Gerhard Deissmann befaßt sich 1936 in Heft 11 der "Berliner Geographischen Arbeiten" mit der "Veränderung der Bevölkerungsverteilung in Berlin-Brandenburg 1875-1925".

Auch wenn sich darin nur zwei Zahlenreihen zu Mehrow finden, wollen wir mal etwas genauer auf die Statistiken schauen.


Am beeinduckensten ist bei dem Zahlenmaterial natürlich das gewaltige Anwachsen jener Gemeinden, die 1920 in Berlin eingemeindet wurden, wie beispielsweise
  • Friedrichsfelde: von 3.078 auf 26.496 Einwohner
  • Kaulsdorf: von 634 auf 5.238 Einwohner
  • Mahlsdorf: von 768 auf 8.464 Einwohner
die weitestgehend ihren Vorortcharakter beibehalten haben und trotzdem in diesen 50 Jahren auf das etwa 10-fache angewachsen sind.

Gemeinden, in denen sich in größerem Umfang Industrie angesiedelt hat und in denen Arbeiterviertel entstanden sind, war die Bevölkerungsentwicklung sogar noch rasanter:
  • Pankow: von 3.937 auf 59.740 Einwohner
  • Weißensee: von 2.904 auf 48.926 Einwohner
Das ging natürlich auf Kosten der außerhalb des Berliner Stadtrandes verbliebenen Gemeinden, die kaum Bevölkerungszuwachs hatten oder sogar Verluste hinnehmen mußten.

Wir wollen mal einen Blick auf die fünf Gemeinden des jetzigen Amtes Ahrensfelde/Blumberg werfen. Dabei ist zu beachten, daß für Blumberg und Mehrow die Einwohner der dortigen Güter und der Landgemeinden separat ausgewiesen sind:



1875 1890 1910 1925 Veränderung
1875-1925
Landgemeinden

Ahrensfelde 433 497 740 736 + 303

Blumberg 738 850 974 912 + 174

Eiche 255 263 259 244 - 11

Lindenberg 765 906 791 856 + 91

Mehrow 108 97 98 64 - 44

Gutsbezirke

Blumberg 234 298 306 372 + 138

Mehrow 233 219 152 293 + 60


In den 50 Jahren von 1875 bis 1926, in denen dicht benachbarte Gemeinden eine rasante Entwicklung durchgemacht haben, ist hier, im jetzigen Amtsbereich die Einwohnerzahl gerade mal von 2766 auf 3477, das heißt um 711 Einwohner bzw. 25% gewachsen.

Beachtenswerten Zuwachs hatte lediglich Ahrensfelde mit 70%, Eiche hat hingegen in der gleichen Zeit 4% verloren.

In Mehrow ist (Landgemeinde und Gut zusammen genommen) die Einwohnerzahl fast konstant geblieben: 1875: 341 Einwohner, 1925: 357 Einwohner (+ 5%).
Interessant ist dabei jedoch die unterschiedliche Bevölkerungsentwicklung auf dem Gut und im restlichen Dorf:

Auf dem Gut war die Einwohnerzahl von 1875 bis 1910 um ein Drittel zurück gegangen und betrug 1910 nur noch 152 Einwohner, 1925 dann aber mit 293 fast das Doppelte.
Das läßt sich leicht damit erklären, daß das Rittergut Ende des 19 Jahrhunderts lange Zeit verwaist war und Robert Stock, der es 1900 von der "Ritterbank" gekauft hat, offenbar erst ein paar Jahre brauchte, um das Gut wieder in Gang zu bringen. Erst unter seiner Tochter Anna und ihrem Ehemann Max Bothe, die zu Beginn der 20er Jahre hier aktiv wurden, ist das Gut (wenn auch nur vorübergehend) wirtschaftlich aufgeblüht.

Im restlichen Dorf ist die Bevölkerung von 1875 bis 1910 fast konstant geblieben, dann aber bis 1925 um ein Drittel auf zuletzt 64 zurück gegangen. Ein Grund dafür ist, daß in dieser Zeit ein Bauernhof ausgekauft, das heißt dem Rittergut zugeschlagen wurde.
Dabei handelte es sich vermutlich um den Bauernhof des Kossäten Müller (später bekannt als Senff's Hof), da in den Güteradreßbüchern vom Anfang des 20. Jahrhunderst immer nur noch 3 Bauernhöfe (Meißner, Thürling, Brederecke) genannt werden, während Mitte des 19 Jahrhunderts z.B. im Zusammenhang mit der Instandsetzung der Dorfstraße 1853 auch noch Müllers Hof genannt wird.

Hans Anton Max Jakob Müller, ("Landwirt aus Mehrow", geb. am 7.2.1883) hat nebenbei bemerkt am 4.10.1906 in der Treptower "Villa Stock" die Jungfrau Frieda Marie Luise Stock (geb. 8.9.1882) geheiratet und mit dieser später das von Robert Stock geerbte Gut und Schloß in Werneuchen bewirtschaftet. Wir können aber noch nicht sagen, ob Max Müller den Hof bei seinem Schwiegervater eingebracht hat, oder ob das noch sein Vater war.

Quelle:
"Die Veränderung der Bevölkerungsverteilung in Berlin-Brandenburg 1875-1925" von Gerhard Deissmann
Heft 11 der "Berliner Geographischen Arbeiten", herausgegeben vom Geographischen Institut der Universität Berlin durch Prof. Dr. Norbert Krebs und Dr. Herbert Lehmann
Kommissionsverlag von J. Engelhorn Nachf. Stuttgart, 1936

Anmerkung: Nur das Zahlenmaterial und nicht die angestellten Interpretationen entstammen der o.g. Quelle.