In der Chronik des Namensprojektes

"Auf der Suche nach einem Namen
für unser Gymnasium"

die anlässlich der Verleihung des Namens "Robert Stock" an das Hagenower Gymnasium 1999 entstanden ist, findet sich nachfolgender Lebenslauf von Robert Stock, der aus Hagenow nach Berlin kam, dort als Industrieller Karriere machte und dann im Jahre 1900 einige Güter kaufte, darunter das Rittergut Mehrow.

Diesen Lebenslauf wollen wir hier mit (hoffentlich) freundlicher Genehmigung der Verfasser ungekürzt wiedergeben:


Robert Stock - Ein berühmter Name

Den Namen Robert Stock kennt wohl so ziemlich jeder Hagenower, aber wer war eigentlich dieser Mann, der hinter diesem Namen steht. Er muß doch etwas besonderes getan haben, sonst würde in Hagenow keine Straße und auch nicht unsere Schule seinen Namen tragen.

Kindheit und Lehrzeit

Robert Stock ist ein Sohn Hagenows. Er wurde am 4. April 1858 in der Schweriner Straße Nr. 3 geboren. Sein Vater, Carl Christian Robert Stock, war Schlossermeister und hatte seine eigene Werkstatt, die sich in den Räumen neben der Wohnung befand. Dort erhielt Robert Stock erste Einblicke in diese Handwerksarbeit. Durch seinen Vater wurde sicherlich auch sein Wunsch geprägt, später eine eigene Werkstatt zu besitzen. Nach seinem Schulabschluss im Jahre 1872 begann er eine Lehre im elterlichen Betrieb. Diese Ausbildung übte einen sehr großen Einfluss auf den jungen Robert Stock aus, da sein Vater ihm neben den handwerklichen Fertigkeiten auch einen Blick für genaue Arbeiten entwickeln ließ. Allerdings war es auch eine schwere Zeit für Stock, da sein Vater ein sehr strenger Lehrmeister war und nur korrekt gearbeitete Werkstücke akzeptierte. Robert Stock lernte also auch echte und gewinnbringende Kritik an seinen Arbeitsstücken zu üben. Jene handwerkliche Ausbildung ist für Robert Stocks späteren Werdegang sehr von Vorteil gewesen. Nachdem seine Ausbildung abgeschlossen war, verließ er Hagenow, um seinen Militärdienst abzuleisten. Während dieser Zeit kam er mit vielen neuen technischen Geräten in Berührung. Damals reifte in ihm sein Entschluss heran, sein erworbenes Wissen auch bei anderen Meistern in größeren Städten zu vervollkommnen.

Beruflicher Werdegang

Nach Beendigung seiner Militärzeit im Jahre 1878 begab sich Robert Stock auf Wanderschaft durch Norddeutschland. Er nutzte diese Zeit, um neue Eindrücke zu gewinnen und seine handwerklichen Fertigkeiten zu perfektionieren. Zu aller erst führte ihn sein Weg nach Hamburg, später durchwanderte er auch andere große Städte, wie zum Beispiel Wittenberge und Kiel, wobei er sich nie sehr lange in einer Stadt aufhielt.

1882 führte ihn sein Weg schließlich nach Berlin, was auch damals schon die erste Stelle im Maschinenbau inne hatte. Hier wollte er sich besonders auf die maschinelle Herstellung und Bearbeitung von Werkzeugen konzentrieren. Zu diesem Zweck arbeitete Robert Stock etwa ein Jahr bei der Werkzeug- und Maschinenfabrik von Ludwig Loewe & Co., wo er als Schlosser und Dreher beschäftigt war.

Ein Jahr bevor Robert Stock Berlin erreichte, war hier als technische Neuerung der Fernsprecher eingeführt worden. Er diente als Nachrichtenmittel. Dieses völlig neue technische Gebiet begeisterte Stock und erlangte sein ganzes Interesse. Auf Grund dessen verließ er die Werkzeug- und Maschinenfabrik, um 1883 bei der „Telegraphenbau- Anstalt der Gebrüder Naglo“ zu arbeiten. Diese Firma beschäftigte ihn als Mechaniker, obwohl er eigentlich den Schlosserberuf erlernt hatte. Hier konnte er erste Erkenntnisse über den Bau von Telegrafenapparaten sammeln.

