Der eifrigste und kompetenteste Barnimer Geschichtsschreiber in der Mitte des
19. Jahrhunderts war wohl der damalige Berliner Stadtarchivar E. Fidicin, der einerseit das Landbuch Kaiser Karls IV. von 1375 aufbereitet und veröffentlicht hat und andererseits neben vielen anderen historischen Publikationen im Jahre 1857 eine
"Geschichte des Kreises Nieder-Barnim" verfaßt hat, in der sich erfreulicherweise auch ein Beitrag über Mehrow findet:


     Mehrow, Dorf und Rittergut mit einer Filialkirche von Ahrensfelde, 1 7/8 Meilen nordöstlich von Berlin und 1 Meile westlich von A.-Landsberg. Besitzer: Der Gutsbesitzer Martin Heyse.

     Dieses Dorf besaß im Anfange des 14. Jahrhunderts ein Alverich v. Schneitlingen als Ritterlehn. Nach seinem Tode belehnte der Markgraf Ludwig im Jahre 1327, einen Bürger Steinicke, genannt v. Zehlendorf, mit Hebungen. Andere Hebungen an Pacht und Zins von 4 Hufen erwarb ein Berliner Bürger Tyle Bruck im Jahre 1344, zur Schenkung für einen Altar zu Berlin. Wer damals Gutsherr geworden, ist nirgend erwähnt.

Erst das Landbuch gibt hierüber, wie über die Verhältnisse des Dorfes Auskunft. Es sagt: "Mere" hat 52 Hufen, wovon 4 dem Pfarrer und eine der Kirche gehören. Der Schulze, welcher nach spätern Nachrichten 4 Lehnhufen besaß, giebt 1 Talent (für das Lehnpferd). Die übrigen Hufen geben Pacht, Zins und Bede. Es waren 5 Kossäthen vorhanden, wovon 2 der Kirche und 3 dem (Gutsherrn) Johannis v. Wyningen zinsen müssen. Der Krug giebt 6 Schillinge und 1 Huhn. --- Von diesen Abgaben erhob: einer Namens Palmdach den Zins von 14 Hufen, ein Altar in Bernau 3 Talente vom Zinse und v. Wyningen die Bede. Derselbe hatte auch das höhere Gericht und den Wagendienst. ---

Nach einer Urkunde aus dem Jahre 1438 waren nun zwar die Gevetter Rathenow im Besitz von Hebungen, dem Gerichte, Kirchlehn, Diensten und Rauchhühnern, und hatten somit die gutsherrlichen Rechte, allein dies muß nur vorübergehend gewesen sein; denn im Schoßkataster vom Jahre 1450 befand sich der Kurfürst im Besitze des Dorfes, von welchem er im Jahre 1467 einen Heintze Hobeck, der zu Schöneiche angesessen war, mit der Hälfte belehnte. Sie wird in der Lehnsconfirmation vom Jahre 1471 dahin bezeichnet, daß sie in der Hälfte vom Kirchlehn, dem Gericht, Straßenrecht, der Fischerei auf den Seen, des Zehnten, Zinses, der Renten und einer Breite Landes zwischen der Cöpenicker Haide und Mahlsdorfer Grenze, wovon Peter Pletz die andere Hälfte besaß, bestehe. --- Wer die andere Hälfte des Dorfes damals im Besitz hatte ist nicht anzugeben.

Beide Antheile gelangten hierauf aber an die Familie von Britzke zu Britz in Teltow, welche solches bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts behaupteten, in deren Lehnbriefe jedoch stets vermerkt ist, daß die Dienste nicht ihnen, sondern dem Kurfürsten gehörten.

     Bis zum Jahre 1617 findet sich gar keine Spur von einem Rittergute oder ritterfreien Hufen vor, erst das Schoßkataster vom Jahre 1624 erwähnt, daß Alexander v. Britzke einen Bauernhof mit 4 Hufen ausgekauft und freigewilligt erhalten habe. Außer diesem Bauernhofe gehörte dem v. Britzke aber auch der Lehnschulzenhof, welcher schon im Jahre 1454 Georg Borßellitz oder Borsewitz ausgekauft und einem Bürger Heinrich Krewitz zu Berlin, dieser aber an die v. Britzke veräußert hatte.

     Nachdem jener Auskauf geschehen war, verblieben noch 43 Pachthufen im Besitze von 8 Hüfnern, neben welchen im Jahre 1624 3 Kossäthen bestanden.

     Mit diesem Rittergute, wie es nunmehr genannt wurde und dessen Areal in neuerer Zeit durch den fernern Auskauf von Bauerngütern noch vergrößert ward, wurde im Jahre 1715 der Kammerdiener Thomas Streit belehnt, nach dessen Tode es auf dessen Stiefsohn den Hofrath Philipp Franz Laging und im Jahre 1726 auf dessen Wittwe, 1750 auf den Amtsrath Jeckel, 1764 auf den Kriegskommissarius Lehr (für 26000 Thlr), 1773 auf die Kriegsrath Olandschen Eheleute, 1782 auf die Oberhofmeisterin Oranie Louise von Keith, geb. Freiin von Keyphausen, sodann auf den Kammerherrn Freiherr von Keith, hiernächst 1816 auf den Gutsbesitzer Luther kam.

Quelle: "Geschichte des Kreises Nieder-Barnim
und der in demselben belegenen Städte, Rittergüter etc."
bearbeitet von E. Fidicin (Stadtarchivar)
Verlag von J. Guttentag, Berlin, 1857, S. 86 f

Die gleiche Publikation enthält auch einen Rückblick auf die Verhältnisse und Ereignisse im Niederbarnim seit Erstellung des Landbuchs (1375) und tabellarische Zusammenfassungen der Besitzverhältnisse. Die Mehrow betreffenden Angaben daraus finden Sie hier.