Die Heimfahrt aus dem Urlaub führte auch 2012 wieder durch Gegenden, in denen sich ein Soldatenfriedhof an den anderen reiht: Das Gebiet beidseits der Somme im Nordosten Frankreichs. Dort haben den ganzen Ersten Weltkrieg hindurch heftige Kämpfe getobt und dabei sind auch Soldaten aus unserer Gemeinde gefallen.
Mindestens einer von ihnen liegt auf dem Soldatenfriedhof von Manicourt, einem Ortsteil von 80190 Curchy im Departement Somme in der Picardie [Karte].
Östlich der Autobahn A 1, die von Paris über Lille nach Belgien führt, und der parallel dazu verlaufenden National­straße D1017 liegen an der „Rue d'Amiens“ (bei Google Maps 'D337' statt 'D249'), die Orte Curchy und Nesle und dazwischen, etwas abseits der Hauptstraße das winzige Dorf Manicourt. Von Nesle kommend auf der linken Seite.
Noch bevor man richtig ins Dorf kommt, geht es rechts ab und nach ein paar hundert Metern wird die Straße links von einer kleinen Mauer aus sorgfältig beschlagenen Steinquadern gesäumt, hinter der wir den gesuchten Friedhof finden. Wie alle Kriegsgräberstätten in Frankreich befindet der sich in einem hervor­ragenden Zustand. Das charakte­ristische Logo mit den fünf Kreuzen in der Gittertür verrät, dass der Volksbund für Kriegsgräberfürsorge diesen Friedhof angelegt hat und noch immer pflegt bzw. pflegen lässt.
Vom Haupteingang führt ein Weg bis zu einer großen Tafel an der gegenüber liegenden Schmalseite, beidseits gesäumt durch Gräberfelder mit Kreuzen parallel zum Weg. Etwa auf der Hälfte kreuzt ein Quergang und im Schnittpunkt steht ein Kreuz und daneben sind Gedenk­tafeln für die hier in Massen­gräbern bestatteten Soldaten..
Die Tafeln besagen, dass auf diesem Friedhof 3101 Soldaten in drei Gemeinschaftsgräbern bestattet wurden, von denen 2917 unbekannt geblieben sind, die Namen der anderen sind nebst Sterbedatum auf den Tafeln vermerkt. Wie wir später im Namenbuch erfahren, ruhen insgesamt 7326 deutsche Kriegstote des Ersten Weltkrieges auf diesem Friedhof.
Den beiden Soldaten, die wir suchen, ist es vergönnt gewesen, in Einzelgräbern bestattet zu werden - sie müssen sich nur jeweils ein Kreuz mit drei weiteren Kameraden teilen: Jedes der steinernen Kreuze enthält bis zu vier Namen - je zwei auf jeder Seite. Wir wissen zum Glück durch unsere Recherchen beim „Volksbund“ genau, wo wir nach Adolf Kuhnert (Ahrensfelde) und August Böhm (Hönow) suchen müssen, denn es ist zunächst nicht möglich, an das Namenbuch des Friedhofs zu gelangen.

Zunächst suchen wir nach Adolf Kuhnert, auf den wir durch dem Eintrag auf dem Ahrensfelder Kriegerdenkmal aufmerksam geworden sind. Die Angaben dort
(10.1.1881 - 3.9.1918)
decken sich mit denen im Sterberegister des Standesamtes und den Angaben in der Datenbank des Volksbundes.
Der Gefreite Adolf Kuhnert ist im Alter von 37 Jahren im September 1918, also zwei Monate vor Kriegsende gefallen, lt. Sterberegistereintrag in Buvercky, westlich von Nesle und etwa 10 km vom Friedhof in Manicourt entfernt. [Karte]
Adolf Johann Gustav Kuhnert
  • geb. in Mulesdowo, Kr. Birnbaum, 37 Jahre, verh.
  • wohnhaft in Ahrensfelde
  • gest. 3. September 1918 in Buvercky (Frankreich)
  • Todesursache: ?
  • 10. 1. 81 - Adolf Kuhnert - 3. 9. 18
    Name:Kuhnert, Adolf
    Dienstgrad:Gefreiter
    Geburtsdatum/-ort:n/a
    Todesdatum/-ort:03.09.1918
    Grab:Manicourt, Block 1, Grab 133
    Der zweite Soldat, den wir hier suchen, ist August Böhm aus Hönow. Sein Name findet sich zusammen mit den Lebensdaten
    (12.12.1894-21.06.1918)
    auf jener großen geschnitzten Holztafel in der Hönower Dorfkirche, auf der die aus Hönow stammenden Gefallenen des Ersten Weltkrieges vermerkt sind.
    Hier können wir die Angaben leider nicht mit einem Sterberegister abgleichen und das Sterbedatum (22.6.1918) jenes „August Böhm“, den wir beim „Volksbund“ gefunden haben, weicht um einen Tag von dem auf der Gedenktafel genannten (21.06.1918) ab. Und der dort mit „Le Tronquoy“ angegebene Sterbeort lässt sich nicht eindeutig fixieren, denn den gibt es, allerdings jeweils nur als Ortsteil kleiner Gemeinden, gleich dreimal in dieser Gegend. Das nächst gelegene Le Tronquoy, Ortsteil von 60420 Le Frestoy-Vaux im Département Oise (Picardie) ist immerhin ca. 36 km vom Friedhof in Manicourt entfernt. [Karte]
    Hier bleiben also ein paar Zweifel, ob es sich bei dem Musketier August Böhm, dessen Grab wir hier gefunden haben, um jenen Musketier August Böhm handelt, der auf der Gedenktafel in der Hönower Dorfkirche genannt wird.
    Name:Böhm, August
    Dienstgrad:Musketier
    Geburtsdatum/-ort:n/a
    Todesdatum/-ort:22.06.1918
    Grab:Manicourt, Block 1, Grab 344
    Hier, wie auf vermutlich allen Kriegsgräberstätten des ersten Weltkrieges befinden sich ganz selbstverständlich Grabstellen jüdischer Soldaten zwischen denen ihrer Kameraden - erkennbar daran, dass sie nicht mit einem Kreuz, sondern durch eine Stele mit dem Davidstern versehen sind.
    Zwischen den Gräbern sind an diesem Tag Gärtner unter­wegs und gehen mit großer Sorgfalt dem nicht gerade sehr hoch stehenden Gras zu Leibe. Die Herren sind willkommene Helfer dabei, den Kasten mit dem Namenbuch des Friedhofs zu öffnen - der war regelrecht zugeklebt, weil dort offenbar außer Ameisen schon lange niemand mehr reingeschaut hat.
    Die Angaben im Namenbuch decken sich wie erwartet mit denen auf den Grabsteinen und jenen in der Online-Datenbank des Volksbundes. Letztere ist mit großer Akribie geführt - leider fehlen aber insbesondere bei den Toten des Ersten Weltkrieges oft die Angaben zum Geburtsort, so dass die Suche nach Toten eines bestimmten Ortes schwierig ist.
    Aber trotzdem sind wir nicht weit entfernt von hier auf einen weiteren Ahrensfelder gestoßen:
    Auf dem Soldatenfriedhof in Neuville-St. Vaast