Im Mai 2003 haben wir unter „Wilddieberei“ von einem Stein für Förster Strempel berichtet: |
Im Niederbarnimer Kreisblatt von 1904 lesen wir dazu: |
Blumberg. Von einem Berliner Wilderer erschossen wurde Sonntag morgen der Förster Strempel, der bei dem Grafen Arnim angestellt war. Strempel ging gegen 8 Uhr ins Revier und hörte einen Schuß fallen. Der Knallrichtung entgegen sich heranpürschend stieß er auf einen Wilderer, der sein Zweirad hingestellt und sein Gewehr abgestellt hatte und gerade dabei war, ein Reh zu zerlegen. Der Förster forderte den Wilderer auf, sich ihm gefangen zu geben. Der Ueberraschte widersetzte sich jedoch seiner Festnahme und griff den Förster tätlich an. Während des Ringkampfes entlud sich das Gewehr des Forstbeamten und wurde er durch einen Schuß schwer verletzt. Der Wilderer, der das Gewehr mit sich nahm, entfloh auf seinem Rade in der Richtung nach Hellersdorf. Graf Arnim ließ mit dem Automobil aus Malchow einen Arzt holen, der den unglücklichen Förster verband und nach Berlin in das Krankenhaus am Friedrichshain brachte. Hier erkannte man aber bald, daß keine Rettung mehr möglich war. Der Verletzte starb schon kurze Zeit nach der Aufnahme unter den Händen der Aerzte. Unterdessen wurde von den Einwohnern und den Polizeiorganen von Blumberg und aus den benachbarten Ortschaften die Verfolgung des Wilderers aufgenommen, leider aber ohne Erfolg. Auch die Berliner Kriminalpolizei wurde benachrichtigt. Wir verweisen noch besonders auf die Bekanntmachung im amtlichen Teile der heutigen Nummer.
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Bekanntmachung.
Am Sonntag, den 25. d. Mts. früh zwischen 7 und 8 Uhr ist der Gräflich Arnim'sche Förster Strempel im Kleinen Rehhahn in unmittelbarer Nähe der Chaussee Berlin-Blumberg beim Ringen mit einem Wilderer durch einen Schuß aus seinem eigenen Gewehr so schwer verletzt worden, daß er noch am selben Mittag im Krankenhaus am Friedrichshain verstorben ist. Der Täter hat das noch mit einem Schuß geladene Gewehr, eine doppelläufige Schrotflinte, Kaliber 16, mitgenommen und ist über die Felder in der Richtung auf Hellersdorf zu entflohen, wobei er teils gefahren ist, teils das Rad geschoben hat. Das Gewehr hatte er über die Schulter gehängt. Der Unbekannte ist etwa 30-33 Jahre alt, 1,72-1,73 m groß und hat blonden Schnurrbart. Bekleidet war er mit runder, ins Gesicht gezogener Radfahrermütze, grauem Radfahreranzug, und schwarzen Schuhen, wahrscheinlich Schnürschuhen. Alle Personen, die am Sonntag früh eine, wie oben beschriebene Person gesehen haben, werden ersucht, sich sofort beim Unterzeichneten oder in Berlin auf dem Polizeipräsidium, Zimmer 321, zu melden. Als besonderes Kennzeichen wird angegeben, dass der Wilderer im Rahmen des Rades eine auffallend große, rotbraune Tasche hatte, in welcher er die Teile des zerlegbaren Gewehrs verbarg. Blumberg, den 26. September 1904. Der Amts-Vorsteher. |
Statt besonderer Meldung.
Hierdurch die tieftraurige Nachricht, daß mein lieber Gatte, unser teurer Vater, am Sonntag, den 25. September, vormittags 11 Uhr im Kampfe mit einem Wilddiebe tödlich getroffen, seiner Verwundung nach wenigen Stunden erlegen ist. Blumberg, den 25. September 1904. Die tiefbetrübten Hinterbliebenen: Frau Förster Elwine Strempel und Kinder. Der Tag der Beerdigung in Blumberg bei Berlin wird noch mitgeteilt werden. |
Der Revierförster Strempel, welcher über 20 Jahre in meinem Dienst gestanden hat, ist am Sonntag, den 25. cr., bei einer Begegnung mit einem Wilderer von diesem erschossen worden.
