Südlich der (belgischen) A19, die derzeit den bequemsten Weg durch Belgien nach Frankreich darstellt, liegt hinter der Kreuzung mit der A17/E403 die Stadt Menen, die den größten Soldatenfriedhof Belgiens beherbergt: Einen deutschen Soldatenfriedhof mit knapp 48.000 Gefallenen des ersten Weltkrieges. Genauer gesagt liegt der Friedhof im Nachbarort Wevelgem und ist deshalb nicht so leicht zu finden - zumindest wenn man den Wegweisern nach Menen folgt. Dort im Stadtzentrum angekommen, ist man schon viel zu weit.
Aber es gibt da wenigstens ein „Office de Tourisme“, in dem man sich den Weg erklären lassen kann. Der führt in Richtung Osten über die N32 in Richtung Wevelgem.
An einer schmalen Straße, die links in ein Wohngebiet führt, trifft man endlich auf ein etwas verblichenes, in Hüfthöhe angebrachtes Schild mit den vertrauten Kreuzen des „Volksbundes“, das auf den „Duits Militair Kerkhof Menen“ verweist. Ihm folgen wir.
Wenn man das Wohngebiet passiert hat, im Rückspiegel das Ortsschild „Menen“ und vor sich einen Bahnübergang sieht, dann hat man es fast geschafft. Hinter dem Ortseingangs­schild von „Wevelgem“ liegt links, versteckt hinter einer Hecke der gesuchte Friedhof.
Stünde da nicht ein markantes Friedhofsgebäude mit einem ordentlich gepflasterten Vorplatz an der Straße, wären wir vermutlich vorbeigefahren, da aus unserer Richtung kommend, die Hinweis­schilder schon fast in der Hecke verschwunden sind.
Sobald man den Friedhof durch den kleinen Säulengang am Eingangsgebäude betritt, wird man über die etwas nach­lässige Beschilderung hinweg getröstet, denn der Friedhof zeigt sich wie fast alle von uns besuchten Kriegsgräberstätten in einem tadellosen Zustand. Der Rasen ist penibel geschnitten, kein Unkraut ist zu sehen und kein Krümelchen Schmutz liegt auf den Wegen und Flächen.
Darüber, dass nicht alle Grabsteine in Top-Zustand sind, sondern teilweise die Vergoldung bzw. Bemalung abblättert, muss man hinwegsehen - diese große Menge an Steinen, auf denen die Namen und Daten von jeweils 20 Gefallenen notiert sind, kann man unmöglich gleichzeitig in Bestzustand präsentieren. Ein paar ganz neu aussehende Steine zeigen, dass man dabei ist, diese nach und nach auszubessern.
Hier, auf diesem flächenmäßig vergleichsweise kleinen Friedhof wollen wir die Gräber von Gustav Wilke aus Elisenau und Martin Schröder aus Wuhlgarten besuchen.
Das einstige Börnicker Vorwerk „Elisenau“ wurde später zum Ortsteil unseres Nachbardorfes Blumberg und gehört dadurch nunmehr zur Gemeinde Ahrensfelde. Der Wohnplatz „Wuhlgarten“, in dem 1893 die „Anstalt für Epileptische Wuhlgarten bei Biesdorf“ eröffnet wurde, gehörte zunächst zu unserem Nachbardorf Eiche, später dann zu Biesdorf und nunmehr zum Berliner Stadtbezirk Hellersdorf.
Außerdem haben wir herausgefunden, dass zwei Soldaten, die auf dem Kriegerdenkmal im gern besuchten Ausflugsort Prenden vermerkt sind, hier auf diesem Friedhof liegen: Karl Gläser und Bernhard Klöpfer. Wenn wir schon mal hier sind, dann können wir auch nach deren Gräbern schauen.
Wie immer ist der Lageplan des Friedhofs, der sich im (12-bändigen!) Namensbuch des Friedhofs befindet, beim Auffinden der Gräber sehr hilfreich.
Einen Martin Schröder finden wir zwar, aber der ist Kanonier und nicht, wie in der von uns ausgewerteten Verlustliste ausgewiesen, Leutnant. Das ist der falsche Martin Schröder!
Die erneute Suche in der Datenbank des „Volksbundes“ liefert einen Martin Schroeder, der Leutnant war und am 10.10.1917 gefallen ist. Der liegt nicht weit entfernt auf dem Soldatenfriedhof von Langemark im Kameradengrab. (*)
Bei den anderen Gesuchten liegen wir hoffentlich nicht daneben.
Eine Unsicherheit bleibt aber in jedem Fall, die sich unter anderem daraus ergibt, dass die Verlustlisten (wenn überhaupt) nur das Geburtsdatum ausweisen und die Datenbank des „Volksbundes“ bei Gefallenen des Ersten Weltkrieges meist nur das Todesdatum.
