Da die Ahrensfelder Kirchenbücher noch nicht ausgewertet sind, wussten wir bisher über Johann Joachim Chrysander, der Anfang des 19. Jahrhunderts Prediger in Ahrensfelde und Mehrow war, kaum mehr als im "Pfarrerbuch der Mark Brandenburg" von 1941 zu finden ist:

Johann Joachim Chrysander war zunächst Pfarrer in Krüden in der Altmark und dann von 1813 bis zu seinem Tode am 4.5.1825 Pfarrer in Ahrensfelde.
Evangelisches Pfarrerbuch der Mark Brandenburg ..., Brandenburg. Provinzialsynodalverband, Berlin, 1841

In den Amtsblättern der Königlichen Regierung ist unter "Personalchronik" im Jahre 1812 die Bekanntmachung seiner Anstellung und im Jahre 1825 eine Mitteilung über seinen Tod zu finden:

Personalchronik.
Der Prediger Chrysander in Crüden ist zum Prediger in Ahrensfelde ... bestellt.
Amtsblatt der Königlichen Kurmärkischen Regierung. / No. 34. / Potsdam, den 21sten August 1812, Seite 378
Personalchronik.
Todesfälle, A) Prediger ...
Der Prediger Johann Joachim Chrysander zu Ahrensfelde, Superintendentur Berlin....
Amtsblatt der Königl. Regierung zu Potsdam ... / Stück 33. / Den 19. August 1825, Seite 191

In der Zwischenzeit findet er nur zwei Mal kurz Erwähnung im Zusammenhang mit den 1814 und 1815 eingesammelten Spenden für Kriegsopfer:

Fortsetzung der Bekanntmachung vom 10. Dezemb. 1813. von den für die kranken und verwundeten vaterländischen Krieger vom 1sten bis 15ten d. M. an die Kurmärk. Provinzial-Lazareth-Kasse abgegebenen freiwilligen Beiträge.
45)... durch den Herrn Superintendenten Lettow hierselbst an Beiträgen aus der Berliner Land-Superintendentur nach der Schlacht bei Dennewitz ... aus Ahrensfelde von dem Herrn Prediger Chrysander 1 Fried.d'or, von der Gemeine 3 Thl. 14 gr Cr., ...
Amtsblatt der Königlichen Kurmärkischen Regierung. / No. 5. / Potsdam, den 4ten Februar 1814., Extra-Blatt
Beschluß der in dem Extra-Blatt zum 3ten Amtsblatt dieses Jahres abgedruckten Nachweisung der eingegangenen Kollektengelder und andern freiwilligen Beiträge für invalide Krieger oder Hinterbliebene der Vaterlandsvertheidiger.
... 251) vom Superintendenten Hrn. Lettow sind eingegangen: ... durch den Hrn. Pred. Chrysander aus der Parochie Ahrensfelde 3 rtl., ...
Amtsblatt der Königlichen Kurmärkischen Regierung. / No. 4. / Potsdam, den 27sten Januar 1815, Extra-Blatt

Im Brandenburgischen Landeshauptarchiv (BLHA) in Potsdam findet sich unter
HA X Pr.Br.Rep. 2A II NB 1378 in den "Akten der Schule in Mehrow (1772-1882)" ein von ihm am 7. Oktober 1814 verfaßtes Schreiben an die königliche Regierung betreffs Neubesetzung der Mehrower Schulhalterstelle 1814. Darin bittet der Prediger Chrysander um die Neubesetzung der Mehrower Schulhalterstelle, da insbesondere im Winter der Weg nach Ahrensfelde für die Mehrower Schüler unzumutbar ist:

Euer Hochlöbl. Geistliche und Schul-Deputation der Königl. Kurmärkischen Regierung hat durch eine an den Herrn Superintendenten Lettow unter dem 25. November v.J. erlassene und durch denselben mir mitgeteilte Verfügung genehmigt, daß die Gemeine zu Mehrow wegen der nicht wieder besetzten Schulhalterstelle daselbst ihre Kinder in die Schule zu Ahrensfelde schicken könne.
Mit dieser Verfügung habe ich sowohl den Patron der Kirche und Schule zu Mehrow, Herrn Präsidenten v. Golbeck, als auch die Gemeine bekannt gemacht, und beide waren damals mit der getroffenen Einrichtung zufrieden.
Gleichwohl hat die Gemeine im vorigen Winter, wie ich schon im Schulberichte angezeigt habe, ihre Kinder weder nach Ahrensfelde, noch anderswohin in die Schule geschickt, und entschuldigt sich damit, daß der Weg wegen des tiefen Schnees nicht zu passieren gewesen sey, welches für den größten Theil des Winters allerdings gegründet war.
Da nun der Weg von Mehrow nach Ahrensfelde und überhaupt nach den nächsten Dörfern im Winter, besonders für kleine Kinder öfters ungangbar ist, so trägt mir die Gemeine auf, die Hochlöbliche Geistliche und Schul-Deputation ganz gehorsamst zu bitten:
daß zu Mehrow wieder ein eigener Schulhalter, wenigstens provisorisch angesetzt wird. ...
Ahrensfelde am 7. Oktober 1814
Chrysander, Prediger
vid. Lettow, 14. Oct. 1814
Brandenburg. Landeshauptarchiv, HA X Pr.Br.Rep. 2A II NB 1378 "Akten der Schule in Mehrow (1772-1882)"

Letzteres lässt schon die Vermutung aufkommen, dass der Prediger Chrysander bestrebt war, zum Vorteil seiner Gemeinde zu wirken.