Während seiner langjährigen Tätigkeit hat er sich stets als ein gewissenhafter und eifriger Beamter erwiesen und hat auch bei dem Zusammentreffen mit dem Wilderer pflichtgetreu in der Ausübung seines Berufes sein Leben eingesetzt. Ich, sowie alle, die ihn kannten und schätzen gelernt haben, werden ihm ein treues Andenken bewahren. Muskau O./L., den 26. September 1904. Hermann Graf Arnim-Muskau. |
Blumberg. Der Mörder des Försters Strempel von hier wurde am Donnerstag in Berlin in der Person des am 5. April 1872 geborenen Hausdieners Joseph Umblat aus der Marienburgerstraße 6 von der Kriminalpolizei festgenommen. Umblat war als Radfahrer in einer Zigarrenhandlung in der Keibelstraße angestellt. Auf ihn paßt die Beschreibung, die von dem Wilderer gegeben war. Als nun außerdem feststand, daß er am Sonntag morgen mit dem Rad ausgefahren und erst spät zurückgekehrt war, wurde die Kriminalpolizei auf ihn aufmerksam gemacht. Der Verdacht fand weitere Nahrung durch die Ermittelung des mit der Untersuchung des Frevels beauftragten Kommissars, daß Umblat wegen Wilderns schon zweimal bestraft ist. Der Festgenommen leugnete jedoch sehr entschieden. Er bestritt nicht, daß er eine Ausfahrt gemacht habe; er habe aber nicht gewildert, sondern sich lediglich im Gelände umsehen wollen, um später Raubzeug zu jagen. Das sei nämlich seine Leidenschaft. Er habe oft den unwiderstehlichen Drang in sich, mit der Flinte über Land zu fahren, um Krähen und anderes Raubzeug, auch Kaninchen, zu schießen. Diese Leidenschaft habe ihm auch die Strafen eingebracht, aber zu Unrecht, weil er in beiden Fällen nichts als Raubzeug erlegt habe. Nachzuweisen war Umblat die Tat einstweilen nicht, wenn auch seine Weigerung, über seine Fahrt nähere Auskunft zu geben, ihn ebenfalls noch belastete. Sein Rad, das im Geschäftslokal in der Keibelstraße stand, zeigte deutliche Spuren von der Ueberlandfahrt, dagegen fehlte die Tasche, die man an dem Rade des Wilderers gesehen und die zur Aufnahme der zerlegbaren Flinte gedient hatte. Neues Belastungsmaterial ergab eine Haussuchung, die einen Radfahreranzug mit Mütze, wie ihn die Zeugen beschrieben, zutage förderte und namentlich die Fußmessung. Die Kriminalpolizei hatte am Tatort Abdrücke der Fußspuren gemacht. In diese paßten genau die Stiefel, die der Verdächtige bei seiner Verhaftung trug, und zwar sehr genau auch die Sohle mit einem Riester vom Stiefel des rechten Fußes. Unter diesen Umständen behielt man Umblat trotz seines Leugnens in Gewahrsam. Mit dem Automobil des Grafen Arnim fuhren dann die beiden 12- bzw. 13jährigen Söhne des Erschossenen, welche ihren Vater auf seinem Gange am Sonntag begleitet hatten, nach Berlin und erklärten Umblat mit aller Bestimmtheit ins Gesicht, daß er der Täter sei. Sie bekundeten weiter, daß sie während des Ringkampfes auf den Wilderer eingeschlagen hätten, und es ergab sich, daß Umblat verschiedene blaue Flecke von Schlägen am Körper hatte. Im Laufe des Verhörs gestand der Verhaftete endlich dem Kommissar, daß er allerdings der gesuchte Mann sei. Er habe allerdings den Förster nicht erschossen, dieser sei vielmehr das Opfer eines unglücklichen Zufalls geworden. Während des Ringkampfes habe ein Schlag von einem der Söhne des Försters dessen Gewehr, um das sie gerungen hätten, so getroffen, daß es sich entladen habe. Bei dieser Behauptung bleibt Umblat. Die Radtasche und das Gewehr des Försters will er im Walde bei Blumberg versteckt haben. Der Kommissar, unterstützt von einigen Beamten, fuhr mit ihm nach Blumberg, und stellte zunächst an Ort und Stelle weitere Ermittelungen an und suchte nach dem Gewehr. Nach dem Ergebnis der Obduktion wurde der Tod des Försters durch Verblutung infolge der Schußverletzung herbeigeführt. Das linke Bein war dem Schwerverwundeten im Krankenhause abgenommen worden. Die Leiche des Erschossenen wurde nach der gerichtsärztlichen Öffnungzur Beerdigung nach Blumberg gebracht. Dieselbe fand am Freitag nachmittag unter Anteilnahme fast der gesamten Bevölkerung von Blumberg und Umgegend statt.