Wilke Gustav
Soldat
[aus Elisenau]
+ 3.6.1917
6./I.R.176
Block L Grab 230
Gläser Karl
Obergefreiter
[aus Prenden]
+ 19.10.1917
2.Mun.Kol./Fuss.A.R.13
Block M Grab 1404
Klöpfer Bernhard
Landsturmmann
[aus Prenden]
+ 30.6.1918
7./Ldw.I.R. 84
Block B Grab 667
In der Mitte des Friedhos steht eine achteckige Kapelle mit einem etwas martialisch wirkendem Eingang. Im fensterlosen Inneren ist es recht dunkel und erst im Blitzlicht ist richtig erkennbar, dass der Raum ringsum mit einem Mosaik ausgekleidet ist, das eine Vielzahl goldener Ornamente und biblischer Motive auf grauem Grund aufweist.
In zwei Schreinen sollen sich Pergament-Namensbücher befinden, aber die lassen sich nicht öffnen und wir probieren es auch nicht lange, denn die „normalen“ Namensregister haben wir ja bereits im Eingangsgebäude gefunden.
Eine Mittelsäule, die am Fuß von vier Tierplastiken umringt und im Kopf mit Figuren verziert ist, trägt das Gewölbe aus unverputzen Backsteinen. Der Innenraum wirkt dadurch viel höher, als man von außen vermuten würde. Ringsum stehen Kränze, darunter der einers belgischen Staatssekretärs, sowie mehrere von deutschen Vereinen und Institutionen.
Der Friedhof ist bereits 1917 nach der 3. Flandernschlacht angelegt worden, und diente zunächst nur ca. 6300 Soldaten als Bestattungsort. Nach einer 1954 zwischen Deutschland und Belgien getroffenen Vereinbarung wurden in den Folgejahren die auf ca. 50 kleineren Friedhöfen der Umgebung bestatteten deutschen Gefallenen des Ersten Weltkrieges exhumiert und hierher überführt. Dadurch wuchs die Zahl der hier bestatteten Kriegstoten auf 47.864, womit der Friedhof nicht nur zum größten der vier deutschen Soldatenfriedhöfe in Belgien wurde, sondern zum größten Soldatenfriedhof in Belgien überhaupt.
Auch die Erste-Weltkrieg-Friedhöfe in Langemark und Vladslo wurden durch Umbettungen erheblich vergrößert, sind mit 24.917 bzw. 25.644 Kriegstoten aber nur halb so groß wie dieser hier.
Der vierte deutsche Soldatenfriedhof in Belgien, Hooglede, ist mit 8.241 Gefallenen fast ein Winzling.
Rings um die Kapelle sind auf acht paarweise angeordneten großen Steinplatten zwischen Weg und Rasenfläche die Namen jener Friedhöfe gelistet, von denen Umbettungen hierher nach Menen erfolgt sind.
Diese Tafeln tragen die Namen der Grabstätten, von denen sie kamen nach Meenen-Wald.
Schlachtfeld - Soldatengrab - nimmt Gott in die Hände und sein Siegel bleibt dort bis zur Zeitenwende.
Anzegem, Ardooie - Bergmolen, Beselare In De Ster, Beselare - Molenhoeck, Beselare - Kirche, Beselare - Zwaenhoeck, Beselare-Hollebosch
Beveren - Roeselare, Dadizele - Klephoeck, Dranouter - Donegalferme, Geluwe - Koelberg 58, Geluwe - Koelberg 59, Geluwe - Ter Hand, Geluwe - Mühle, Gullegem,
Heule, Hollebeke - Kastelhoeck, Hollebeke - Dreihäuser 219, Hollebeke - Dreihäuser 126, Hollebeke - Gemeindefriedhof, Houthem 87, Houhtem - Kortewilde
Klerken - Pierkenshoeck, Klerken - Houthoulsterwald, Komen - Gemeindefriedhof, Komen - Zandvoorde - Kruseik, Komen - Ten Brielen Hoogebosch,
Kortrijk - St. Jan, Lauwe, Ledegem, Ledegem - St. Pieter, Karke, Meenen - Gemeindefriedhof, Meenen - Wald, Moorsele, Passendale-Keerselaarshoek
Poelkapelle Nr. 111, Poelkapelle Nr. 113, Poelkapelle - Dorf, Roeselare, Roeselare - De Ruyter, Rumbeke - Bergmolen, Voormezele - Gemeindefriedhof, Waasten - Explosionsstelle,
Waasten - Zuckerfabrik, Wervik - Amerika, Wervik - Geluve - Nachtegael, Wervik - Nord, Wijtschate - Oosttaverne, Winkel - St. Eloois, Zonnebeke - Broodseinde 102, Zonnebeke - Broodseinde 103
(*) Herzlichen Dank an Karl-Heinz Gärtner aus Biesdorf, der den „richtigen“ Martin Schröder ermittelt hat.