Allerdings engte ihn sein Arbeitsfeld bald zu stark ein und er wechselte etwa ein Jahr später zu der „Telegraphenbau- Anstalt und Telegraphendraht- Fabrik von Mix & Genest“. Diese Firma hatte sich kurz zuvor vergrößert und benötigte daher Arbeitskräfte. Zunächst reichte es Robert Stock aus, hier nur als Schlosser beschäftigt zu werden, obwohl er auch in dieser Firma lieber auf dem neuen Gebiet als Mechaniker gearbeitet hätte. Stock hatte eine seltene Kombinationsgabe, die es ihm ermöglichte, schon aus ersten kleinen Entwürfen fast perfekte Erzeugnisse herzustellen. In der Firma blieb sein Talent nicht lange unentdeckt, so dass er seine Schlossertätigkeit recht bald mit einer Stelle als Mechaniker tauschen konnte.

Stock erkannte bald, dass ihm der Fernsprechverkehr mit seiner noch relativ einfachen Technik ein Betätigungsfeld bot, das sehr erfolgversprechend zu sein schien. Nun war er von der Erfüllung seines Jugendtraumes, nämlich eine eigene Firma zu besitzen, nicht mehr weit entfernt. Trotzdem nutzte er seine Chance im Herbst 1885 noch nicht, da er sich auch weiter mit der Werkzeugherstellung befassen wollte. Er hatte also eine schwere Entscheidung zu treffen, die ihm durch seine geringen finanziellen Mittel nicht erleichtert wurde. Gerade in dieser Zeit schlugen ihm die Inhaber von Mix & Genest vor, Einzelteile in seiner Wohnung in Heimarbeit herzustellen. Er nahm diese Möglichkeit an, um zusätzlich etwas Geld zu verdienen. Robert Stock beschränkte sich dabei auf einige wenige Apparatbestandteile, die er so in größeren Mengen herstellen konnte, zum Beispiel Spulen für Fernhörer und Klingeln. Er fertigte diese Werkstücke immer nach einem zehnstündigen Arbeitstag in seiner Wohnung an. Dabei wurde er von seiner Frau unterstützt, die durch einen Umbau an ihrer Nähmaschine die Spulen für die Telegraphenapparate „maschinell“ wickeln konnte.

Robert Stocks Heimarbeit war so erfolgreich, dass er bald einen großen Teil des Spulenbedarfs seiner Firma abdeckte. Aber das reichte ihm nicht aus, also wendete er sich auch an andere Firmen und bot dort seine Dienste an. Auf diese Weise fertigte er nun schon für drei Firmen Spulen in Heimarbeit an. Inzwischen wurde der Fernsprecher immer beliebter bei Unternehmen und besserverdienenden Privatpersonen. Deshalb hatte auch Robert Stock sehr viel zu tun, denn er stellte inzwischen nicht mehr nur Spulen her. Er hatte auch die Aufgabe übernommen, komplizierte Einzelteile herzustellen. Durch diese Arbeiten erhielt er einen guten Einblick in die damaligen Fabrikationsmethoden.

Nachdem ihm seine bisherigen „Kunden“ ihre Aufträge versprochen hatten, entschied er sich, Mix & Genest etwa gegen Ende April 1887 zu verlassen und sich selbstständig zu machen. Robert Stock mietete in der Nähe seiner Wohnung zwei Räume an und nannte sein kleines Unternehmen „R. Stock Telegraphenapparate“. Etwa drei Monate später beschäftigte Stock schon zwei Mechaniker, einen Schlosser und zwei Frauen. Zunächst konnte er mit dieser Anzahl von Beschäftigten allen seinen Aufträgen nachkommen.

Schon zu Beginn seiner Selbständigkeit vergab selbst die damalige Deutsche Reichspost einige Aufträge an Stock. Dadurch musste Robert Stock schon nach kurzer Zeit neue Arbeitsräume anmieten, die für etwa 20 Arbeiter Platz boten. Er bezeichnete sich nun selbst als Mechaniker. Durch seinen großen Fleiß und sein Bemühen um mehr Kunden, hatte er mit der Zeit auch Beziehungen zu den leitenden Beamten in der Postverwaltung, was ihm natürlich erhebliche Vorteile brachte.