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Für die mir beim Begräbnis meines lieben unvergesslichen Mannes in so reichem Maße erwiesene Teilnahme spreche ich hierdurch meinen tiefempfundenen Dank aus.
Blumberg, den 3. Oktober 1904. Ww. Elwine Strempel. |
Anfang 2012 mussten wir leider berichten, dass der Gedenkstein für Förster Strempel nicht mehr zu sehen ist (siehe „Aktuelles“ vom April 2012, gekürzt): |
Seit ein paar Wochen ging nun schon an dieser Stelle der Blick vom Auto aus ins Leere, statt an dem Stein haften zu bleiben. Ein Spaziergang durch das Wäldchen hat nun den traurigen Grund dafür offen gelegt: |
Und irgendeines dieser Borstentiere hat wohl gemeint, unter dem Stein läge was ganz besonders Leckeres und hat alles tief aufgewühlt. Ob der Stein dann von allein ins Rutschen gekommen ist, oder irgendein Spaßvogel nachgeholfen hat, ist nicht zu ergründen. Fakt ist, dass nun Oberförster Strempel mit der Nase im märkischen Sand liegt - oder besser der Stein mit seiner Gedenktafel. Die ist dabei vielleicht nicht mal kaputt gegangen - aber so kann sie keiner sehen. |
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Sicher kein riesiger Kran, aber schon ein bisschen Technik wird erforderlich sein, um den Stein wieder auf den Sockel zu bugsieren und das Gelände ringsum zu befestigen. Ob sich dafür vielleicht ein Sponsor findet? Das wäre riesig, denn sonderlich üppig sind wir hier mit Denkmälern nicht ausgestattet. Da ist es jeder einzelne wert, erhalten zu werden, auch wenn es „nur“ einem Förster gewidmet ist, der durch Stolpern ums Leben gekommen ist. Wer eine Idee hat, wie das Denkmal zur retten wäre, möge sich bitte melden! |
Erfreulicherweise hat sich ein unbekannter Retter in der Not gefunden, so dass wir im Herbst 2028 berichten konnten (siehe „Aktuelles“ vom September 2018): |
Der Das Denkmal, das man ihm einst trotz dieser Abstriche an der Heldentat im Rehhahn-Wald kurz vor Blumberg gesetzt hat, war vor ein paar Jahren schon mal verschwunden - zum Glück nicht geklaut, sondern von Wildschweinen unterhöhlt und umgekippt. |
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Ein unbekannter Freund des gewesenen Försters hat sich bald darauf erbarmt und den Stein mit der glücklicherweise kaum beschädigten Tafel an alter Stelle wieder aufgerichtet. | ![]() |
Nachtrag vom Februar 2025: Seit einem Sturm im Vorjahr ist der Stein wieder nicht mehr zu sehen. Nachforschungen stehen noch aus. |