutta Lange von der MTS Werneuchen LPG-Vorsitzende. 1958 wurde dann Richard Dietrich zum LPG-Vorsitzenden gewählt. Der stellte sich 1960 zusammen mit Gustav Micheel und Arno Lüdke erneut zur Wahl. Diesmal gewann aber Arno Lüdke, der zwei Jahre zuvor nach Mehrow und zur LPG gekommen war. Er sollte die Geschicke der LPG bis zu ihrem Ende nach der Wende und als Mitglied des Liquidationsausschusses noch lange darüber hinaus lenken.

Nicht nur an seiner langen Amtszeit, sondern auch daran, daß man ihn Ende der Neunziger, zu Zeiten, als auch Kandidaten ganz anderer politischer Gruppierungen antraten, zum Bürgermeister wählte, lassen vermuten, daß er seinen Job zur allgemeinen Zufriedenheit ausgeführt hat. Und tatsächlich ist die LPG unter seiner Führung sehr bald rentabel geworden und hat sich so positiv entwickelt, daß die LPG-Mitglieder nach der Wende nicht leer ausgegangen sind. Und das, obwohl auch hier die Treuhand ihre Finger im Spiel hatte!


Ein permanentes Problem der LPG war offenbar der Arbeitskräftemangel. Im Protokoll der Ratssitzung vom 19.12.57 heißt es:


Ausserdem wurden auf Grund besonderer Umstände vier Betriebe flächenmäßig von der Gemeinde übernommen, da die LPG auf Grund von Arbeitskräftemangel nicht in der Lage ist, diese Flächen zu bearbeiten.

Ein paar Bauern im Dorf ließen sich absolut nicht dazu überreden, in die bestehende LPG einzutreten. Wenn schon, dann wollten sie ihre eigene Genossenschaft gründen.
Im Protokoll der Ratssitzung vom 19.6.58 heißt es zu diesem Thema:

Der Koll. Buttgereit brachte in Vorschlag, dass durch die zwei Ortsteile, auch zwei LPG Typ I, aufgebaut werden müssten.

Aber bis zur Gründung der LPG'en "Einheit" und "Frohe Zukunft" dauerte noch eineinhalb Jahre und so mußte man sich immer wieder mit Erfolgsmeldungen wie jener aus dem Protokoll der Ratssitzung vom 8.7.58 trösten, wo unter dem Punkt "soz. Umgestaltung" ausgeführt ist, daß 5 Bauern nach der Ernte dem Typ III beitreten wollen.

Für die Gemeindevertetersitzung vom 15.9.58 war deshalb auch ein Bericht des Bürgermeisters Brunn zum Thema 

"Wie sieht die sozialistische Umgestaltung in unserem Dorf aus und
welche Fortschritte sind bisher erzielt worden ?"

vorgesehen. Aber es kam anders ...



Hans Prötzsch fiel damit die Aufgabe zu, an Brunn's Stelle über die 10 Gebote zu referieren:

Von den bestehenden Einzelwirtschaften haben 15 Betriebe den Weg zur LPG gefunden und zwar mit einer Gesamtfläche von 131,- ha. Zusätzlich hat die LPG die von der Gemeinde bearbeiteten Flächen von ca. 25 ha lt. Ministerratsbeschluß v. 12.6.58 übernommen, so dass unsere LPG ca. 480 ha bearbeitet und somit 66 2/3 % der Gesamtfläche des Ortes.

Weitere Kollegen werk. Bauern werden in nächster Zeit den Anschluß an unsere LPG finden und stehen in ständiger Diskussion zur Klärung einiger Unklarheiten. Wir rufen von dieser Stelle aus jedem einzelnwirtchaftenden Bauern zu, seht nicht den persönlichen Vorteil oder die persönliche Freiheit in eurer Einzelwirtschaft, schließt euch eng zusammen in der Genossenschaft.

Getreu den 10 Geboten der sozialistischen Moral wollen wir handeln und unser "Jüngstes Kind" der Gemeinde, unsere LPG, gemeinsam aufbauen, stark und allen Stürmen trotzend, dann gehen wir einer glücklichen Zukuft entgegen.

Belege dafür, daß der Zusammenschluß der Bauern zu Genossenschaften als Politikum und nicht nur als ökonomische Option angesehen wurde, gibt es reichlich. Bespielsweise im Protokoll der Gemeindevertretersitzung vom 1.10.59:

Der ideologisch-politische Kampf muss weitergeführt werden und erfreulicherweise hat sich das Ratsmitglied Otto Buttgereit bereit erklärt, ab 1.1.1960 in die LPG einzutreten und dort mitzuarbeiten.

