Wie wir zwischenzeitlich durch Recherchen in alten Jahrgängen des Niederbarnimer Kreisblattes erfahren haben, trug unser Turnverein den stolzen Namen "Hindenburg" und folgerichtig hing im Vereinslokal bei "Bolle" Meißner auch ein Hindenburg-Bild.

Die Mehrower Turnbrüder haben das Bild ihres Namenspatrons ganz sicher in Ehren gehalten, aber manche "Gäste" hatten offenbar nicht die gleiche Ehrfurcht vor dem damaligen Reichspräsidenten, wie folgende Zeitungsnotizen belegen:

Am 15. Mai 1930 berichtet das Niederbarnimer Kreisblatt:


Mehrow. Eine unglaubliche Ausschreitung ließ sich, wie uns nachträglich gemeldet wird, die Abteilung Sturm 5 Horst Wessel der NSDAP. aus Berlin am vorletzten Sonntag zu Schulden kommen.
Nach einem Werbemarsch von Ahrensfelde nach Mehrow sollen die Leute aus dem Saale des Gastwirts Herrmann Meißner das Bild unseres Reichspräsidenten, des Generalfeldmarschalls von Hindenburg entfernt haben und nagelten es im Garten an einen Baum. Darauf wurden die Augen auf diesen Bilde ausgestochen und unter den Rufen: Nieder mit dem Verräter! sollte es verbrannt werden. Als das Bild nicht gleich Feuer fing, wurden noch unflätige Bemerkungen gemacht. Dieser Fall ist auch dadurch nicht aus der Welt zu schaffen, daß ein Mitglied der NSDAP. aus Mehrow dem Gastwirt Meißner ein neues Bild unseres Reichspräsidenten überbrachte.

... und wenige Tage später (am 20. Mai 1930) war dort der Versuch einer Klarstellung seitens der NSDAP zu lesen:


Mehrow. Über die Zerstörung des Hindenburgbildes, worüber wir kürzlich berichteten, veröffentlicht die NSDAP. jetzt ihre Darstellung, in der es heißt:
Die Ermittlungen haben ergeben, daß die Vorfälle sich erst abspielten, als die Berliner SA.-Abteilung bereits geschlossen abmarschiert war. Neugierige, die sich angesammelt hatten, vielleicht auch Provokateure, sollen dann das Bild, das übrigens kein gerahmtes Porträt, sondern nur ein Plakat war, von der Wand abgenommen und durch ein Fenster an einen Baumzweig gehängt haben, von dem es nachher herunterfiel.
Die NSDAP. hat mit dem Vorfall nichts zu tun und verurteilte ihn, da die Partei ihren Kampf gegen ein System und nicht gegen Bilder führt. Da sich der Vorfall jedoch in Anschluß an eine Parteiveranstaltung ereignete, hat der veranstaltende Ortsgruppenführer sich veranlaßt gesehen, dem Wirt das Bild zu ersetzen, obwohl Nationalsozialisten als Täter nicht in Frage kommen.

Einige Monate später kam es dann zwar zu einer Gerichtsverhandlung, in der auch handfeste Anklagen gegen zwei Beschuldigte vorgetragen wurden (siehe Niederbarnimer Kreisblatt vom 7. Februar 1931), aber von den erwachsenen (pateiangehörigen) Zeugen konnte oder wollte sich keiner so recht an die Begebenheit erinnern, so daß als Belastungszeugen "nur" drei Kinder übrig blieben, weshalb die 8-Stunden-Verhandlung mit einem Freispruch wegen Mangels an Beweisen endete:


Mehrow. Das Schöffengericht Berlin-Lichtenberg verhandelte am Donnerstag gegen die beiden Nationalsozialisten Günz und Schnack. Beider werden von der Staatsanwaltschaft beschuldigt, sich des Vergehens nach § 5, Absatz 2 des Republikschutzgesetzes schuldig gemacht zu haben. indem sie am 4. Mai 1930 in Mehrow ein Hindenburg-Bild auf einen Ast aufgespießt und dann die Bildstellen, die die Augen darstellten, durchstießen und das Bild nach Zerknüllung anbrannten. Die der Partei angehörenden Zeugen erklärten, sich auf den Vorgang nicht mehr besinnen zu können. Drei Kinder schilderten dagegen eingehend den Vorfall. Der Staatsanwaltsrat betonte in seinen Ausführungen, daß wohl selten der Reichspräsident und mit ihm der ganze Staat so beschimpft worden sei, wie durch diese abscheuliche Handlung. Das Gericht sprach die Angeklagten frei und legte die Kosten der Staatskasse auf, da, wie es in der Urteilsbegründung heißt, obwohl hier eine schmähliche Beschimpfung des Reichspräsidenten vorläge, es in inder Beweisaufnahme nicht gelungen sei, die Angeklagten der Täterschaft oder Mittäterschaft zu überführen. Die Verhandlung dauerte über acht Stunden.