Die Post bot ihm bald umfangreichere Aufträge an. Das wurde allerdings zu einem Problem für Robert Stock, da ihm die nötigen Geldmittel fehlten, um Aufträge in solchen Ausmaßen annehmen zu können. Die Lösung für dieses Problem war ein Geldgeber, den er im Herbst 1889 in dem Kaufmann G. Lippegaus fand. Natürlich musste jetzt auch der Firmenname geändert werden, und zwar in „R. Stock & Co., Telegraphenbau Anstalt, Inh. R. Stock u. G. Lippegaus, Berlin 5., Buckower Str. 7“.

Die Entwicklung des Fernsprechwesens schritt rasant voran, wovon natürlich auch die Telegraphenbauanstalten profitierten. Robert Stock erhielt auch weiterhin einen großen Teil der Postaufträge. Dadurch musste er immer mehr Arbeiter einstellen, bis diese Räumlichkeiten zu klein wurden und die Firma gezwungen wurde, zusätzlich neue Räume anzumieten. Diese Lösung gefiel Robert Stock allerdings nicht sonderlich, da er es für sehr unproduktiv hielt. In dieser Hinsicht war sein Kompagnon Lippegaus aber völlig anderer Meinung und dadurch gab es die erste Unstimmigkeit zwischen den beiden. Nach neuen Verhandlungen mit dem Hauseigentümer konnte Robert Stock doch noch eine Etage in dem ursprünglichen Firmensitz mieten, und die räumliche Trennung der Firma konnte aufgehoben werden. Die Firma konnte nun in den nächsten Jahren ohne größere Probleme weiterhin ihre komplizierten Einzelteile herstellen.

Besonders in der Produktion der sogenannten „Blitzspindeln“ konnte sich sein Unternehmen eine Monopolstellung erarbeiten, da keine andere Firma sie so präzise herstellen konnte. Da jeder Fernsprechapparat damals eine solche Blitzspindel benötigte und Robert Stock sie sehr günstig verkaufte, deckten schließlich alle Unternehmen ihren Bedarf an solchen Spindeln bei Stock. Da er noch keine Vertreter in seiner Firma beschäftigte, übernahm Robert Stock diese Aufgabe selbst.

Da es im Frühsommer 1890 einen starken Aufschwung im Berliner Fernsprechwesen gab, geriet Stock mit seiner Produktion in Rückstand. Die Folge war, dass die Telegraphenbauanstalten ihre Apparate nicht termingerecht abliefern konnten. Dadurch wurden die Reichspostbeamten auf Stocks Schlüsselstellung aufmerksam und legten ihm nahe, sein Unternehmen zu vergrößern. Er wurde dazu angeregt, seine Produktion um den „Hughes-Druckschrift-Telegraphen“ zu erweitern. Robert Stock nahm diesen Rat dankend an und baute außerdem noch den Typendrucker von Hughes. In Verbindung mit diesem Gerät konnte Stock innerhalb eines Jahres zwei Patente für seine Weiterentwicklungen anmelden.

Da das öffentliche Fernsprechwesen weiter ausgebaut wurde, nutzte Robert Stock diese Chance, sich auf eine neue Aufgabe zu konzentrieren, nämlich Fernsprecher nach dem Vielfachsystem zu bauen. Da er mit einem anderen Fabrikleiter aus früheren Zeiten noch sehr gut befreundet war, wendete er sich an ihn, um ihm eine Zusammenarbeit am Projekt „Vielfachumschalter“ vorzuschlagen. Nach einiger Zeit ließ er das gemeinsame Projekt aber wieder fallen. Vielleicht lag es daran, dass er immer noch seinen alten Wunsch hatte, Werkzeuge herzustellen. Robert Stock stand nämlich vor einem neuen schwerwiegenden Problem. Es schien, als könne er seine Lieferzeiten nicht einhalten, da ihm für die Herstellung seiner Einzelteile ein wichtiges Werkzeug fehlte. Bei diesem Werkzeug handelt es sich um den Spiralbohrer, der nur in einer Firma in Amerika hergestellt wurde, deshalb kam es oft zu Verzögerungen, was die Bestellungen betraf. Robert Stock machte sich in den folgenden Wochen daran, einen eigenen Spiralbohrer zu entwickeln.