Anfang 1960 war es dann soweit und auch die letzten einzeln wirtschaftenden Bauern waren "überzeugt". Auf der Ratssitzung am 18.3.1960 ...

... gab Koll. Brunn einen kurzen Bericht über die soz. Umgestaltung und stellte fest, dass unsere Gemeinde nunmehr vollgenossenschaftlich arbeitet ...

Im Protokoll der Gemeindevertretersitzung vom 24.3.60 heißt es:

Zu Punkt 1 [sozialistische Umgestaltung] gab Kollege Brunn eine Übersicht zum jetzigen vollgenossenschaftlichen Dorf und hob im besonderen hervor, dass das augenblickliche gute Vertrauensverhältnis noch verstärkt werden müsse. Nach dem Umschwung in unserem Dorf ist festzustellen, dass mit Ausnahme weniger Bauern die Bewusstseinslage sich wesentlich geändert hat.

Jetzt, nachdem sich die "Bewußtseinslage wesentlich geändert" hatte, konnte man auch unbeschwerter daran gehen, anstehende ökonomische Probleme zu lösen und statt der "zehn Gebote der sozialistischen Moral" auch Vokabeln wie "Rentabilität" in den Mund zu nehmen. Beispielsweise auf der Gemeindevertretersitzung vom 25.5.61, auf der es um die Nutzung der ehemaligen Schloßmühle als Mischfutterwerk ging:

Weiterhin wird als Vorschlag gebracht, dass die Mühle ab 1962 als zentrale Futtermischwerk eingerichtet wird. Diese Umstellung ist unbedingt erforderlich, da diese Mühle eine tägl. Kapazität von 20 to hat und nachweisbar den gesamten Bestand der umliegenden LPG an Vieh versorgen kann und somit die Rentabilität der LPG sichert.


Ein permanentes Problem war aber nach wie vor der Arbeitskräftemangel, der vorallem in der anhaltenden Landflucht begründet war. Insbesondere an jungen Arbeitskräften mangelte es gewaltig, wie auf der Gemeindevertretersitzung vom 20.12.62 vom LPG-Vorsitzenden Lüdke beklagt wurde:

In der LPG Typ III sind kaum Jugendliche beschäftigt. Die Jugendlichen aus unserem Ort arbeiten vorwiegend in Berliner Betrieben. Es wird immer schwierig bleiben, unsere Jugend zusammenzuhalten. Es wurde erörtert, die Komm. für Jugendfragen und alle Jugendlichen zu einer Beratung zusammenzurufen.


Es war auch tatsächlich ein Teufelskreis: Da immer mehr Leute wegzogen, drohte eine Schließung des unterbelegten Kindergartens, was wiederum den Ausfall von Arbeitskräften bedeutet hätte, da dann einige werktätige Mütter hätten zuhause bleiben müssen.
Siehe Gemeindevertretersitzung vom 21.2.63:

Die ständige Unterbelegung des Ortskindergartens ist volkswirtschaftlich nicht zu vertreten und wird seitens des Rat des Kreises, Abt. Volksbildung beanstandet. Die Ratsmitglieder wurden beauftragt, durch Aussprachen mit den Elternteilen mehr Kinder für den Kindergarten zu gewinnen. Sollte eine 100% Auslastung nicht erreicht werden, beabsichtigt der Rat des Kreises den Kindergarten als Erntekindergarten umzuwandeln. Die Volksvertretung ist gegen diese Lösung, da der LPG durch Ausfall von Arbeitskräften, große Verluste zugefügt werden.


Wer denn aber erstmal in der LPG war, ist in der Regel geblieben: Im Herbst 1963 hatte sie immerhin 93 Mitglieder und eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 663 ha.

Und so schlecht hat es sich als Genossenschaftsmitglied auch nicht gelebt, wie die am 15.1.63 auf der Gemeindevertretersitzung dargelegte Einkommensentwicklung zeigt:

Der Jahresabschluß der LPG Typ III wurde am 14.1.63 von der Bauernbank Bernau überprüft und abgenommen.
Die geplante Jahresauszahlung von DM 1,18 pro AE. ist auf DM 2,12 gestiegen.




Wie es danach weiter ging, wird in Kürze hier zu lesen sein ...