Erhard Ellsel kam 1939 nach Mehrow, oder besser nach Trappenfelde. Dort hatte der Berliner Polizeipräsident Graf Helldorff das Gut gekauft und suchte einen Gutsvorsteher (seinerzeit "Inspektor" genannt), der auch etwas von der Jagd versteht.

Da war der am 28.4.1902 (Jubiläum !) geborene Erhard Ellsel als begeisterter Jäger sicher der richtige Mann.

Er nahm die Stelle an und führte sie mit großer Leidenschaft aus, bis 1944 nach dem mißglückten Hitler-Attentat, in das Graf Helldorff verwickelt war, das Gut enteignet wurde und Erhard damit seine Stelle verlor.


Nun ging es erst einmal zu Fuß zurück zu seiner Familie nach Niederschlesien, wo ihn aber schon bald die Vertreibung ereilte.

Wenige Wochen nach Kriegsende, am 12. Juni 1945, mußte die Familie ihre schlesische Heimat verlassen und westwärts ziehen. Erhard Ellsel führte den Tross, bestehend aus seinen Eltern Hermann und Hulda und seinen drei Schwestern, die teils selbst schon Familie hatten, in einem vierwöchigen Fußmarsch nach Mehrow, wo er selbst ja schon seine zweite Heimat hatte. Hier gab es für alle Unterkunft auf dem sog. "Senff'chen Hof" neben der Schule und für ihn und seine Schwestern, die allesamt Landwirtschaft betrieben, Bodenreformland, auf dem man sich eine neue Existenz aufbauen konnten.

Erhard Ellsel heiratete hier seine Frau Martha und schon bald wurden die ersten der insgesamt vier Töchter geboren.

1955 bot sich dann die Gelegenheit, das damals halb verfallene und heruntergekommene Haus des ehemaligen "Gasthof Bolle" als neue Heimstadt herzurichten. Mit viel Kraft- und Zeitaufwand hat er dieses um 1850 gebaute Haus (an dessen Stelle sich aber vermutlich schon viel früher der Dorfkrug befand), bewohnbar gemacht.


Foto: Taege (Quelle: Bauernecho, 1983)
1953 wurde Erhard Ellsel Mitglied der Jagdgesellschaft Blumberg, was ihm die Möglichkeit bot, seinem Hobby wieder nachzukommen.

In einem ihm gewidmeten Artikel des "Bauernecho" von 1983 werden in der Rubrik "Im Alltag entdeckt" unter dem Titel "Mit 82 noch immer jung" voller Bewunderung die in jenem Jahr bereits getätigten Jagderfolge des "Weidgenossen Erhard Ellsel" aufgelistet:

"In diesem Jahr sind es bereits fünf Füchse, zwei Marder und neun streunende Katzen. Sein schönster Erfolg aber ist der Abschuß eines Rehbocks, mit einem Gehörngewicht von 370 Gramm, das durchaus Anwärter auf eine Bronzemedaille ist."

Im gleichen Artikel wird aber neben dem Einsatz bei der "Bekämpfung von Raubwild und Raubzeug" auch seine Aktivität bei der Hege und Pflege des Waldes gelobt.
Seit 1971 hatte er eine Vereinbarung mit dem Forstwirtschaftsbetrieb zur Aufbereitung von Schad- und Bruchholz, was dem Wald gut tun sollte (wozu man jetzt oft anderer Ansicht ist), ihm ein paar Mark einbrachte und einigen Rentnern im Ort Bennholz bescherte.

Anerkennung wird ihm auch für seine guten Kontakte zu den Schulen und die dort von ihm gehaltenen "... Vorträge über die Hege und Pflege des Wildes und über die Gefahr der Tollwut und notwendige vorbeugende Mahnahmen."

An anderer Stelle berichtet 1983 der Bauernecho-Reporter Heinz Taege, unter dem Titel "Seit 30 Jahren dabei / Jagd und Bewegung halten Weidgenossen Ellsel vital" über ihn - diemal nicht mit einem Trophäenbild, sondern mit einem Bild, auf dem ihn Schutzhelm und Kettensäge schmücken. Bezug wird hier wieder auf seine Aktivität beim Aufarbeiten von Schad- und Bruchholz genommen: in anderthalb Jahren 42 Raummeter !

Die Kettensäge gehörte eh' neben Moped und Gewehr zu seiner Standardausrüstung - immer hinten auf dem Gepäckträger ....

"Einen großen Teil seiner Zeit widmet er der Aufzucht von Fasanen. Jährlich sind es 100 Stück, die er in seiner großen Voliere heranhegt."

Tatsächlich hat er mit großem Einsatz und Erfolg Fasane herangezogen, die er als Küken in Hildburghausen gekauft, in Blumberg hochgepeppelt und dann nach Monaten im heimischen Revier ausgewildert hat.
Was er und seine Jägersleut später dann geschossen haben, ist also größtenteils selbst "produziert" worden.


Fünf Jahre später, im Februar 1988, gibt es im Bauernecho wieder einen Artikel über ihn. Nunmehr ist er mit fast 86 Jahren der älteste aktive Jäger im Bezirk Frankfurt (Oder).

Daß er noch nicht die "Flinte ins Korn geworfen" hat, beweist auch das beigefügte Bild, daß ihn mit geschultertem Gewehr und seiner geliebten und unentbehrlichen "Schwalbe" zeigt.
In der Bildunterschrift heißt es u.a.:

"Revierförster Kleinschmidt lobt die hohe Einsatzbereitschaft des Weidgenossen Ellsel."
Bild / Quelle: Bauernecho vom 3.2.1988

Na, wenigstens einer, auf den sich Revierförster Kleinschmidt verlassen konnte. Sonst hat er ja wohl eher Zoff mit den Mehrowern gehabt, wie beispielsweise 25 Jahre zuvor mit LPG- Leuten, die da mal rasch im Walde ein paar fehlende Dachbalken besorgt haben, wie unser Beitrag "Holzeinschlag" belegt.

Wie die MOZ vom 7.9.1991 berichtet, wollte ihn der damalige Mehrower Bürgermeister Fehlberg zum Ehrenbürger Mehrows machen, aber das gefiel dem bescheidenen Mann überhaupt nicht.

Zu seiner Lebensphilosophie gehörte der Satz: "Es wurde noch keiner geboren, der es allen recht machen kann ...".

Jemand, der im Internet auf Seiten wie dieser für und über andere berichtet, kann dem nur zustimmen ...

Am 12. Mai 1994 ist Erhard Ellsel im Alter von 92 Jahren gestorben und bei seiner Frau Martha auf dem neuen Mehrower Friedhof beigesetzt worden.

Seine Eltern, "Vatl" Hermann (21.5.1879 - 12.6.1959) und "Muttl" Hulda (26.3.1878 - 28.1.1968) sind noch auf dem alten Friedhof an der Dorfkirche bestattet.