Für alle, die in der entsprechenden Schulstunde gerade gefehlt haben, oder die durch Margot's Schulbildung gegangen sind und sich in der Zeit gerade mit irgendwelchen Parteiprogrammen befaßt haben, sei hier nochmal kurz die Lektion "Hindenburg" wiederholt:

Paul von Hindenburg

Paul von Hindenburg (geboren 2. Oktober 1847 in Posen [Poznan] gestorben 2. August 1934 in Neudeck/Ostpreussen), Generalfeldmarschall und zweiter Reichspräsident während der Weimarer Republik

Als Sohn eines preußischen Offiziers wählte er ebenso eine militärische Laufbahn. Am Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 nahm er als Offizier teil. 1903 wurde er kommandierender General und zog sich 1911 im Alter von 64 Jahren aus der Armee zurück.


Bereits 3 Jahre später, beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges, kehrte er zurück und wurde zum Oberbefehlshaber der 8. Armee an der Ostfront ernannt. Der Sieg über die russische Armee bei Tannenberg brachte ihm Ruhm und Ehre. Seitdem war er von dem Mythos "Sieger von Tannenberg" umgeben. Im August 1916 übernahm er mit Ludendorff die Oberste Heeresleitung, die schnell an Einfluss gewann.

1918 versuchte er die Monarchie zu retten, indem er Kaiser Wilhelm II. riet, das Land zu verlassen. Durch die Zusammenarbeit mit der neuen Regierung versuchte er die Unruhen innerhalb der Bevölkerung zu bekämpfen. Mit Abschluss des Versailler Vertrages im Juli 1919 trat Hindenburg zurück. Vor dem Untersuchungsausschuss der Nationalversammlung vertrat er die "Dolchstoßlegende", wonach das Heer im Felde unbesiegt geblieben sei.

Die Rechtsparteien drängten den parteilosen Hindenburg, bei der Reichspräsidentenwahl zu kandidieren. Im April 1925 wurde Hindenburg als Nachfolger Eberts zum Reichspräsidenten gewählt. Trotz seiner monarchistischen Überzeugung und der daraus folgenden skeptischen Haltung gegenüber der Weimarer Republik, versuchte er sein Amt verfassungsgerecht auszuüben.

1930 berief Hindenburg Heinrich Brüning zum Reichskanzler, ohne das Parlament zu konsultieren. Damit begann die Zeit der Präsidialkabinette, in denen der jeweilige Kanzler ganz dem Präsidenten, nicht dem Parlament, verpflichtet war.

1932 wurde Hindenburg für weitere sieben Jahre in seinem Amt bestätigt.

Am 30. Januar 1933 berief Präsident Hindenburg Adolf Hitler zum Kanzler. Immer mehr geriet er, trotz seiner Abneigung gegen diese, in den Einflussbereich der Nationalsozialisten. Er stimmte sogar der Verordnung "Zum Schutz von Volk und Staat" zu. Dieses sogenannte "Ermächtigungsgesetz" setzte die Grundrechte der Bürger ebenso wie die Weimarer Verfassung faktisch außer Kraft und ermöglichte Hitler die totale Kontrolle. Nach Hindenburgs Tod war für Hitler endgültig das letzte Hindernis für die nationalsozialistische Diktatur aus dem Weg geräumt.

Neben seinen militärischen Erfolgen während des Ersten Weltkrieges machte sich Paul von Hindenburg einen Namen als monarchistisches Oberhaupt der Weimarer Republik.

Quelle: "Wikipedia, die freie Enzyklopädie" (www.wikipedia.de)