Trotzdem konzentrierte er sich erneut auf das Projekt „Vielfachumschalter“ und nahm wieder den Kontakt zu dem befreundeten Geschäftsleiter auf. Dieser trat kurze Zeit später in Stocks Dienste, um einen ähnlichen Umschalter zu bauen. Die Entwicklungen völlig neuer Umschalter gingen schnell voran.

Stock konnte sich nun wieder der Fertigstellung seiner Präzisionsarbeiten widmen. 1891 zog er einen Werkzeugmacher ins Vertrauen, der ihm einige Tipps geben konnte. Nachdem seine Experimente erfolgreich abgeschlossen waren, entschied er sich dazu, Spiralbohrer selbst herzustellen. Seine ersten Probestücke erreichten aber nicht den gewünschten Härtegrad, so dass er wieder den Werkzeugmacher Joseph Meyer konsultierte, den er später auch einstellte. Ihm wurde später auch die Weiterentwicklung jener Bohrer übertragen. Im Frühjahr 1892 war Robert Stocks Unternehmen auf eine stattliche Größe angewachsen. Er beschäftigte immerhin schon 104 Angestellte.

Stock wollte sein Unternehmen noch weiter vergrößern, was aber seinem Geschäftspartner Lippegaus missfiel, dem die Risiken zu groß waren. Inzwischen waren die Differenzen zwischen beiden aber schon so gravierend geworden, dass eine Trennung unvermeidlich wurde. Sie erfolgte Anfang 1893. Da Stock nun wieder Alleininhaber des Unternehmens war, hatte er wieder in allen Bereichen freie Hand. Sein Unternehmen konzentrierte sich mittlerweile auf zwei Fertigungsgebiete, Fernsprech-. und Telegraphiewesen und die Spiralbohrer.

Die Jahre 1892/1893 waren für Robert Stock und sein Unternehmen besonders arbeitsreich. Das Unternehmen blieb weiterhin geschäftsfähig, weil immer wieder kleine Verbesserungen an Maschinen und Produkten durchgeführt wurden. Dadurch hatten mögliche Konkurrenten immer weniger Chancen, Fuß zu fassen. Im Jahre 1893 hatte sich die Arbeiterzahl mehr als verdoppelt. Sie betrug nun schon 230 und der bisherige Firmensitz reichte schon lange nicht mehr aus. Aus diesem Grund musste das gesamte Unternehmen noch im selben Jahr umziehen. Der neue Standort befand sich in der Nähe einer Militär-Telegrafen-Schule, was dem Betrieb sehr gut tat.

Zur gleichen Zeit fand auch die „Berliner- Gewerbe-Ausstellung“ statt. Zu diesem Anlass erklärte Robert Stock sich bereit, der Reichspostverwaltung kostenlos ein Ausstellungs - Fernsprechvermittlungsamt zu erstellen, um diese Technik als Nachrichten- und Kommunikationsmittel noch interessanter zu machen. Außerdem wollte er dessen Entwicklung darstellen und für jeden Besucher nachvollziehbar machen.

1896 machte das Unternehmen einen Umsatz von 4,5 Millionen Reichsmark.

Trotz seiner Firma und der vielen Arbeit fand Robert Stock immer noch die Zeit, seiner Heimatstadt hin und wieder einen Besuch abzustatten.

Im Jahre 1903 begann er sich mit der Weiterentwicklung des Motorpflugs zu beschäftigen, den sein Bruder Franz erfunden hatte. Mittlerweile besaß er auch mehrere Güter in Mecklenburg. Aus Stocks Betrieb waren in wenigen Jahren zwei Großunternehmen entstanden, die DeTeWe und die „R. Stock & Co., Spiralbohrer-, Werkzeug- und Maschinenfabrik AG“. Nachdem der Fortbestand seiner Unternehmen gesichert war, zog er sich aus dem Geschäftsleben fast gänzlich zurück. Er gründete um 1905 noch die „Stock- Motorpflug- GmbH“. Robert Stock starb im Alter von 54 Jahren am 13.7.1912 auf seinem Wohnsitz in Pommern.

Das Archiv des Hagenower Museums und die DeTeWe waren unsere Hauptquellen, die es uns überhaupt erst möglich gemacht haben, diese Biografie zu erstellen.