In einem 1827 von Friedrich August Schmidt und Bernhardt Friedrich Voigt herausgegebenen "Nekrolog der Deutschen" findet sich als Beweis dafür folgender Nachruf auf den zwei Jahre zuvor verstorbenen Prediger Johann Joachim Chrysander.

Darin wird er uns als ein sehr engagierter Geistlicher vorgestellt, der auf eine sich anbahnende steile Karriere verzichtete und sich bewußt auf eine nur gering dotierte und mit wenig Lorbeer versehene Pfarrstelle in der Provinz hat ansetzen lassen:
Haus in Mehrow, 1900

161. Johann Joachim Chrysander,
Prediger zu Ahrensfelde bei Berlin.
(geboren den 17. März 1765, gestorben den 4. Mai 1825. *)
Er war zu Salzwedel in der Altmark von unbemittelten Eltern geboren, zeigte aber von frühester Jugend an mehr als gewöhnliche Talente und weit mehr als gewöhnlichen Fleiß. Schon als Knabe von 11 Jahren gab er den Kindern wohlhabender Bürger Privatstunden und die Eltern dieser Kinder, wie die Honoratioren des Orts, ließen ihm hinreichende Unterstützung widerfahren, so daß er das Gymnasium besuchen und sich ganz den Wissenschaften widmen konnte, was durch seiner Eltern eigne Mittel ihm sonst nicht möglich gewesen seyn würde. Nachdem er hierauf in Halle Theologie studirt hatte, bewies er als Privatlehrer so seltene Talente in der schweren Kunst der Unterweisung und dabei eine so vorherrschende Neigung zu der Jugend, die seinem Unterricht anvertraut ward, daß er im Jahre 1794 bei dem Cadettenhause zu Berlin als Gouverneur angestellt ward. Als er, zum Behuf weiterer Beförderung, sich zum großen Examen meldete, ertheilte ihm der Probst Teller, der bei diesem Examen den Vorsitz führte, seiner bewiesenen vorzüglichen Sprach- und wissenschaftlichen Kenntnisse wegen, große Lobsprüche und ermunterte ihn, sich um ihrentwillen zu einer denselben angemessenen Stelle zu melden. Er versicherte dagegen, daß, da er als Landprediger sehr viel Gutes stiften zu können überzeugt sey, er auch keine andere als eine solche Predigerstelle wünsche und begehre. Auf diese Erklärung, von welcher er sich durch glänzendere Anerbietungen nicht abwendig machen ließ, ward er im Jahre 1802 zu Crüden in der Altmark angestellt und erwarb sich die Liebe seiner Gemeinde und seines Patrons, des Deichhauptmanns v. Jagow, in ganz vorzüglichem Maaße. Ein besonderes Verdienst erwarb er sich auch dadurch, daß er die damals erst beginnende Kuhpockenimpfung durch Lehre und durch die That höchst wirksam beförderte, denn er hat im Laufe seines Amtslebens mehr denn Ein Tausend Kinder mit eigner Hand geimpft und ward dafür von dem Ober-Collegio medico durch Ertheilung der großen silbernen Impfungsmedaille ausgezeichnet. Sein außerordentlicher Patriotismus und eifriger Sinn für alles Rechte und Gute ließen es nicht zu, daß er sich mit der eingedrungenen westphälischen Regierung befreunden konnte, vielmehr fühlte er sich unter derselben so unglücklich, daß er seinen frühern rechtmäßigen Landesherrn bat, ihn in die diesseitigen Staaten aufzunehmen. Dieser Wunsch ward ihm im Jahre 1812 gewährt, wo er als Prediger zu Ahrensfelde, Mehro [!] und Hönow angestellt ward, als Seelsorger, als Prediger und als Lehrer ohne Geräusch des Guten viel, sehr viel gestiftet, und von Allen, die mit ihm in Berührung kamen, geschätzt und verehrt in treuer Erfüllung aller seiner Amtspflichten im 61. Jahre seines musterhaften Lebens, zum Gram seiner Gattin und dreier unerzogener Kinder vom Nervenfieber hinweggerafft ward. Seinem stillen Verdienst gebührt ein dankbares Andenken.
*) Aus der Berliner Haude- und Spenerschen Zeitg. 1825.
F.A. Schmidt, B.F. Voigt: "Nekrolog der Deutschen", Ilmenau, 1827 (Quelle: http://books.google.de/)

Solches Engagement ist auch zweihundert Jahre später eine Würdigung wert, weshalb wir dem Prediger Chrysander hiermit ein Denkmal setzen wollen.